[230]
Autograph: Zürich StA, E II 441, 49. Siegelspur. -Ungedruckt
Der Pfarrer von Tegerfelden, [Johannes Winzürn], mußte seine Stelle verlassen. Rümeli befürchtet, ihm
selbst werde es auch so gehen, da die Katholiken bereits gegen ihn wirksam geworden sind. Die Reformierten
werden zur Messe gedrängt und leiden unter den hohen Abgaben an die Chorherren. Bitte um
Rat und Hilfe.Briefe_Vol_03_0136 arpa
Sciencie dei accessionem precor tibi.
Lieber Meister Heinrich. Ir hand wol verstanden, wie es minem mitbruder 3 von Tägerfeld gangen ist, der hat doch zeletzsten ouch mit grossem leid mussen von sinen schaffen wichen 4 , wie wol, als ich von den gutwilligen vernim, sy ein groß truren ab sinem abscheid hand empfangen, dan sy in ungern von inen lassen, diewil sy mögen erkennen, söllichs mer us ufsatz 5 dan uß beschulden geschehen sin. Also oder vil ärgers möcht es mir ubernacht ouch begegnen, dan ich schon zum teil durch etlich guthertzig die practick uber mich gemacht 6 han verstanden, das mir 3 artickel schon sind ufzeichnet, under denen einer ist, ich hab geredt, got sy nit mer by uns liplich uf erden, so doch ich die wort act. 1 [11], von engel geredt, von der menscheit Christi nach vermögen des gloubens usgelegt hab, mit gegensatz anderer geschriften im Joh. 14. 16. 17 7 . etc. Nun wist ir wol, das unser verantwurten 8 nüt gilt, sonder der geistlichen schriben 9 etc. Es drengt 10 mich ouch, lieber Meister Heinrich, das ich muß sehen und on alle widerred dulden, das vil der unseren schwachen durch irrige, ungegrundte leer und tröwung der zitlichen straff von unserem widersecher ouch von der oberkeit am meisten abgewisen werden zu der meß, das inen doch in irem hertzen, als si sagen, ein grewel ist. Und zum dritten ist es minen underthonen 11 ein grosse beschwärd, das sy so vil guts, als sy es schetzen den dritteil irer güteren, müssen den korherren 12 gen, und aber ein predicanten selbs ouch müssen spisen 13 , dan ich hab mich die zit müssen liden 14 mit essen und trincken, das ich nach anzeignung der gschriften a 15 min friheit 16 nit gebrucht hab 17 . Bin zehuß gsin 18 , das aber minen handel gar übel fügt 19 , wie ir selbs wol mögen ermessen. Uf sollichs alles ist min pit an üch, ir welt min not und antigen selbs baß ermessen und von herr B Hansen 20 , minem mitbruder, erkunden 21 , mir hilflich und rädtlich sin, damit ich von minen gnädigen
Briefe_Vol_03_0137 | arpa |
---|
herren 22 bedacht werde, ob ich müste oder möchte da beliben, das mir doch auch min zimliche notturft von den korherren, ouch besserung 23 geben wurde. Aber ich trag grosse sorg, ich mög noch künde nit da bliben, so überschwencklich groß ist der uffsatz der widersächeren und finden Christi. Lieber Meister Heinrich, ich pit üch, ir welt mir wider schriben, wie ich mich in söllichen grössen gefarlicheiten halten söl.
Läb in üch Christus 24 .
Datum Zurzach, 1. iunii.
Petrus Rimelin.
[Adresse auf der Rückseite:]Dem erwürdigen, frummen M. Heinrich Bullinger, minem lieben herren und vatter.