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Bartholomäus Westheimer an
Bullinger
Basel,
21. Februar [1532]2

Autograph: Zürich StA, E II 377,2689. Siegelspur. —Ungedruckt

Bestätigt den Empfang eines kurzen Briefes. Bedauert die Vertreibung Bullingers und dessen Vaters aus Bremgarten, wo er einmal zu Gast war. Klagt über die Lage in Basel. Verspricht baldige Rückerstattung seiner Schulden. Will gegen Balthasar Hiltprand prozessieren. Grüße.

Bartholomaeus Westhemerus suo Henrico Bullingero S. P. impartit. Gratia et pax a domino.

Literas tuas laconicas ad me scriptas 3 accepi. Exilium tuum parentisque 4 , optimi senis, animum meum maxime cruciavit. Verum animus meus, cum hospitarer apud te 5 , nihil aliud de Bremgarto praesagiebat nisi tales proditiones futuras. Cui aut quibus autem ascribendae, non est huius loci aut temporis. Noster senatus indies frigescit. Lectiones quasdam abrogarunt 6 . Videres deploratum statum omnium rerum. Quid dicam? Cupio ex animo dissolvi et esse cum caelestibus 7 . De pecuniis, quas debeo, brevi, ut spero, redditurum teque liberaturum bona fide polliceor. Videres Westhemerum ex animo tibi, tuis faventem quovis Homerico Iro 8 pauperiorem. Consanguinei namque uxoris meae 9 fidem mihi non servant. Balthazum[!] Hiltprandum

1 Bartholomäus Westheimer, 1499-1567, aus Pforzheim, besuchte die Lateinschule in Schlettstadt (Elsaß) und absolvierte Studien an einer nicht bekannten Universität. In den frühen Zwanzigerjahren trat Westheimer in Kontakt mit Johannes Brenz, zu dessen Schrift «Von Milterung der Fürsten gegen den aufrurischen Bauren» (1525) er eine Widmungsvorrede verfaßte (s. Johannes Brenz, Frühschriften I, hg. v. Martin Brecht, Gerhard Schäfer und Frida Wolf, Tübingen 1970, S. 182-184). 1527 arbeitete Westheimer als Korrektor bei Thomas Wolff in Basel, wo er 1530 auch seine «Collectanea communium temporum sacrosanctae scripturae» veröffentlichte. 1531 erwarb er das Basler Bürgerrecht. Seit etwa 1533 bis 1547 führte er selbst eine Druckerei. Eng befreundet war Westheimer mit dem Basler Pfarrer Johannes Gast. 1547-1550 amtete er als Pfarrer in Mülhausen (Elsaß). Nach seiner Rückkehr nach Basel widmete er sich Studien an der Universität. Von 1553-1567 war Westheimer Pfarrer in Horburg (Elsaß), ab 1557 wirkte er auch als Hofprediger in Montbéliard. Wann und wo Westheimer mit Bullinger Beziehungen aufnahm, bleibt unklar. Vielleicht lernten sie sich als Studenten kennen, oder über geschäftliche und wissenschaftliche Wege, hat doch Bullinger bei Thomas Wolff drucken lassen (s. HBBW I 179, Anm. 3; HBBibl I 10; unten Anm. 5). Von Westheimer ist noch ein Brief an Bullinger aus dem Jahre 1546 erhalten. — Lit.:
Gast, Tagebuch 85.304f, Anm. 7.332f, Anm. 48; Philippe Mieg, Barthélemy Westheimer, pasteur à Mulhouse et à Horbourg, 1499-1567, in: Annuaire de la société historique et littéraire de Colmar 6, 1956, S. 41-49 (mit Lit.); Bopp 5604; Basel, Matrikel II 70; Otto Erich Straßer, in: RGG VI 1666; Benzing, Buchdrucker 35; Grimm, Buchführer 1397f.
2 Das Jahr 1532 ergibt sich aus dem Inhalt des Briefes.
3 Nicht erhalten.
4 Dekan Heinrich Bullinger. — Über die Flucht der Familie Bullinger aus Bremgarten vgl. Blanke 129-132; Pestalozzi 66f.
5 Wann Westheimer Bullingers Gast in Bremgarten war, konnte nicht festgestellt werden. Vielleicht im Zusammenhang mit der Drucklegung von Bullingers Schrift «De origine erroris», die im März 1528 in Basel bei Thomas Wolff erschien (vgl. HBBibl I 10; HBD 12,5-7).
6 Vgl. Amerbach, Korr. IV 107, 9-14, wo sich Amerbach ähnlich enttäuscht über die schlechte Lage der Basler Schule und die Nachlässigkeit der zuständigen Stellen äußert.
7 Phil 1,23.
8 Der arme Schlucker Iros, vgl. Homer, Odyssee 18, 1ff; ferner Otto 177, Nr. 875 und Eitrem, in: Pauly/Wissowa IX/2 2046, 44-64.
9 Westheimer war seit kurzem mit der aus angesehenem Basler Geschlecht stammenden Juliana Schlierbach (zur Familie s. HBLS VI


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Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung
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10 in ius vocavi 11 . Huic tragoediae (ut sic scribam) per aliquot dies serviendum erit. Finita autem omnino apud me decrevi Tigurum salutare.

Vale.

Basileae raptissime exaratum, 21. die februarii.

Nomine meo ascribas salutem plurimam parentibus tuis 12 fratrique 13 , denique plus millies nomine meo salutes uxorculam tuam 14 animo meo charissimam, corculum plane tuum. Optimus maximus te tuosque et ecclesiae Christi incolumem diu servet. Celeri phrasi ignoscas.

Tuus ex animo.

[Adresse auf der Rückseite:] Eximio viro Henrico Bullingero, concionatori ecclesiae Tigurinae, domino ac fratri meo charissimo.