Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1916]

Oswald Myconius an
Bullinger,
Konrad Pellikan und
Theodor Bibliander
Basel,
21. Mai 1544

Autograph a : Zürich StA, E II 336, 202 (neu: 220)(Siegelspur) Ungedruckt

Der Überbringer Johannes Fabricius [Hans Schmid] hat Myconius um ein für die [Zürcher] bestimmtes Zeugnis für die Zeit gebeten, die er bei Myconius lebte, was Myconius nicht ablehnen kann, mag sein Verhältnis zu den Adressaten sein, wie es wolle; Fabricius ist so, wie Pellikan vom selben Tag (s. oben Anm. 6), in dem er u.a. berichtet, dass die Protestanten ausspioniert würden.

9 Die Formulierung stammt von Calvin, Christianae religionis institutio, Basel 1536, S. 103 (CO I 56); s. ferner Stähelin 77f, Anm.
10 Am Reichstag zu Speyer.
11 Ähnliche Metaphern bei Otto 284f, Nr. 1454.
12 Das Papsttum als babylonisches Gefängnis ist gängiger Topos der Reformationszeit; s. Luthers berühmte Schrift "De captivitate Babylonica ecclesiae" (WA VI 484-573).
13 Adagia, 1, 4, 15 (ASD II/1 422, Nr. 315).
14 "vergehen sie vor Scham"; s. Grimm II 583; Röhrich I 285f.
a Mit Unterstreichungen von späterer Hand.


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ihn ein Verwandter [Konrad]Pellikans, Konrad [Lycostehenes], empfohlen hat, nämlich gut, gefällig und unbeschwerlich im Umgang, und Myconius sieht ihn als Lehrer, nachdem er eine Zeitlang Hilfslehrer gewesen sein wird, denn ohne Erfahrung ist es schwer, als Lehrer zu wirken; das Übrige ist von diesem selbst zu erfahren.

S. et pacem in domino.

Petiit a me Ioannes Fabricius 1 , qui has reddit, ut testimonio sibi apud vos adsim pro eo tempore, quo in aedibus meis versatus est, nam ita opus se habere adseruit. Ego qualisqualis sim coram animis vestris 2 , quod petiit, negare non potui. Brevibus itaque dico, ne multis sim molestus.

Talern equidem reperi, qualem M. Cunhardus 3 , d. Pellicani cognatus, 4 priusquam ad me reciperem, commendavit, nam illi plane hac in re tum

1 Kaum Johannes Fabricius Montanus (Hans Schmid aus Bergheim, 1527-1566) entgegen Traugott Schieß (Johannes Fabricius Montanus, in: ZTB 1904, NF 27, S. 253-310, bes. 258f), da dieser nach eigenem Zeugnis schon ab 1543 an der 2. Klasse der Großmünsterschule unterrichtete (s. Misc. Tig. III 379 und Zürich StA, G II 39.2, 1543, unter dem Namen "Io. Schmid Leonis", woraus der 19. Sept. 1543 als Datum des Unterrichtsbeginns hervorgeht). - Vermutlich handelt es sich hier um Hans Schmid (gen. Fabri), der im Juli 1543 auf Empfehlung seines Pflegevaters, des Zürcher Propstes Felix Frey, als Kostgänger bei Myconius einzog (s. HBBW XIII 181, Anm. 61; Pfarrerbuch 507, Nr. 14, mit teilweise unzuverlässigen Angaben). Fabri stammte laut Bullingers Stipendiatenliste (Zürich ZB Ms Car C 44, S. 925, Nr. 50; s. auch Zürich ZB, Ms F 95/1, f. [6]v., nach Nr. 48) aus dem Piemont und erhielt gemäß Studentenamtsrechnung (Zürich StA, G II 39.2, 1545) ab dem 16. Sept. 1545 Geld für eine Lehrtätigkeit an Stelle des bereits im Sept. 1545 wegziehenden oben erwähnten Hans Schmids. Noch bis ins Schuljahr 1547/48, das er nicht beendete, nachgewiesen. 1548 wurde er als Pfarrer nach Dübendorf gewählt, wo er bis zu seinem Tode wirkte; vor seiner Wahl unterrichtete er laut Bullingers Wahlvorschlag die 3. Klasse der Großmünsterschule und versah die Gemeinde Albisrieden (s. Zürich StA, E I 30. 30, Nr. 3).
2 Im Dezember 1544 waren die Zürcher immer noch wegen Myconius verstimmt; s. Corr. des réformateurs IX 434.
3 Konrad Lycosthenes (Wolfhart), 1518-1561, aus Rufach im Oberelsass, Theologe und Philologe, kam bereits im Juni 1529 als Schüler zu Pellikan nach Zürich (s. Pellikan, Chronikon 119); hatte von 1535 bis 1541 in Heidelberg studiert, wo er 1541 zum Magister promoviert wurde. 1542 immatrikulierte er sich in Basel, wo er 1543 Professor an der Artistenfakultät wurde und von 1544 bis 1561 als Diakon zu St. Leonhard amtierte. Nach dem Tod Johannes Gasts im Jahr 1552 übernahm er für kurze Zeit (1552/53) dessen Funktion als Bullingers wichtigster Basler Korrespondent. Er war als Herausgeber und Kommentator antiker und zeitgenössischer Literatur tätig und edierte und kommentierte u.a. Werke von Strabo, Ptolemäus, Sebastian Münster, Enea Silvio Piccolomini und Johannes Ravisius Textor; seine Sammlung von Prodigien (Basel 1557) und die Bearbeitung der Apophthegmata von Erasmus (Basel 1555) wurden Schulbücher und erlebten zahlreiche Auflagen; s. Karl Wolfart, Beiträge zur Augsburger Reformationsgeschichte II. Zur Biographie des M. Bonifacius Wolfhart, in: Beiträge zur bayerischen Kirchengeschichte 7, 1901, S. 167-180; ders., Beiträge zur Augsburger Reformationsgeschichte III. Kaspar Schwenckfeld und Bonifacius Wolfhart, aaO, 8, 1902, S. 97-114. 145-161; Jürgen Beyer, in: Enzyklopädie


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inserviebam. Bonus est, placidus, et qui vivere possit cum quovis probo sine eius molestia. Diligentiam in literis ex praeceptoribus eius licebit cognoscere, nam ei rei ego quidem intendere aliis occupatus non valeo. Quamvis interea dicam libere, pro ludimagistro darem, modo prius egisset ad tempus hypodidascalum. Ipsi nostis, quam sit agere magistrum difficile, si quis careat artis suae qualicunque exercitio. Quae reliqua sunt, vos ex ipso poteritis praesente cognoscere.

Valete in Christo et commendatiunculam hanc boni consulite.

Basileae, 21. maii anno 1544.

Os. Myconius

vester.

[Adresse auf der Rückseite:] D. d. Heinricho Bullingero, Cunhardo Pellicano et Theodoro Bibliandro, viris undecunque doctissimis, suis in domino maioribus observandissimis.