Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1210]

Bullinger an
Joachim Vadian
[Zürich],
1. Januar 1539

Autograph: Zürich StA, E II 342, 101 (Siegelabdruck)

Zwinglis Witwe [Anna, geb. Reinhart] ist gestorben. Vernimmt aus Frankreich, daß der Kaiser [Karl V.]im Frühling in die Niederlande ziehen wolle, daß Herzog [Karl] von Orléans dessen Tochter [Maria] heiraten und das Herzogtum Mailand erhalten soll, daß der Erzbischof von Rouen [richtig: der Bischof von Châlons-sur-Marne, Robert de Lenoncourt] Kardinal geworden sei und daß [Papst Paul III.]sich auch in Spanien [durch Ernennungen]alle verpflichte; letzterer hat seinen Sohn [richtig: seinen Enkel, Ottavio Farnese]mit [Margarete von Panna] verheiratet. Bedrot schreibt, in Straßburg werde Bucer von der Reise zu Luther und zu [Landgraf Philipp] zurückerwartet. In diesem unruhigen Winter werden überall Pläne gegen die Protestanten geschmiedet, die im Frühjahr zur Ausführung kommen werden; hat gehört, daß Hauptleute, die bisher in bayerischem Sold standen, in Ingweiler [Elsaß]Soldaten anwerben. Die Drohungen der Kaiserlichen wegen des Herzogtums Geldern schrecken Herzog [Wilhelm] von Jülich nicht; dieser wird vielleicht mit [Anton] von Lothringen, der Ansprüche geltend macht, ein Abkommen treffen. Myconius schreibt [Nr. 1208], daß die Kleriker von Minden die Bischöfe von Köln [Hermann von Wied], Trier [Johann III. von Metzenhausen], Münster und Minden [Franz von Waldeck], den Herzog von Braunschweig [Heinrich IX. d. J.] und Georg Schenck [von Tautenburg] als Exekutoren der Reichsacht vorgeschlagen hätten und daß es Gerüchte gebe, wonach [König] Ferdinand, [König Sigismund I.] von Polen und der ungarische Woiwode [Johannes I. Zápolya] in Wien zusammenkommen würden, an einem andern Ort auch der Kaiser, [König Franz I.] von Frankreich und der Papst, um über die Unterdrückung des Protestantismus zu verhandeln. Die Täufer in Niederdeutschland sind erneut unruhig. Ist angesichts dieser Vorzeichen pessimistisch in bezug auf die Zukunft des Protestantismus. Bittet um Neuigkeiten. [Heinrich] Brennwald ließ durch seinen Sohn Hans Jakob die zehn Gulden für [Sebastian] Uriel [Appenzeller] bei seiner Nichte [...] Rubli einfordern, doch diese hat die Zahlung verweigert mit der Begründung, sie hätte ihre Unterstützung nicht für die Erziehung der Knaben, sondern erst für die Lehrzeit zugesagt; Bullinger hält dies für eine Ausrede, hat sich aber mit Brennwald geeinigt, ihr einen Aufschub bis zum 16. Oktober zu geben. Grüße und Bitte, etwas gegen das Überhandnehmen des Würfel- und Kartenspiels zu tun; in Zürich wird nun ernsthaft dagegen eingeschritten.

[Gedruckt: Vadian BW V 516f, Nr. 1031.]