Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Jodocus Kilchmeyer an
Bullinger
Küsnacht,
3. Juni 1533

Autograph: Zürich StA, E II 343, 25. Siegelspur Übersetzung: Willy Brändly, Melchior Tilman von Luzern, der erste evangelische Pfarrer von Jenaz im Prätigau, in: Zwa VII 441f

Erhielt den Besuch von Melchior Tilman, der bat, ihm bei der Suche nach einer neuen Pfarrstelle zu helfen und in dieser Angelegenheit an Bullinger zu gelangen. Er lobt die Fähigkeiten Tilmans.

Rümelis und wurde auch später von diesem um Fürsprache bei Bullinger gebeten (20. Juni [1533], Zürich StA, E II 441, 48).
22 die Regierung von Zürich.
23 Entschädigung (SI IV 1679).
24 Vgl. Gal 2, 20.
1 Jodocus (Jost) Kilchmeyer, gest. 1552, aus Luzern, studierte 1509 in Basel, 1511/12 in Wien, wo Vadian sein Lehrer war, wurde dann Leutpriester in Ruswil (Kt. Luzern) und 1519 Chorherr an St. Leodegar im Hof zu Luzern. Im Sommer 1521 besuchte er Zwingli, auf den er einen guten Eindruck machte. Im folgenden Jahr unterschrieb er die Bittschrift an den Bischof von Konstanz wegen der Priesterehe (Z I 189-209), heiratete heimlich und mußte schließlich 1524 Luzern verlassen. 1529 bestätigte er seine Ehe am Großmünster in Zürich. Damals war Kilchmeyer Pfarrer in Mels (Kt. St. Gallen), wo er den Drohungen der Katholiken so ausgesetzt war, daß er nach Zürich floh. Als Pfarrer nach Rapperswil verordnet, setzte er dort im Sommer 1531 die Reformation durch, mußte aber nach der Schlacht von Kappel weichen. Noch im selben Jahr wurde
er Pfarrer in Küsnacht (Kt. Zürich). 1546 wählte ihn der Rat von Bern gegen den Willen des zum Luthertum neigenden Simon Sulzer als Nachfolger von Erasmus Ritter ans Münster. Von 1547 bis zu seinem Tod war Kilchmeyer Dekan. Wo und wann Kilchmeyer Bullinger kennenlernte, bleibt ungewiß. Mehrere seiner Briefe an den Antistes aus dem Beginn der Amtszeit als Dekan in Bern sind erhalten. -Lit.: ASchweizerRef II und III, Reg.; EA IV/1b 75 f. 545. 1392 k.; HBRG I 80. II 400f. III 258-261; Blarer BW II 515. 547; Vadian BW I und III, Reg.; Hundeshagen 197-199. 204. 208. 226. 228. 277; Z VII 556, Anm. 1 und Reg.; Willy Brändly, Geschichte des Protestantismus in Stadt und Land Luzern. - Luzern, Geschichte und Kultur, eine Monographienreihe, hg. v. Josef Schmid, II. Staats- und Kirchengeschichte, Band 4, Luzern 1956, passim; Josef Sidler, Die Bildungsverhältnisse im Kanton Luzern mit besonderer Berücksichtigung des Klerus. Von ca. 1250 bis um 1530. -Gfr, Beiheft 13, 1970, 124-126. 204f; Pfarrerbuch 382; Basel, Matrikel I 297; Wien, Matrikel II 377 (hier «Kuchlmair»); HBLS IV 491.


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S. Venit ad me superiore die Melchior Tyllman 2 Lucernanus, nocior fortasse tibi 3 , quam mea egeat interpretatione, deferens, que illi nuper evangelii gratia accidere 4 , ubi inter caetera hoc unum conatus est, si quo modo possem, ad aliud illi sacerdocium adiumento sim ac coram te, qui iuste plurimum vales, intercedam. Verum aliud iam ab alio audio, nempe iactasse hominem apud nostros se electum et in Kußnacht 5 propediem collocandum. Quod citra stuporem non recipio, maxime quia huius in facie mea ne verbo quidem fecerit mentionem. Quare si ita est, facile admitto. Si secus, obsecro Lucernam ita haberi rationem, ut tamen presentium lator 6 sentiat se haud negligi, qui mihi plane multis videtur anteponendus. Caeterum poenes te sit ac reliquos, quorum est autoritas ista, iudicium. Hoc unum oro: Quando ego pluresque mihi similes non admodum doctrina clari ac potentes ministri sepe eligimur, et illum magis recipias foveasque, qui per biennium mihi a7 a 7 , parrochianis vero decennium et notus ac probatus est, respiciendo tam inopiam quam eius vite honestatem etc.

Vale.

Ex Kußnacht, 3. iunii 1533.

Iodocus Kilchmeyer,

tuus ex animo.

[Adresse auf der Rückseite:] Doctissimo viro domino Heinricho Bullingero, episcopo Tigurino, suo domino et fratri observandissimo.