[180]

Berchtold Haller an

Bullinger

[Bern],

23. Januar [1533]

Autograph: Zürich StA, E II 343, 8b. Siegelspur. -Ungedruckt

Die Solothurner Reformierten wollen, laut eines Briefes von Hans Hugi an Haller, Paul Rasdorfer zum Pfarrer in einer der Gemeinden der Vogtei Dorneck berufen. Rasdorfer soll mit dem Überbringer dieses Briefes gleich nach Dorneck reisen. Bitte um Nachrichten.

S. Lieber bruder Heinrich. Es hett mir zugschriben ² venner Hanß Hugi ³ von Soloturn ich sölle verhelfen, so verr möglich, das Paulus Rasdorffer mitt Zeiger diss brieffs ⁴ gen Dornegg ⁵ uff das schlosß keren welle; der 6 habe in siner vogty ettlich pfarren, so noch nitt versähen ⁷ , und so Paulo gefellig, begärend sy inn also in irem biett ze versähen 8 . Dann die von Soloturn habend ob 35 pfarren, sind nitt über 12, da man meer ⁹ mess halte, und bedörfftind eins sömlichen ¹⁰ . Er hatt ouch mir zugschriben, der vogt uff Dornegg 11 werd imm ¹² die zerung abtragen ¹³ . Hab ich dir nitt wellen verhalten. In unserm biet ¹⁴ ist noch nitt möglich, inn ze versähen, dann wir noch meer stat und land kind ¹⁵ hend, aber so er möcht 16 ein ingang ¹⁷ han, in Soloturner biet ze beliben, wär mir träffelich lieb, in hoffnung, wo die andren brüder ein sömlichen gehilfen hettind, wurde gottes handel träffelich fürdren. Hiemitt bitt ich dich

1 Die Schilderung der Solothurner Verhältnisse sowie die Situation Rasdorfers, der sich im Jahr zuvor noch in Betschwanden (Kt. Glarus), im Jahr darauf bereits in Kempten aufhielt, weisen zweifelsfrei aufs Jahr 1533.

2 Der Brief ist nicht erhalten.

3 Hans Hugi, gest. 1562, von Solothurn, seit 1519 Großrat, Vogt in verschiedenen Vogteien, wurde 1527 Venner und 1529 Heimlicher. Als Parteigänger der Reformierten wurde er bei der Schultheißenwahl von 1532 übergangen und verlor auch das Amt des Venners. 1533 war er Seckelmeister, verließ aber im Oktober desselben Jahres mit den Reformierten Solothurn und zog 1540 nach Biel. - Lit.: HBRG II 357. III 277; Haefliger 144f; Bruno Amiet und Hans Sigrist, Solothurnische Geschichte, Bd. II: Stadt und Kanton Solothurn von der Reformation bis zum Höhepunkt des patrizischen Regimes, Solothurn 1976, S. 23. 27. 36. 42. 44f; HBLS IV 312. 315.

4 Der Überbringer ist unbekannt.

5 Dorneck (Kt. Solothurn).

6 Gemeint ist offenbar der Vogt von Dorneck, s. unten Anm. 11.

7 Pfarreien, die noch nicht besetzt, bzw. (mit Pfarrern) versorgt sind.

8 Haller hatte davon bereits am 14. Dezember 1532 berichtet, s. HBBW II 283, 11-15.

9 noch, weiterhin (SI IV 367).

10 Zur kirchlichen Lage in Solothurn Anfang 1533 s. Haefliger 166-173.

11 Urs Stark (Starch), gest. Ende 1533 oder im Jahre 1534, seit 1504 solothurnischer Großrat, 1512-1515 Vogt im Bucheggberg, dann auf Bechburg und in Kriegstetten (alle Kt. Solothurn). Seit 1525 war er Seckelmeister, 1530-1533 Vogt auf Dorneck. An den eidgenössischen Tagsatzungen vertrat er seine Vaterstadt öfters, so auch beim Friedensschluß von 1531. Stark galt als einer der Wortführer der Reformation in Solothurn, stand aber dem Täufertum nahe. Am Aufstand der Reformierten am 30. Oktober 1533 nahm er nicht teil, schloß sich ihnen aber nach ihrem Auszug aus der Stadt an und wurde mit schwerer Buße belegt. Er starb wahrscheinlich bald danach im Exil. - Lit.: EA IV/1b und 1c, Reg.; HBRG II 185. 212. III 277; Vadian BW V 137f; Z X 452f, Anm. 9; Haefliger 142-144 u. a.; Amiet und Sigrist, aaO, S. 22f. 29. 39. 42. 44f; HBLS VI 505. -Herrn Dr. H. Gutzwiller, Staatsarchiv Solothurn, danken wir für seine freundliche Auskunft.

12 Rasdorfer.

13 Reisekosten ersetzen (SI XIV 474).

14 Gemeint ist das bernische Gebiet.

15 Das heißt: Mehrere Kandidaten, die von Stadt und Land Bern stammen.

16 könnte.

17 Zutritt, Anfang (SI II 343).

Briefe_Vol_03_0052	arpa

umm gots willen, schrib mir, und bi gwisser bottschafft ¹⁸ , wie es stande aller dingen halb.

Datum in II, 23. ianuarii.

Tuus Berch. H.

Er mag allein hinab keren und alle ding besichtigen. Ich welte inn nitt gern verwysen 19 . Si frustra ierit, expostulabo cum Solotur[ensibus].

[Adresse auf der Rückseite:] An den getrüwen Heinrich Bullinger, praedicanten ze Zürich.

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