Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2472]

[Georg Frölich]
an Bullinger
[Augsburg],
25. Juni 1546

Autograph: Zürich StA, E II 345, 344 (Siegel) Ungedruckt

Frölich empfing vom [Augsburger] Boten [...]Bullingers Brief [Nr. 2464] vom 18. Juni [mit dem Nachtrag] vom 19. [nicht erhalten]. [Er wird Bullingers Ratschlag dem Augsburger Rat mitteilen], ohne Bullinger zu erwähnen. Trotz der Behauptung Kaiser [Karls V.], dass die Rüstungen weder gegen die [Evangelischen] noch gegen Augsburg gerichtet seien, kann es jederzeit zum Überfall kommen. Den [Kaiserlichen] ist nicht zu trauen! Die Gesandten des Herzogs [Ulrich] von Württemberg und der evangelischen Städte Oberdeutschlands beraten in Ulm über Verteidigungsmaßnahmen. Die Augsburger rüsten. Sie hoffen, bald so viele Kriegsknechte zu haben wie die Gegenseite. Man muss aber stets mit der menschlichen Unzuverlässigkeit rechnen. Daher sollen die Zürcher für sie beten und ihnen nach Möglichkeit helfen. Beiliegend ein Schreiben [des Augsburger Rates] an die Zürcher Obrigkeit mit einer genauen Lagebeschreibung. Frölich hatte Bullinger, [Rudolf] Gwalther, [Konrad] Gessner und einigen Konstanzer Ratsherren ausführliche Briefe geschrieben, die um den 10. Juni in Lindau eingetroffen sein müssten. Es hätte schlimme Folgen für ihn, falls diese Missiven den Gegnern in die Hände gefallen wären. Da die [Kaiserlichen] auch nicht besonders viele Truppen haben, wäre den Augsburgern eine [finanzielle] Unterstützung [für die Anwerbung von Söldnern]hilfreich. Gruße. Die Zürcher sollen beten, dass der Konflikt ohne Blutvergießen ausgetragen wird.

Die gnad unnd sterckung gottis mit unns allen. Amen. Furgelibtister, lieber herr unnd bruder, ich hab eur 2 schryben, am dato 18. und 19. lautend, 1 bei unnserm lauffer 2 zu höchstem dannckh vernumen 3 . Ir sollend unvermeldt 4 pleiben unnd verhoffe guts dardurch zu schaffen.

a Hier und unten Textverlust durch Entfernung des Verschlussbandes.
b Die Adresse wurde in einer verstellten Handschrift abgefasst
33 Thomas Blarer.
34 Konrad Zwick. 35 Vgl. Johannes Hallers Schilderung in Nr. 2462,25f.
1 Brief Nr. 2464 vom 18. Juni, dem wohl
eine nicht erhaltene Nachschrift vom 19. Juni beigelegt war.
2 Unbekannt; s. Nr. 2473, Anm. 2.
3 entgegengenommen.
4 unerwähnt. — Das war Bullingers Wunsch; s. Nr. 2464,45f.


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Die sachen steen noch allso, das wir unns täglichs überfals besorgen, dann wir sind mit musterplatzung und russtung umbgeben, 5 wiewol unns die kayserliche majestät 6 gnediglich zuschrybt 7 und hoch verspricht, das es nit von wegen der religion noch wider unns geldten soll. Considerantibus autem Grecorum fidem 8 et retroacta gesta nostri etiam seculi nulla inde fides concipitur.

Des hertzogen von Wirtemberg 9 unnd der oberlendischen evangelischen stett botten syen zw Ulme besamen, 10 halten sich stiff 11 unnd trachten zur gegenwörhe 12 . Desglichen thun wir, dise stat, so vil wir immer konnend (dann es manglet schynbarlich am volkh) fursehen; verhoffen, wir wöllend inn kurtz 13 so starckh werden, als der gegenthail yetzund ist. Aber synnd ye durch die untrue uberylt 14 . Darumb werdt ir gott, unnsern vatter, bitten unnd menschlich auch helffen (was euch gott verleiht) a , dann 15 unns ye diser lasst von der ere gottis wege, die wir furnemlich suchen, 16 ufferlegt wurdt.

Eum herrn wurdt wider hiemit 17 gedanckht unnd aller sachen nach lenngs 18 bericht zugeschrybn unnd gar kain gehaimbd verporgen. Versieh mich 19 , sie unnd alle erbere hertzen sollen diesen erschröcklichen verreterlichen der pfaffen vorhaben zuwider sein, unnd retten 20 , damit wir nit under des sathans reich getrungen werden.

Ich hab euch, 21 herrn Gvalthero, Geßnero unnd ettlichen herrn von Costantz 22 von hie uß lannge brieff unnd viel notwendiger ding zugeschryben, unnd sind die brieff uff 10. iunii ungefärlich 23 gen Lynndau kumen. Unnd da 24 sie sollten uffprochen unnd den widerwertigen 25 inn die hennde werden, wurd es mir viel geldten 26 . Gott gebe ain bessers.

a Klammern ergänzt.
5 Siehe Nr. 2462 und Anm. 6.
6 Karl V.
7 Am 17. Juni 1546. Der Brief wurde am 21. Juni in Augsburg vorgetragen; s. Nr. 2466 und Anm. 4; Nr. 2473 und Anm. 6.
8 Adagia 1, 8, 27 (ASD II/2 248-250, Nr. 727).
9 Ulrich von Württemberg.
10 Zu dieser Tagung der oberländischen Städte s. Nr. 2471, Anm. 14. 11 tapfer.
12 Gegenwehr. 13 immer.
14 überrascht. — Angesprochen ist die menschliche Unzuverlässigkeit mit möglicher Anspielung auf Röm 7. 19.
15 weil.
16 Vgl. I Kur 10, 31.
17 Gemeint ist das an den Zürcher Rat gerichtete Schreiben des Augsburger Rates vom 26. Juni 1546; s. Nr. 2467, Anm. 3.
18 nach lenngs: ausführlich.
19 Versieh mich: Ich erwarte, dass.
20 Abhilfe schaffen.
21 Frölich meint damit seinen Brief Nr. 2453 vom 3. Juni. Aus Bullingers Brief Nr. 2464 vom 18./19. Juni, den Frölich erhalten hatte (s. oben Anm. 1), erfuhr er nämlich, dass sein Schreiben vom 3. Juni nicht eingetroffen war; s. Nr. 2464,1-3. Erst zwischen dem 19. und dem 22. Juni traf es in Zürich ein; s. Nr. 2458, Anm. 2.
22 Das Schreiben an Konstanz ist in Nr. 2458,11, bezeugt.
23 etwa. — Die Briefe waren jedoch bereits am 5. Juni in Konstanz angekommen; s. Nr. 2458,1. Zur Verzögerung kam es bei der Übermittlung von Konstanz nach Zürich; s. oben Anm. 21.
24 falls.
25 den Feinden.
26 mir viel geldten: mich viel kosten.


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Es manglet dem widertail auch an volkh; darumb unns ain furderliche hilff umb zimliche 27 besoldung im anfang der sachen viel erschiessen 28 möcht.

Grüesst mir alle liebe herrn unnd brüeff 29 mit ermanung, das sie gott bitten wöllend, damit diser schwer handl zu seinen gotlicher eren unnd zu unnserm heil on plutvergiessen ußgefurt werde.

Datum ylend, 25. iunii 1546.

Ir kennt mich wol. 30

[Adresse auf der Rückseite:] Herrn Hennrichen Bullinger, vorgeer 31 im wort gottis zu Zurich, etc., zu hannden. Zurch. 32