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Bullinger an
Philipp von Hessen
Zürich,
1. September 1532
Abschrift a : Zürich ZB, Ms K 40,53r.-54r., Nr. 4a
Regest: Pestalozzi 170Widmet und übersendet dem Landgrafen seine Auslegung des Hebräerbriefes. Bittet, daß diese Schrift
in Hessen frei gelesen werden dürfe. Die Zürcher lehren die reine Wahrheit. Ihr Unglück ist nicht nur
göttliche Strafe, sondern auch Gnade. Zürich, Bern, Basel; St. Gallen und Schaffhausen bleiben fest
beim Evangelium. Auch wenn der Bund äußerlich aufgelöst ist, halten die Evangelischen weiterhin
zum Landgrafen.
Demm christlichen durchlüchtigen fürsten und herren, herrenn Philippen, lantgraffen
inn Hessen, sinem gnedigen herrenn.
Cristenlicher, durlüchtiger fürst und herr, min underthenig dienst mitt erbietung
alles guten sye üwer fürstlich gnad bevor an bereyt. Erstlich bitten ich u. f. g. zum
höchsten, sy wölle mir min wolvertruwen 1 nitt für ein fraevel rechnen, daß ich iro
gedören 2 hab die Epistel zun Hebreiernn zuschryben 3 und hiemitt ouch überschikenn.
Dann es warlich us besonderbarer lieb und trüw beschehen ist. Diewyl mir
min vorfaar 4 seliger gedächtnus, M. Huldrych Zwingly, by sinem läbenn 5 vil eeren,
redliche, dappferkeit und früntliche von u. f. g. erzelt 6 , dorumb ich ouch verhofft 7 ,
oben S. 167, Anm. 6 und Nr.
124.
sy wurde min trüw ouch gnedenklichen annemen und sich des zuschrybens, die wil
es nüzid dann die luter warheit ist, gar nitt beschämen. Demnach bitt ich, u. f. g.
wölle sölich geschryften
8 furohin
9 wie bishar inn iro landen lassen läsen 10 , und die
niemands, der iro begaerte, versperren, wie uns dann in ettlichen stettenn anderer
landenn unbeschult
11 beschicht
12 . Dann wyr je ghein ander fürnemmen
13 nitt habend,
dann daß die ||53v. eewig warheyt, wen oder was sy beträffe, reyn und klar an
tag gebracht, unnd die herlich eer gottes aller welt haell geoffenbaret werde inn der
krafft und zukunfft unsers herren Jesu Christi.
Hat uns gott glich jezend gedemütiget und gesucht 14 , hatt er uns doch väterlich
gesucht, nitt wyter versucht, dann wyr ertragen gemögen 15 , und die sinen als das
gold in fhüwr bewaert 16 , ouch unser sünd hie mitt zytlicher schand gestrafft, daß er
uns der ewigen schand entlüde 17 . Darumb wir imm ouch dank sagend und syn
vaetterlich trüw erkennend. Nütisterminder 18 hie zu Zürich in statt und uff dem
land, dessglych ze Bernn, Basel, Santgallen, Schaffhusen etc. noch styff 19 an gott
und sinem wort, wider alles bapstumb, in gottes gnad und hand bestand, und wyter
mitt synem gnadenn biß in das end zu beharren willens sind.
Und ob glych wol der usserlich geschryben pundt 20 durch zwang, mee dann allenn
frommen lieb, geschwecht, sol doch u. f. g. wüssen, daß alle liebhaber evangelischer
warheyt nüt dister weniger grosse lieb und traeffenlichen gunst zu u. f. g. tragend,
uwer trüw und guthaet 21 , unns unnwyrdigen bewisen, erkennend und ||54r. ye
laenger ye meer u. f. g lieb gwünnend, desshalb sy 22 u. f. g. bestand 23 und dappferkeit
by gottes wortt mit grossen fröudenn vernämend.
Hierumb bitt ich, u. f. g. wölle allwäg 24 zunemmenn, uns iro befolhen haben, dis
min einfalt schryben und hiemitt überschykt büchlin gnedenklich uffnemmen, das
commentarium, so ver 25 es geraecht und der warheit nitt zuwider ist, schyrmen, wie
dann u. f. g., insonders christenlichenn namens halben, wol gepüren und one zwyfel
der warheit dienstlich sin wil. Gott welle üwer furstlich gnad mit sampt ira 26 volk in
synem willen fürenn und erhalten tzu sinen eeren und ewigem heyl.
Geben Zürich, des 1. tags in herbstmonat in 1532.
Uwer f. g. unterteniger diener
H. Bullinger,
predicant zum münster, Zürich.