[1819]
Bullinger an
[Erasmus Ritter]
[Zürich],
22. November 1543
Teilabschrift a : Paris Bibliothèque Nationale, Ms Dupuy 103, 23r.-24v.Ist Neuerungen abgeneigt; die Exkommunikation wurde vom Apostel [Paulus] und der Urkirche
selten angewandt und von Christus nicht vorgeschrieben, und er selbst hält es für ausreichend,
wenn in der Kirche auf eine gewisse Disziplin geachtet wird; Calvin, der sich in der
"Institutio" zur Exkommunikation äußert, wird den Frieden in der Kirche gewiss nicht gefährden
wollen, und Oekolampad hat mit ihrer Einführung wenig erreicht; Bullinger verweist auf
Augustin, Contra epistolam Parmeniani, 3, 2, und warnt vor einer Verknechtung der Kirche.
[Nimmt Stellung zu den auf Anfrage der Pfarrer von Mömpelgard in Neuenburg diskutierten
Artikeln:] Eine Zulassungsprüfung zum Abendmahl wäre der erste Schritt zur Wiedereinführung
der Ohrenbeichte und lässt sich biblisch nicht begründen; jeder prüfe sich selbst [1Kor
11, 28]! Die Letzte Ölung wurzelt in papistischem Aberglauben und bindet die Gnade
an die
Zeichen; auch hier will man zu menschlichen Erfindungen zurückkehren, die man früher
bekämpft hat. Die Taufe soll von Amtsträgern der Kirche gespendet werden; die Hebammentaufe
wird durch das Beispiel von Zippora Ex 4 [24-26] nicht gestützt und ist überflüssig;
Bullinger vertraut -
trotz abweichender Meinung Augustins -
darauf dass ungetaufte Kinder
gerettet werden; Marcion ließ zu, dass Frauen taufen, doch der Apostel [Paulus]hielt sie von
kirchlichen Ämtern fern. Im Gebrauch von Glocken und Begräbnisriten soll Freiheit herrschen,
wenn nur kein Aberglaube damit verbunden ist. Gewisse Leute wollen sich durch die
Einführung neuer Zeremonien als treue Schüler Luthers erweisen. Dieser verurteilt die Zürcher
Theologen als gottlose Verführer, doch sein Schreiben [oben Nr. 1797, 67-82] ist privat,
und sie werden darauf nicht mit Gleichem antworten; aus Niederdeutschland ist zu hören, ihr
Ruf sei unbeschädigt. [Gedruckt b : Corr. des réformateurs IX 116-121, Nr. 1312.]