[1018]
Augustin Heilmann an
Bullinger
Konstanz,
10. Juli 1537
Autograph: Zürich SIA, E II 364, 95-97 (Siegelspur)
UngedrucktHörte von Gregor Mangolt und anderen, daß es Bullinger und den Seinen gut gehe; er selbst
und sein Sohn sind gesund, während seine Frau seit einem Jahr fiebert. Denkt dankbar an
Bullingers Unterstützung in der Angelegenheit seiner Tante [Verena] Heilmann. Da er durch
Schüler und Kostgänger stark belastet ist, möchte er seinen Sohn -dieser ist elf Jahre alt und
war zwei Jahre in der Lateinschule - unter Verwendung der von der Tante geerbten hundert
Gulden nach Zürich geben; bittet Bullinger, den Knaben aufzunehmen. Interessiert sich für das
Befinden von Bullingers Mutter und Bruder, mit dem er viele Erlebnisse gemeinsam hat.
Grüße an Hans Abiberg und Heinrich Schwyzer. Empfiehlt den Pfarrer [Hieronymus Kranz],
der durch eine Intrige in Calw, gegen den Willen der Gemeinde abgesetzt und vertrieben
wurde; dieser war vor Jahren Schulmeister in Stein am Rhein, unterrichtete die Söhne des
alten Bürgermeisters [Hans Schulthaiß] in Konstanz und predigte lange in Kreuzlingen gegen
den Priester [Michel von Üsigen].
Gnad und frid von gott, dem vatter, durch unnsern herren Ihesum Christ,
ouch was ich liebs, eeren und gutz vermöcht, ist euch von mir alltzit mit
guttem willen berait voran.
Lieber herr vetter 1 und sonders gutter freunde, ewer und ewers gantzen
hußgesinds gesundthait und wolfart 2 hab ich für und für von Gregorio Mangolt
und anderen, so gen Zürich wandlen 3 , offt vernomen und darnach gefragt
und des von hertzen fröd gehapt. Derglichen ouch ich nit lassen mag 4 ,
dann mich die lieb und freuntschafft, so ewere elteren, ouch ir, zu mein
eitern, ouch mir, gehabt, tringt, euch ouch meins wolstands 5 (von der gnaden
und gütte gottes) berichten, namlich 6 mein und meins sons 7 gesundthait.
Aber min hußfrow 8 hatt jetz gar nach ain gantz jar das kalt we 9 gehabt, jetz
kurtzer tagen ettwas nachgelassen.
Witer bin ich noch ingedenck der trew, so mir von euch beweißt in der
handlung gegen meiner basen, der Heilmanin 10 , des ich mich noch schuldig
zu verdienen 11 erkhennen, danncken euch ouch noch zum höchsten, dann ich
darinn ewer freuntlich hertz und gutten willen, den ir mit allem ernst angewendt,
gesehen und herfaren hab 12 . Derhalben, wo ich euch, den eweren
oder jemant anderen von ewern wegen lieb und dienst beweisen könde,
sollend ir mich willig finden.
Aber meins sons halben soll ich euch berichten, das er jetz ainliff järig ist,
sein a 13 studium grammatica Melanctonis 14 , copia Eraßmi, Terencius, Ovidius
in transformatis 15 , proverbia Salomonis, Psalterium. Nun wißt ir wol, wie im
die bäsi 16 hundert guld[in]vermacht hatt 17 , dem herren sig lob. Die welte ich
gern an in hencken 18 , dann ich in der warhait mit sovil gescheffts beladen
bin, das ich in witer nit kan instituieren 19 selbs. Hab in deßhalb jetz gar nah
zway jar zu unnserm latinschen schulmaister 20 gan lassen. Dann ich, als
euch diser, mein lieber herr und bruder 21 , wol sagen kan, by 150 schuler hab
und zwölff edelknaben im tisch
22 , die all schriben und rechnen lernen, ouch
jetz zway gantze jar allemal zwen besetzt tisch und also mit den selbigen
beschefftiget, das ich meinem sun nit kan zusehen
23 . Darumb an euch, ||
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min lieben herren und freund, min gantz fruntlich und ernstlich bitt ist, ir
wellend mir in trewen in diser sach raten und beholffen sein, als ich dann
ain sonder gut vertruwen zu euch hab; dann ich vernomen, wie ir ettlich
jungen by euch haben, die gar wol gehalten und geschickt 24 seyen, wiewol
ich es an euch nit begeren, wellen ir mir doch raten, wohin ich in thun sölle,
da er versehen
25 were; dann ich jetzmal kainem ort mer lob und priß hor
26
geben, da ouch die vile der jungen knaben sein sollen, als by euch. Darumb,
so es müglich were, das er möchte
27 versorgt werden, welte ich in von
hertzen gern by euch haben zu Zürich. Bitt euch hieruff gantz fruntlich,
wellen mich schriftlich, was hierin ewer gutt mainung sey. Das will ich von
euch zu so hochem danck auffnemen, als hoch und groß ich es acht
28 und
mir ouch dißmals nichtz liebers von euch begegnen möcht.
Witter, lieber her und freund, welte ich gern verston, wie es ain gestalt
umb ewer mutter 29 hette und umb ewern bruder Hansen 30 zu Ottenbach;
dann ich und er haben vil mitainander herlitten 31 . Bitt euch gar freuntlich, ir
wellen im vil gutz von mir sagen. Ich welte in von hertzen gern sehen und
ettwas von im hören.
Maister Hansen Abiberg 32 , Heinrich b Schwitzer 33 , die thund grüssen in
meinem namen.
Und zuledst bitt ich euch ouch mit höchstem ernst und fliß, ir wollend
disem meinem bruder, zaiger diß 34 , umb gotz willen und zu furderung seins
wortz, ouch umb meintwillen beholfen und beraten sein, ouch im gutz thun;
dann er warlich ain fromer 35 , gelerter gesell ist und jetz kurtzlich von den
finden Christi und seins wortz von Calw uß Wirtemberg vertriben unschuldgklich
Beiträge zur Geschichte einer mittelalterlichen
Stadt. Aarau 1937, S. 114).
1504 besuchte er das Schützenfest in Zürich
(Glückshafenrodel I 505, 14). Weiteres
ist über diesen offenbar gemeinsamen
Bekannten aus Bremgarten nicht bekannt.
und unverdienst. Dann als Maister Ambrosi
36 jetz anhaimsch
37
komen, hat mir sein knecht
38 , den ich zu gast gehalten, ||97 anzaigt, wie die
widerwertigen in in der cantzly
39 verclagt sollen haben, als ob er ettwas
artiklen
40 gepredigt hab, inen nit gefellig, von der oberkait etc., und haben
solche clag than, als ob es von ainer gmaind inen befolhen, namlich der
vogt
41 , stattschriber
42 . Und ist aber alles hinderrucks der gmaind beschechen.
Derhalben ich von Maister Ambrosis knecht wol vernomen, das im gar
ungüttlich beschicht
43 . Der ist sidoher zu Calw gewesen, sagt mir, wie die
fromen lüt sich so hertzlich übel umb in clagten 44 und hoffnung ghapt hetten,
er solte wider zu inen komen sein, das aber nit hat sein mögen. Acht
45
ouch, sig
46 sein beger nit, zu sölcher grosser gfar libs und lebens sich ze
begeben. Aber an seiner person ist in der warhait nit arx
47 ; dann ich in lang
zeit gekent hab, do er vor jaren schulmaister c zu Stain
48 gewesen ist, ouch
nahmals unserm alten burgermaister
49 seine sun, die jetz zu Basel seind
50 , ,
instituiert hat, by dem er vierthalb
51 jar sich gehalten, ouch lang zeit zu
Creutzlingen
52 wider ain tüffelichen
53 bäpstler 54 (von dem ir vil gehört, der
lang zu Frowenfeld gfangen gelegen) geprediget hatt und warlich vil gutz
im wingarten des herren
55 dur sein gottliche genad geschafft. Darumb wellen
euch in befolhen haben, und was gutz im bschicht, will ich nit anders haben,
dann als obs mir selbs widerfaren. Damit sig der herr mit seiner gnad mit
uns allen.
Datum Costantz, uff den 10. iulii anno etc. 37sten.
Ewer gutter freund
Augustin Hailman,
grichtschriber zu Costanz.
[Adresse auf der Rückseite:] Dem erwirdigen unnd hochgelertenn herrn
Heinrichen Bullinger zuo Zürich, minem liebenn und besondern guten
freunde.