Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1875]

[Ambrosius Blarer] an
Bullinger
[Konstanz],
18. März 1544

Autograph: Zürich StA, E II 357, 70; [Beilage:]a E II 357a, 715 2 (Siegel) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 239f, Nr. 1069

Hat Bullingers lobenswerte Schrift [,,Ad Ioannis Cochlei De canonicae scripturae et catholicae ecclesiae authoritate libellum ... responsio"]empfangen und hofft, dass deren milde Art von denen nachgeahmt wird, die durch ihre freche Art der Wahrheit mehr schaden als nützen. Dankt Bullinger für seine Freigebigkeit, möge Gott es ihm mannigfach vergelten; wundert sich, dass Bullinger in dem Brief mit dem er Cochläus' Widerlegung übersandt hatte [Nr. 1869], nicht Blarers deutschen Brief [Nr. 1867]erwähnt, so dass Blarer an der Zuverlässigkeit des Ulmer Boten zweifelt. Vom Reichstag [zu Speyer] gibt es außer dem unten Erwähnten nichts zu berichten; Konstanz hat am 6. März einen Boten entsandt, nach dessen Rückkehr Blarer umgehend berichten wird. Grüße. [Beilage:] Die Kaufleute sind aus Frankfurt und teilweise Speyer zurückgekehrt und berichteten einiges, aber ungenauer Natur. Dem Fugger in Augsburg wurde geschrieben, dass die Türken das Schloss Plintenburg [in Ungarn] belagern, das nur noch für 14 Tage Proviant hat. In Augsburg erfuhr man auch aus Konstantinopel, dass die Türken nicht in Rüstung seien und in diesem Jahr keinen Feldzug planten. Graf Christoph von Württemberg ist mit seiner Braut [Anna Maria von Brandenburg-Ansbach] nach Mömpelgard gereist, wo er residieren wird. Die Reichsstädte haben zu Speyer die Türkenhilfe bewilligt mit der Auflage, dass der Kaiser [Karl V.]Frieden und die Reformierung des Kammergerichts verspricht.

S. Accepi obviis manibus 3 et exporrecta fronte 4 responsionem istam tuam luculentam vereque doctam ac piam 5 , ubi dentes et ungues satis, ut ipse quidem iudico, continuisti, nec dubito, quin maximo fructu lecturi hanc sint omnes syncerioris doctrinae studiosi. Nihil plane inest, quod me vel tantillum offendat; sed omnia sunt eiusmodi, ut omnibus visceribus meis gratias agam domino, qui spiritus sui vim in te, electissimo organo suo, magis identidem atque magis exerit. Is, quod caepit in te, perficiat usque in diem Christi. 6 Utinam exemplum hoc tuum imitarentur, qui hodie tanta procacitate, scurrilitate et petulantia conspurcant potius et odiosam faciunt magis quam defendunt veritatem! Verum imitari isti neminem, sed praeire ac omnium

a Mit Anmerkung in der Hand von Traugott Schieß.
1 Der Brief gliedert sich eindeutig in den Briefwechsel zwischen Bullinger und Blarer ein. Der Briefempfänger wird in Z. 16 genannt.
2 Die unten Z. 20 erwähnte Beilage lässt sich zeitlich in die Korrespondenz zwischen Blarer und Bullinger in diesem Zeitraum einordnen und zeigt mit dem Brief übereinstimmende Faltspuren.
3 Vgl. Adagia, 2, 9, 54 (ASD II/4 248-250, Nr. 1854).
4 Vgl. Adagia, 1, 8, 48 (ASD II/2 748f, Nr. 748).
5 Gemeint ist Bullingers Schrift gegen Cochläus (s. oben Nr. 1839, Anm. 3), die er am 14. März an Blarer gesandt hatte (s. oben Nr. 1869).
6 Vgl. Phil 1, 6.


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archetypi esse pertinaciter meditantur. Gratias tibi pro optimo illo libello maximas ago. Pudefacis tu me saepissime ista tua perpetua munificentia, ut invideam tibi propemodum hanc felicitatem, quae semper dat, accipit nunquam. Dominus ipse de plenissimo donorum suorum copiaecornu 7 benignissime tibi benedicat et mea caussa gratias referat amplissimas.

Sed heus tu, mi venerande Bullingere, quur ne verbum quidem ullum ad Germanicas literas 8 , quas ad te nuper per illumipsum b Ulmensem nuncium 9 , qui tuas 10 cum libello 11 mihi c attulit, dedi? Faciunt negocia tua cumulatissima, ut securior sim; alioqui de nuncii fide vehementer essem sollicitus.

De comitiis 12 extra illa, quae hic accipis 13 , ne verbum quidem accepimus. Abmandarunt nostri nuncium 14 6. martii; qui ubi redierit cum literis, curabimus, ut quam primum accipias, quae attulit.

Bene vale, anima mea in domino, cui me meosque diligenter et perpetuo commenda. Commenda nos omnibus fratribus et administris tuis in domino d Salutant te nostri omnes, germanus frater 15 cumprimis et Zviccius 16 cum symmystis et mea coniuge 17 , quae una mecum tuam 18 uxorem et totam domum amantissime iubet salvere.

18. martii 1544.

[Ohne Adresse.]

||715 [Beilage:]

Es sind unser kouffleut von Franckfurt widerum kommen, sind ains tails zu Spir gewesen, sagen von mancherlay zeytung 19 ; diewyl wir aber kain grundtlich schreiben oder kuntschafft haben, will ich euch damitt nitt bemühen; ir werdt von den eweren selbs desshalb ouch allerlay vernomen haben.

Diß ist dem Fugger 20 zu Augspurg zugeschriben uff der post, das der Turck 21 zechen tausend starck das schloß Blindenburg 22 belegert und nunmehr schier gar ausgehungert hab; dann sy nitt uber 14 tag noch proviand habind.

b illumipsum am Rande nachgetragen.
c -hi in mihi über der Zeile nachgetragen.
d Von Commenda bis domino am Rande nachgetragen.
7 Adagia, 1, 6, 2 (ASD II/2 23-26, Nr. 502).
8 Wohl oben Nr. 1867, den Bullinger tatsächlich in seinem Schreiben an Blarer vom 14. März (Nr. 1869) nicht erwähnt.
9 Unbekannt.
10 Oben Nr. 1869.
11 Siehe oben Anm. 5.
12 Der Reichstag zu Speyer.
13 Siehe die Beilage unten, Z. 30-50.
14 Unbekannt.
15 Thomas Blarer.
16 Konrad Zwick.
17 Katharina, geb. Ryff.
18 Anna, geb. Adlischwyler.
19 Neuigkeiten.
20 Es ist unklar, ob es sich um Anton Fugger oder ein anderes Mitglied der Familie handelt.
21 Sultan Suleiman I.
22 Visegrad (dt. Plintenburg) bei Esztergom (dt. Gran), Ungarn.


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Ouch hat man zu Augspurg brieff ausß Constantinopel den 7. februarii, das der Turck gar in kainer rustung seye und diß jar kain gwaltigen zug thain 23 werde auff land.

Der jung hertzog Christoph von Wirtemberg ist mitt seiner newen braut 24 schon widerum auß dem land Wirtemperg gen Mympelgart; da muß er fur und fur 25 hoff halten.

Der rychstett halber sagt man von Spyr, sy habind bewilliget in die hilff wider die Turcken 26 , doch mitt dem anhang 27 , das kai. mt. ain friden sein lebenlang zusagen unnd schweren 28 söll, das er ouch das camergricht onverzogenlich 29 reformieren soll. 30 Aber davon hab ich nichts gewisses, dann das ettlich kofleut, so zu Spyr gewesen, das anzögend 31 .