[1535]
Autograph: Zürich StA, E II 350, 427-430 (Siegel)
Will ihm die neuesten Nachrichten nicht vorenthalten. Die Truppen [König] Ferdinands [I.] versuchen, Buda zu erobern, und treffen dabei auf harte Gegenwehr; den Schaden, den sie den Befestigungsanlagen tagsüber zuzufügen imstande sind, können die Türken in der Nacht jeweils wieder reparieren. Zu Besorgnis gibt ein großes türkisches Entsatzheer Anlass, das den Truppen Ferdinands überlegen ist; es wird erwartet, dass sich die Belagerer aus der Ebene ins Hügelland zurückziehen werden; die Gerüchte von der immensen Truppenstärke der Türken könnten eine Kriegslist sein, sicher ist aber, dass das türkische Heer - wie aus Venedig zuverlässig berichtet wird - ungefähr 200'000 Soldaten umfasst. Viele befürchten, dass die Türken sich nach der Eroberung Ungarns nach Österreich und gegen dessen Hauptstadt Wien wenden könnten, es sei denn, der Kaiser einige sich mit den in Regensburg versammelten Ständen über die Türkenhilfe, was aber angesichts der gegenwärtigen Verhältnisse schwierig zu bewerkstelligen sein wird. Das Regensburger Religionsgespräch ist zu Ende gegangen, ohne dass man der Gegenseite Zugeständnisse abgerungen hat; dies wird nicht aufgrund menschlicher Fähigkeiten erreicht, sondern durch Gott in Güte gewährt. Besonders abweisend gebärdete sich die Gegenseite bei der Behandlung der Eucharistie, jedermann weiß aber, dass die Lehre und Gebräuche, an denen die Päpstlichen festhalten wollen, sich als menschliche Lehren und Traditionen in die Kirche eingeschlichen haben; sie setzen die Autorität der Konzilien derjenigen der Schrift gleich, achten damit Menschliches nicht weniger als Göttliches und verfallen dadurch falschen Ansichten wie der Transsubstantiationslehre und Praktiken wie der Elevation der Hostie. Gott möge die Menschen zu rechtem Verständnis leiten. Die Welt durchschaut, was die Päpstlichen wollen; sie sollten endlich zulassen, dass die Kirche nach apostolischem Vorbild erneuert wird. Nun bleibt des Kaisers Urteil zu erwarten. In Thüringen und Sachsen treiben Brandstifter erneut ihr Unwesen; ihr Anstifter [Herzog Heinrich von Braunschweig] ist auch dem Kaiser schon bekannt. Nicht nur mit Feuer wüten einige gegen uns, sondern auch mit Zauberei. [Philipp] Melanchthon hat seinen Traum von der Hyäne in elegante Verse gefasst [MO X 576, Nr. 187; MO XX 685-687], die Vadian Bullinger bei Bedarf gerne zukommen lässt. Über Christoph von Landenberg wurde [vom Kammergericht zu Speyer] wegen seiner Fehde mit Rottweil die Acht verhängt. Grüße, auch an [Hans Rudolf] Lavater.
[Gedruckt: Vadian BW VI 37-39, Nr. 1178.]