Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2379]

Oswald Myconius an
Bullinger
Basel,
14. März 1546

Autograph: Zürich StA, E II 336a, 228 (neu: 246)(Siegelspur) Ungedruckt

Bullingers Mitteilungen [in Nr. 2375] aus [Briefen]anderer waren Myconius willkommen. Er kann aber nicht glauben, dass das Konzil die Macht hätte, die Kolloquenten [aus Regensburg] vorzuladen. Zweifelhaft ist auch die Meldung über Luthers Tod, weil diese von den Päpstlichen schon lange verbreitet wird. Allerdings ist Luther schon alt. Das Wüten des Kaisers [Karl V.] ist nichts Neues. Erschreckend ist dessen Hartherzigkeit, die nicht geringer ist als die des Pharao. Doch angesichts seiner bösen [Berater] ist sie nicht überraschend. Als Myconius vor kurzem einen Niederländer [...]fragte, ob der Kaiser ein Heer mit sich führe, bekam er zur Antwort: Nein, nur Pfaffen und Mönche. Myconius wundert sich, dass die Fürsten und Städte nichts unternehmen, um den doch bekannten Plänen [Karls V.] zuvorzukommen, obwohl sie es könnten und der Kaiser in ihrer Hand ist. Hätte Myconius einen Hausdiener, der ihm droht, hinge es doch allein von ihm ab, diesen daran zu hindern, tätlich zu werden! Stände er in Kontakt mit [einflussreichen] Personen in Schwaben und Niederdeutschland, würde er versuchen, diese zum Schutz der Christenheit zu bewegen. Bullinger,

a Klammern ergänzt.
des vorliegenden Briefes). [80a] (Klosterplan mit Lage des Pfarrhauses).
57 beschlossen.
58 Jakob Kumber (Kummer), gest. 1551. Kumber war 1543 (und auch 1546) Rechenherr; s. Fabian, Räte 521.
59 Jakob Funck, Rechenherr und Schultheiß im Jahr 1543; s. Fabian, Räte 513.
60 unterblieb.
61 Die in der Klammer erörterte Geisteshaltung.
62 gehen fehl.


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der Kontakte zu einflussreichen Schwaben hat, wird aber schon wissen, was er zu tun hat. Zu den Mitteilungen in Bullingers Brief: Die Pläne [Karis V.] müssen bekannt gemacht werden. Deshalb teilte Myconius sie Bernhard Meyer [zum Pfeil] mit. Er nannte dabei keine Namen, und zwar nicht nur Bullingers Wunsch entsprechend, sondern auch, weil Meyer sich sonst wundern würde, warum die Zürcher oder der Bürgermeister [Vadian] dies [ihm] nicht [direkt]selbst gemeldet haben. Über die Verhandlungen in Cambrai konnte Bernhard [Meyer] nichts Neues berichten. Vermutlich sind [die Gesandten] noch nicht abgereist. Henmann Offenburg erzählte, dass der französische [König Franz I.]zwei Heere entsandt hätte, das eine gegen den englischen [König Heinrich VIII.], das andere in das Piemont. Dies behauptet auch der neue Basler Oberzunftmeister [Blasius Schölli]. Den todkranken [Ludwig] von Reischach kann man leider nicht darüber befragen. Herzog [August] von Sachsen und [Herzog]Franz von [Braunschweig]-Lüneburg kamen am 31. Januar nach Augsburg, möglicherweise aus einem heimlichen Grund. In Basel möchte man gern mehr über den in Rottweil erschienenen Teufel und über das Unwetter in Radolfzell am Untersee erfahren. Falls Bullinger Sicheres weiß, möge er es mitteilen.

S. Quae scripsisti ex aliis atque aliis, 1 mirum est, quam mihi fuerint grata, tametsi quaedam sunt, quibus non prorsus adsentio, quale est de citatis colloquutoribus ad concilium. 2 Nam neque huius est citare neque illorum obtemperare. Quamvis interim non nesciam Tridentinis esse potestatem vel in deum. 3

De Lutheri obitu aeque dubium est, 4 quod is a papistis longe ante et praecognitus et pronunciatus fuisset, 5 etiamsi interim non contendam, homo est et quidem senex.

Quae significata sunt de caesaris 6 furore, 7 ut non sunt nova, nisi quae speciatim indicasti, ita horrui, quod mala mens tanti fastigii non mutatur, etiam postquam manus domini toties virum tetigit. Non minus Pharaone 8 videtur induratus; quod tamen vel ideo non mirandum, quod conflictatur iugiter cum ingeniis longe pestilentissimis 9 . Venit nuperrime quidam 10 ex Germania Inferiore; quem cum rogarem, num caesar haberet milites secum, respondit: "Neminem nisi pfaffos et monachos." Miror autem, qui fiat, ut, postquam malum eius propositum 11 sciatur, quare neque principes neque civitates praevenire tentent, cum res sit in manu ipsorum, imo ipse imperator. Equidem habeo domesticum, esto, qui mihi minatur; qui fieret, ut minae eius, modo vellem, non venirent in caput eius? Si mihi cum Suevis seu Inferioris Germaniae doctis et prudentibus viris esset aliquid consuetudinis, tentarem, que viderentur in rem fore reipublice christiane; quid tibi sit, meo iudicio, faciendum, qui habes Svevos 12 in potestate veluti, divinato.

1 Siehe Nr. 2375,25—59.
2 Die Vorladung der Kolloquenten vom Zweiten Regensburger Religionsgespräch an das Konzil von Trient; s. Nr. 2375,38f.
3 Ironisch.
4 Vgl. Nr. 2375,29—31.
5 Vgl. HBBW XV 370,28f. 380 und Anm. 9.
6 Karl V.
7 Siehe Nr. 2375,4—8. 32—34. 47—59.
8 Vgl. Ex 5—14.
9 Vgl. Nr. 2372,14f; Nr. 2376,62f.
10 Unbekannt.
11 Der Kriegsplan des Kaisers.
12 Myconius denkt z.B. an den Altbürgermeister Thomas Blarer aus Konstanz, an Altbürgermeister Hans Welser aus Augsburg


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Quid ex tuis 13 egerim, breviter dicam: Cesaris consilia mihi videntur non dissimulanda. Ostendi ergo, quae indicasti, domino Bernhardo Meyero 14 et authoris 15 et scriptoris 16 nomine suppresso et rogavi, eis utatur ad commodum reipublicae Christianae. Ille, sic promittens se facturum, digressus est. Arbitror me egisse neque contra te neque contra d. Vadianum. Indicassem authorem, nisi tu prohibuisses 17 et nisi fuissem veritus, ne cogitasset ille 18 , quid vel Tigurini vel consul 19 ista non potius ad nos?

De Cameracensi conventu 20 idem Bernhardus dixit, sed nihil ad rem. Puto nondum digressos. Ab Hemmanno Offenburgensi 21 dictum ad me intellexisse se Gallum 22 exercitus duos iampridem paratos dimisisse, alterum contra Anglum 23 , alterum trans Alpes in Pedemontem. 24 Adseruit idem tribunus novus 25 , at mihi non fit verisimile. Dominus de Rischach 26 decumbit letaliter; nihil igitur ex eo cognoscere potui.

Dux Saxo 27 et Franciscus Lynenburgensis 28 venerunt pridie kalendas februarii Augustam urbis visendae gratia. 29 Minim, si nihil aliud fuit illis negocii.

Miramur nos hic de daemonio Rotwilensi, 30 item de nube caliginosa ignem tandem expuente supra Cellam Laci Inferioris 31 . Si quid habes certi, significato. und an den Augsburger Stadtschreiber Georg Frölich, der in Kontakt mit Philipp von Hessen stand.

13 Nr. 2375.
14 Bernhard Meyer (Meiger) zum Pfeil, einer der führenden Basler Außenpolitiker und Bruder des damals amtierenden Basler Bürgermeisters Adelberg Meyer.
15 Vadian, von dem die Angaben zu den Plänen des Kaisers stammen; s. Nr. 2375,47—59.
16 Bullinger, der die Angaben Vadians nach Basel übermittelte.
17 Vgl. Nr. 2375,60f.
18 Bernhard Meyer.
19 Vadian.
20 Zum erfolglosen Treffen der Gesandten von Karl V. und Franz I. in Cambrai sowie zu Bullingers Bitte um nähere Informationen s. Nr. 2375,18f.
21 Junker Henmann Offenburg, gest. am 25. März 1559 in Liestal. 1546 amtete er als Landvogt auf der Farnsburg (Kt. Baselland); s. AK VI 251, Anm. 4.
22 König Franz I.
23 König Heinrich VIII.
24 Vgl. Nr. 2383,26f.
25 Der am Johannistag 1545 neu gewählte Oberstzunftmeister Blasius Schölli; s. Gast, Tagebuch 222f mit Anm. 11. —Wir
danken Herrn Rainer Henrich für diesen Hinweis.
26 Ludwig von Reischach starb am 9. Juni 1564; s. AK IV 343, Anm. 2.
27 Herzog August von Sachsen.
28 Herzog Franz von Braunschweig-Lüneburg-Gifhorn.
29 Die beiden Herzöge waren bereits am 21. Januar 1546 in Augsburg eingetroffen; s. Gereon Sailer an Philipp von Hessen, 23. Januar 1546 (Lenz III 389).
30 Siehe dazu Johann Ulrich Steinhofer, Ehre des Herzogtums Wirtenberg in seinen durchlauchtigsten Regenten oder Neue Wirtenbergische Chronik, Tübingen 1744, S. 313 (unter 1546): "Als zu Rotweil die evangelische Lehre von einigen hart angefochten wurde, und viele, welche sagten, sie wollten allein durch den Glauben an Christum selig werden, von dannen mit Verlassung ihrer Güter wegzogen; sahe man den Teufel zu grossem Schrecken der Einwohner durch die Stadt gehen." Siehe ferner Rhenanus BW 550; Winfried Hecht, Rottweil, 1529—1643. Von der konfessionellen Spaltung zur Katastrophe im 30jährigen Krieg, Rottweil 2002, S. 24. —Das hier bezeugte Interesse an Rottweil lässt sich insofern erklären, als Myconius wie viele andere,


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Vale cum tuis in domino. Basileae, 14. martii anno 1546.

Tuus Os. Myco.

[Adresse auf der Rückseite:] D. Heinricho Bullingero, Tigurinorum episcopo doctissimo vigilantissimoque, domino in Christo venerando suo.