[2215]
Autograph: Zürich StA, E II 355, 114 (Siegelspur) Ungedruckt
Klarer bezeugt seine Dankbarkeit für Bullingers Hilfe, Rat und Wohltaten, die dieser ihm und seinen Söhnen [Abraham und Lukas]erwies. —Klarer, der Abraham von der Schule in Zürich heimgenommen hatte, weil dieser allen große Sorgen machte, hat ihn gemäß Bullingers Rat mit Strenge behandelt. Abraham musste studieren und auch als Knecht in der Landwirtschaft arbeiten. Diese Maßnahmen zeigten gute Wirkung. —Abraham, der das Studium in Zürich gern wieder aufgenommen hätte (was aber wegen der Teuerung nicht möglich war), hat nun in Herisau die Pfarrstelle angeboten bekommen. Der Herisauer Prädikant Ludwig [Rösch] wurde nämlich nach Sulgen in der Landvogtei Frauenfeld berufen, so dass die Herisauer Gemeinde, dem Rat Vadians zufolge, Abraham und Klarer bat, aushilfsweise zu predigen. Da die Gemeinde Gefallen an Abraham fand, bot sie ihm die Pfarrstelle an, und Klarer, der im nahen Hundwil lebt, ist bereit, seinem Sohn weiterhin beizustehen, bittet aber um Bullingers Zustimmung. —Der frevelhafte Mönch und jetzige Pfarrer in Appenzell, Jakob Stössel, verführt nicht nur seine Gemeinde. Er wollte auch in Herisau predigen, jedoch haben nicht mehr als 20 Personen dafür gestimmt. Klarer predigte am 9. August zur Kirchweih [in Herisau] und warnte dabei vor den falschen Propheten. In den Kirchen [Appenzells] herrschen zurzeit Frieden und Ruhe. —Klarer und seine Söhne Abraham und Lukas möchten Bullinger weiterhin empfohlen bleiben. Dieser möge Abraham mündlich und Klarer schriftlich Rat erteilen.
Gnad, fryd und eewigs hail.
Christenlicher herr und bruder, ich bin allzit indenck 1 üwer besonderbarer trüw, huss, radt und gutthaten, so yr allzit mir und minen sönen 2 thun habend und noch täglich bewysend, darum ich üch zum höchsten dancken und one underlaß den herrnn bitt, er welle es üch und der gantzen loblichen statt Zürich wol vergelten.
Wissend, lieber herr, das ich ein grossen, schwären kummer ghan han a von Abrahamen 3 wegen, wie er dann 4 on zwifel durch bösy gsellschafft also
Briefe_Vol_15_449 | arpa |
---|
abgfürt ist worden 5 und also in etwas hochmut, stöltzy und unghorsamy kommen, üwer und anderer frommen gotzglerten und getrüwen herrnn und güten gunneren warnungen übersehen 6 und nit ermessen noch verstanden, wo hin es langty 7 unnd was üch, im und unß allen, ja dem gantzen handel gottes dran gelegen wäre, 8 als ers aber jetz 9 zum teil erkent und je lenger je bas 10 mercken und verston wirt. Und wie ich by üch was 11 und alles hort und verstünd, vermeint ich, nüt besser sin dann inn mit mir heim ze nemmen und mm hand nit gar von im thun 12 , damit es nit böser wurde. Wie ich dann by üch in radt fand, also hab ich sbest 13 thun, wie ein vatter, mit leeren, vermanen, straaffen unnd allem, so ich vermeint han 14 zur sach fugklich 15 und nützlich sin mit studieren, etwan mit wärcken, wie ein anderer puren knecht, mit schlechtem 16 trincken und essen, das er sich vil demütiget hatt und in ein ghorsamy ergeben, das ich gott drum dancken und in guter hoffnunng bin, es werde nun hinfür alles zu gutem dienen.
Er bette gern noch etwas zyt zu Zürich gestudiert; aber ich bette es diser thürung 17 nit vermögen. Also hat gott gefügt, das herr Ludwig 18 , predicant
Briefe_Vol_15_450 | arpa |
---|
zu Herysow gsin, wie jr wissend, abzogen ist und zu der kuchen genampt Sulga (ligt in der landtvogty Frowenfeld)19 berüft worden. Also habend die ersamen houptman 20 , rädt und gantze gmeind Herysow mich und Abrahamen gebetten, 21 inen behuiffen und beraten ze sin ein predig, zwo, dry, fier, etc., dann wyter lugen und handlen, was gott gfellig ist. Uff solichs hat sy Abraham versehen 22 und b ich mit im, mit radt, gunst und willen unsers geliepten herrnn doctors Vadiani; daran die gantz gmeind ein gilt gfallen ghan und inn gar zu irem pfarrer und kilchen diener angenommen, wiewol andere, elteren 23 und vilicht gschickter und glerter, inen ouch anzeigt worden sind. Und also wil ich mit gotz huss ouch sbest tun, was ich kan und vermag; dann die kilch Hundwyl, da ich bin, und das Herisow ligt nach by einanderen, ongfarlich ein stund, etc. Hab mir das alein vorbehalten, das ich vorhin üwers radts begeren und alweg 24 mit üwerm gunst und willen handlen will; dann all unser zuflucht in allen dingen zu üch, unseren geliepten herrnn und vättern allweg ist. Hierum bitt ich üch umb gottes eer willen, yr wellind unß wyter sbest thun, helfen und raaten, wie yr alweg gethan hand. Ich hoff zu gott, es werde zu vil gutem in unserm land Appenzell erschiessen 25 .
Wyr wellend ouch mit gotz huss flissig studieren, wachen und gut sorg han; dann der falsch prophet, der fräfel münck 26 , genant frater Iacobus Stössel 27 , jetz pfarrer zu Appenzell, je lenger je unverschampter und unbescheidener
Briefe_Vol_15_451 | arpa |
---|
ist. ||114v. Er hatt ouch nit gnug, sin kuchen ze verfuren, sunder hat jetz kurtzlich practiciert 28 mit den bäpstleren, in grossem heiligem schin ein predig oder zwo in Herysow ze thun, nüt dann gottes worte zu rum, frid und einigkeit, etc. d Es ist fürbracht worden, darum geradtschlaget, aber, gottlob, nit über 20 händ in der gantzen gmeind ghan. Frustra expansum est rete ante alatas ayes. 29 Es ist jetz 9. augusti grossy kylwy 30 °gsin von frömbden und heimschen. Do han ich inen das göttlich wort verkündt, sy ernstlich und trüwlich gebetten unnd vermant zu göttlichem wort, frid und einigkeit, ouch vor denen falschen propheten, die sy an iren früchten wol erkennend, 31 gewarnet, und ist also jetzmal gilt fryd und ruw in allen unseren kilchen.
Zuletst pit ich üch, lieber herr und bruder, lond 32 mich sampt dem Abrahamen und Lucassen 33 üch alweg befolen sin alles umb gottes eer und worts, ouch siner heiligen kuchen wolstands willen, und was üwer will und meinung syge unsertthalb mit Herysow und allen dingen, lond Abrahamen muntlich und mich gschriftlich 34 wissen umb gotz willen, damit wyr alweg zu gottes eer und üwerem willen handlind.
Damit gottes gnad allzit wol befolen. Datum zu Hundwyl in Appenzell, 16. augusti 1545.
Uwer ghorsamer, williger
Walther Clarer.
[Adresse darunter:] An m. Heinrichen Bullinger, sinen geliepten herrnn und bruder.