[1930]
Abschrift von unbekannter Hand a : Zürich StA, E II 351, 13r.-v.
Die von Bullinger im Namen des Kollegiums ausgesprochene Bitte um Abfassung einer Lebensbeschreibung Zwinglis [Nr. 1910] bereitet ihm Kummer, nicht nur, weil er sich der Aufgabe nicht gewachsen sieht, sondern weil er sich aus Liebe zu ihnen verpflichtet fühlt, seinen Widerspruch offen zu äußern. In dieser aufgewühlten Zeit würde eine solche Publikation nur die Gegner auf den Plan rufen und zu neuen Spannungen - auch mit den weltlichen Obrigkeiten -führen; sie sollte deshalb aufgeschoben werden. Zwinglis Biographie sollte aufgrund der Zeugnisse derer, die ihn kannten, in der Form von schlichten Annalen schriftlich festgehalten und im Stiftsarchiv verwahrt werden, bis eine Zeit anbricht, in der sein Ruhm ohne erneutes Aufflackern des Streits verbreitet werden kann; die Abfassung könnte [Johann Jakob] Ammann oder [Rudolf] Collin übernehmen. Auch die von den Zürchern herausgegebenen Werke Zwinglis [BZD C 340; VD 16 Z 761] zeugen von ihm, doch wie der Dichter [Baptista Mantuanus] sagt, wird erst die Nachwelt ohne Missgunst darüber urteilen.
[Gedruckt: Vadian BW VI 329f, Nr. 1351; Übersetzung: Ernst Gerhard Rüsch, Vadians Gutachten für eine Zwingli-Vita 1544, in: Zwa 15/1, 1979, 42-44; Teilübersetzung: Vadian. Ausgewählte Briefe, hg. v. Ernst Gerhard Rüsch, St. Gallen 1983, S. 78-80.]