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Entwurf oder Abschrift Bullingers a : Zürich ZB, Ms F 46, 52-54
Bullinger wendet sich schriftlich an [Bibliander], da Schriftliches bei dem sich Widersetzenden,
offensichtlich Aufgewühlten mehr vermag als Mündliches. Bibliander hatte ihm seinen
Entschluss, [Zürich zu verlassen,] dargelegt, und Bullinger hat dies natürlich nicht gerne
vernommen. Bibliander möge ihn, den Diener Christi und Freund, anhören und ihm nicht den
Rücken zuwenden. Dies würde Bibliander später schmerzen und den Brüdern schaden. Zuerst
wird ein den Papisten, Buceranern und Lutheranern willkommenes Gerücht über Zwietracht in
der Zürcher Kirche entstehen. Den Gottlosen wird es Gelegenheit geben, gegen den Dienst
[der Pfarrer] zu lästern und im [Zürcher] Gebiet die jetzt herrschende Ruhe durch Streitigkeiten
zu stören. Auch der Rat wird davon betroffen werden. Die Eintracht der [Zürcher]
konnte bisher viel Schlimmes verhindern. — Seit nunmehr vierzehn Jahren wirken Bullinger
und Bibliander trotz aller Schwierigkeiten einträchtig in der Kirche. Bibliander solle doch
nicht bei seinem gefassten Entschluss bleiben. Die ihn nicht zu Unrecht quälende Angelegen-Briefe_Vol_15_382 arpa
heit wird wohl wieder beigelegt werden. [Geht er aber,]wird es zu Unruhen kommen, und gibt
man dem Gegner Gelegenheit [zu schaden], versündigt man sich. Wenn also Bibliander wegen
der Beleidigungen eines aufgebrachten Menschen [Otto Werdmüller?] die Kirche verlässt,
handelt er unklug. Bibliander kann bisher nicht [eines Fehlers] bezichtigt werden. Wenn er
aber allein wegen einer erlittenen Beleidigung sein Amt niederlegt, Brüder und Freunde verlässt
und durch seinen Weggang Vielen die Gelegenheit zu Schmähungen gibt, sündigt er. Man
wird sich alle Mühe geben, um die Eintracht zwischen Bibliander und dem Bruder, der ihn
verletzt hat, wiederherzustellen. Bibliander soll sich an [Eph 4, 26], [Eph 5, 1f] und [Mt 5,
23f] erinnern. —Bibliander wird antworten, dass er von einem, dem das nicht zukommt, ganz
unwürdig behandelt worden sei. Bullinger weiß das, und es schmerzt ihn. Doch werden er und
die Mitpfarrer sich bemühen, in diesem Fall recht und billig zu verfahren. b Diese Angelegenheit
ist kein hinreichender Grund, alle zu verlassen und dadurch Anlass zu einem Streit zu
geben. Bullinger bittet Bibliander im Namen des Herrn, der Ruhe der [Zürcher] Kirche und
der brüderlichen Liebe, Affekt und Schmerz beiseite zu lassen, zu beten, keinen Platz für den
Gegner zu schaffen und zu bleiben.
[Gedruckt: Egli, Analecta 11139-141.]