Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Johann Valentin Furtmüller an
Bullinger
[Ohne Ort] ,
26. Januar [1532?]3

Autograph: Zürich StA, E II 441,739. Siegelspur. —Ungedruckt

Dankt für ein Buch, das ihm Bullinger als Geschenk zugesandt hat.

Gratiam et pacem.

Non possum mihi non gratulari, colendissime Heinryce, quod me pauperrimum homuntionem et abiectissimum tanto favore prosequeris, ut me non verbis 4 solum, sed factis etiam consolaris, et id potissimum his diebus pro mea necessitate. Mihi enim persuadeo te ad hoc mihi misisse librum tuum 5 donum gratissimum, quo declarares tuam erga me benevolentiam, ut non diffidem, quin habeam amicos, quos mei non pudeat, etiamsi per pristinam in me excitatam tragediam oprobrium 6 et abiectio sim plebis etc., et ut hunc tuum librum, quid facto sit opus, consulem, quoties congrediuntur meae afflictiones, quibus subinde exercet me dominus deus etc.

Habeo igitur tuae humanitati gratias quas possum maximas. Utinam liceat, refferre etiam pro tua dignitate, quas debeo, et videas me huius doni tui minime fastidiendi habere rationem et te operam non lusisse etc. Cetera, que scribere volui, libet viva voce 7 , ubi dabitur, tibi dicere.

1 Hans Valentin Furtmüller (auch Fortmüller), ca. 1497-1566, stammte aus Waldshut und studierte in Tübingen. Er wirkte als Pfarrer in Dießenhofen (Kt. Thurgau), dann 1524/25 in Rafz (Kt. Zürich), seit 1525 als Diakon am Fraumünster in Zürich, wo er auch als Tischmacher arbeitete. 1528 wurde Furtmüller nach Altstätten im Rheintal geschickt, geriet aber bald mit dem dortigen Ammann Hans Vogler in offenen Konflikt. Wegen der Weigerung, an der Dezember-Synode 1530 den Eid zu leisten, und wegen seiner Ansichten über die Kirchenzucht stand er im Verdacht täuferischer Neigungen. Aus Altstätten wurde er schließlich auf Betreiben Voglers entfernt und durch Karlstadt ersetzt. Nach der Schlacht bei Kappel wurde er als Pfarrer nach Rorschach (Kt. St. Gallen) berufen, von wo er aber 1534 unter dem Druck der Rekatholisierungsmaßnahmen von Abt Diethelm Blarer wieder weichen mußte. Nach einer Zeit wechselnder Tätigkeiten wurde Furtmüller 1541 Seelsorger der Pestkranken in St. Gallen und 1542 Pfarrer an St. Laurenzen. Aus nicht bekannten Gründen verließ er 1544 St. Gallen und ging nach Konstanz, kehrte aber auf Vermittlung Vadians hin wieder zurück. Furtmüller lernte Bullinger vermutlich während seiner Tätigkeit als Diakon in Zürich
persönlich kennen. Ein weiterer Brief Furtmüllers an Bullinger ist erhalten (29. August 1545). — Lit.: Ausführliche autobiographische Angaben über die Zeit in Altstätten und den Konflikt mit Ammann Vogler und Karlstadt enthält der Brief Furtmüllers an Michel... (Zürich StA, E II 441, 527-542 und E II 351,207r.-209v.; Teildruck in: Barge II 591-593), den Joachim Vadian am 26. April 1548 an Bullinger sandte (Vadian BW VI 716f); Z XI 348f.522f; Vadian BW, Reg.; QGTS II, Reg.; Bätscher, Kirchen- und Schulgeschichte I 136-146; HBLS III 204; Pfarrerbuch 289; Stückelberger 110.
2 Furtmüllers Aufenthaltsort ist für diese Zeit nicht mit Sicherheit festzustellen. Vgl. Bätscher, Kirchen- und Schulgeschichte I 138.
3 Dem Inhalt nach kann der Brief 1532 geschrieben worden sein.
4 Bullinger hat möglicherweise Furtmüller geschrieben. Ein entsprechender Brief ist allerdings nicht erhalten.
5 Es ist nicht klar, um welches Werk Bullingers es sich handelt. Am ehesten käme «Von dem unverschämten Frevel der Wiedertäufer», 1531 (HBBibI I 28) in Frage.
6 Vgl. Ps 31,12.
7 Vgl. Adagia, 1,2,17 (LB II 76f); Otto 378, Nr. 1936.


Briefe_Vol_02_0041arpa

Vale, colendissime domine, comendatum me habendo. 26. ianuarii.

Tuus Ioannes Valentinus Furtmüller.

[Adresse auf der Rückseite:] Pio et docto viro Heinrycho Bullingero, Tigurinae urbis episcopo vigilantissimo.