Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[993]

Bullinger an
Hans Rudolf Lavater
Zürich,
25. April 1537

Autograph: Zürich ZB, Ms A 81, 5 (Siegelabdruck) Ungedruckt

Bittet, die Sache der Briefüberbringer [aus der Gemeinde Thai] und des Rheintaler Pfarrers Pelagius Amstein [an der Tagsatzung] zu unterstützen. Grüße an den Berner Schultheißen [Hans Jakob von Wattenwyl].

Gnad unnd frid vonn gott durch unsernn herren Jesum Christum.

Lieber herr und gevatter 2 , zöüger 3 diß brieffs werdent mir gar wol von d. Vadian von S. Gallen gerümpt mitt ernstlicher pitt, ich wölle inen beholffen sin 4 . Dorumb bitt ich üch, ir wöllind sy üch befolhen haben mitt sampt h[errn] Pelagien Amin Stein 5 , predicanten uß dem Ryntal, der schwarlich

l dixi über der Zeile nachgetragen.
17 Johannes Bullinger war an der Frühjahrssynode 1535 gerügt worden, weil er gegenüber einem Bauern handgreiflich geworden war (Zürich StA, E III, 194).
1 Lavater hielt sich in diesen Tagen als Gesandter Zürichs an der Tagsatzung in Baden auf (vgl. unten Z. 15f und EA IV/1c 832).
2 Die Anrede (vgl. SI I 1128) gilt Lavater als Taufpaten von Bullingers Sohn Hans Rudolf (vgl. Stucki 137).
3 Gemeint sind nicht weiter bekannte Abgeordnete der Kirchgemeinde Thai (Kt. St. Gallen), die sich an der Tagsatzung gegen eine Strafandrohung von Landvogt
Moritz Gartenhauser wehrten (vgl. EA IV/1c 834 q).
4 Ein entsprechendes Schreiben Vadians ist nicht erhalten.
5 Pelagius Amstein (a Saxo, de Lapide, Lithinus, vom Stein), von Bischofszell (Kt. Thurgau), gest. nach 1550, immatrikulierte sich 1509 an der Universität Basel (Basel, Matrikel I 298; vermischt die biographischen Daten irrtümlich mit solchen des gleichnamigen Onkels im Kloster Fischingen) und war von 1517 an Kaplan, später Chorherr im Pelagiusstift seiner Heimatstadt. Im Jahre 1520 wurde er Pfarrer in Goldach (Kt. St. Gallen); doch weil er zunehmend zugunsten der Reformation agitierte, setzte ihn Abt Franz Gaisberg 1525 ab. Als Pfarrer in


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becklagt wirt, aber durch kundtschafften 6 , wie sy dann wider die diener des euangelis angerichtet 7 werdent. Lassend uch die armen, getrengten, beckümberten befolhen sin, so werdent ir glück und heyl haben. Und gott sye mitt üch.

Grützend mir den h[errn]schuldheyssen 8 von Bernn etc.

Datum Zürych, 25. aprilis anno 1537.

Heinrych Bullinger, uwer

gantz williger a .

[Adresse auf der Rückseite:] Dem frommen, ersammen, fürsichtigen und wysen Hansen Rodolffen Lavatarnn, jetzund uff dem tag zu Baden radtsbotten, sinem günstigen, lieben herren und gevatterenn b .

a Darunter von anderer Hand: 1537.
b Darunter von anderer Hand: Fürgschrifft, und am unteren Rand: 37.
Trogen, von 1526 an, betreute er teilweise auch Grub (beide Kt. Appenzell-Außerrhoden) und wirkte mit seinem reformatorischen Predigen ins Rheintal hinein. Er nahm an der Badener wie auch an der Berner Disputation teil. 1531 erscheint er noch als Diakon in Arbon (Kt. Thurgau), im vorliegenden Brief wird er als Rheintaler Pfarrer genannt, 1540 ist er in Trogen und 1550 in Altstätten (Kt. St. Gallen) bezeugt, dann verliert sich seine Spur. Es sind mehrere Briefe Amsteins an Vadian erhalten. - Lit.: Vadian BW II. IV-VII, Reg.; J. Reck, Die Reformation in Goldach, in: Rorschacher Njbl. 1958, S. 30-33; Johannes Willi, Die Reformation im Lande Appenzell, Bern und Leipzig 1924, S. 30-32; Walter Schläpfer et al., Geschichte der Gemeinde Rehetobel 1669-1969, Herisau 1969, S. 15-17 (Schläpfers Annahme, Amstein sei 1529 getötet worden, ist irrig; ein Handschriftenvergleich zeigt, daß die zwischen 1522 und 1550 an Vadian geschriebenen Briefe Amsteins von derselben Hand stammen); Z IX 519, Anm. 2; Hans-Martin Stückelberger, Die Pfarrerschaft der evangelisch-reformierten Landeskirche beider Appenzell, 2. Auflage bearb. und erg. v. Willy Hirzel, Wald 1991, S. 4. 108. 115. 129.
6 Zeugenaussagen.
7 durch Anstiftung erwirkt.
8 Hans Jakob von Wattenwyl.