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Autograph a : Zürich StA, E II 337a, 334r.-335v. (Siegelspur)
Dankt für ihr Mahnschreiben [Nr. 1490] und freut sich über ihr Eintreten für die Genfer
Kirche. Der Ruf des [Genfer] Rates hat ihn zunächst erschreckt, da er zwar während seiner
dortigen Tätigkeit nie an einen Weggang dachte, aber sich doch oft den Tod wünschte und im
Unterschied zu Farel nach seinem Abgang kein öffentliches Amt mehr übernehmen wollte;
allerdings haben ihn bestimmte Gründe nun doch dazu gezwungen. Die schlechte Behandlung
durch die Genfer würde ihn nicht von der Rückkehr abhalten, da nur Einzelne Schuld am
Vorgefallenen tragen, und auch die Tatsache, dass ihn die Straßburger gerne behalten würden,
ist kein Hindernis, da ihnen das Wohl anderer Kirchen ebenso am Herzen liegt. Gegenüber
dem Genfer Rat entschuldigte er sich vorerst mit seiner Entsendung zum Wormser Konvent,
doch Genf hatte bereits Gesandte geschickt, die ihm nach Worms folgten; nach Rücksprache
[mit dem Straßburger Rat]schlug er ihnen vor, zusammen mit Bucer und Vertretern weiterer
Kirchen nach Genf zu kommen, die Kirche zu inspizieren und gemeinsam nach einer Lösung zu
suchen, doch die Reise [nach Regensburg] hinderte ihn daran; er möchte dem Eindruck
entgegentreten, als wäre ihm ein Vorwand willkommen gewesen. Wünscht, dass ohne Rücksicht
auf seine Ängste von andern über seine Rückkehr nach Genf entschieden wird; die Straßburger
halten es für sinnvoll, dass ihn Bucer nach Ende des Reichstags dorthin begleitet, und zu
dieser Beratung sollte auch ein Zürcher entsandt werden. Straßburg wird ihn nicht zurückhalten;
der Abbruch seiner theologischen Vorlesungen wäre für die Schule verkraftbar. Capito,
Bucer und auch er selbst halten jedoch die Unterstützung durch die Berner für unerlässlich,
und diese sind nicht abgeneigt, vorausgesetzt, dass der Genfer Kirche durch seinen DienstBriefe_Vol_11_207 arpa
wirklich geholfen werden kann. Will sich der unwillkommenen Aufgabe nicht entziehen und ist
bereit, zur Entschlussfindung nach Genf zu reisen; ist froh, dass ihn auch die Zürcher dazu
drängen, da er ihr Urteil besonders hoch schätzt. Kann über den Stand [des Religionsgesprächs]
nichts Sicheres berichten, doch werden dies gewiss die Konstanzer tun; Philipp
[Melanchthon], Bucer und alle andern grüßen die Zürcher. Die Fürsten und Städte [des
Schmalkaldischen Bundes] appellieren zugunsten der [verfolgten] Brüder
[Gedruckt: Paul Henry, Das Leben Johann Calvins, Bd. I, Hamburg 1835, Beilagen, S. 81-85 (Beil. 19); CO XI 229-233, Nr. 318; Corr. des réformateurs VII 137-141, Nr. 990; englische Übersetzung: Letters of Calvin I 241-247, Nr. LXIX.]