Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2703]

Nikolaus Pfister
an Bullinger
Bern,
4. Dezember [1546]

Autograph: Zürich StA, E II 359, 3038 (Siegelspur) Ungedruckt

[1] Bullinger wird wohl über die Lage in Bern und besonders hinsichtlich der lutherisch gesinnten Partei informiert sein. Als Beweis für die Anstrengungen des Berner Rates gegen diese Fraktion übersendet Pfister das beiliegende Mandat. Es mag geringfügig erscheinen, ist aber sehr wichtig. Die Berner Pfarrer konnten die lutherische Lehre verbreiten, indem sie Prediger anstellten, ohne diese in Bezug auf ihren Glauben richtig examinieren zu lassen, weil sie über deren lutherische Neigung Vermutungen hegten oder gar sicher waren. [2] Es gibt nichts Weiteres zu berichten, zumal Jodocus [Kilchmeyer] Pfister stets im Schreiben zuvorkommt. Gruß.

Nicolaus Artopoeus Heinrycho Bullingero, viro undecunque doctissimo, S. D. Quomodo valeamus quidve agamus, candidissime vir, precipue quod ad Lutheranam factionem 2 attinet, arbitror te minime latere. Tamen, ut etiam poenitius intellegas studium honestissimi nostri senatus in opprimenda Luterana secta, volui hoc mandatum ad te dare; quod, quamvis pro nihilo reputari queat, est tamen perutile ad id, quod conamur. Nam ecclesiae nostre pastores ea ratione multum propagarunt Lutheri dogmata, quod absque exacto examine contionatum miserunt (imo sine examine omnino) a , quos putarunt sive sciverunt Luterana doctrina esse imbutos. 3 Tu, scio, mecum senties.

c Textverlust bei Entfernung des Verschlussbandes.
a Klammern ergänzt.
1 Das Jahr geht aus unten Anm. 3 und aus unten Z. 12 hervor. —Vorliegender Brief ist Pfisters erster in Bern geschriebener Brief an Bullinger. Pfister war 1546 als Schullehrer nach Bern berufen worden.
2 Die bucerisch-lutherische Partei in Bern, angeführt von den Pfarrern Simon Sulzer und Beat Gering.
3 Wohl kaum eine Anspielung auf den am 25. Mai 1546 auf Beschluss des Großen Rates (s. Hundeshagen 199) angelegten
Berner Prädikantenrodel (Bern StA, B III 21), dem folgender Text vorausgeht: "Uff zinstag 25. maii habennd min gnedigen herren in gesäßnem rhat geratenn unnd geordnet und hinfür ze hallten angesächen, das sy keinen predicanten, diaconum, professorem, schulmeyster, lectorem, etc., annemmen noch bestellen wellennd, er underschrybe sich dann hie gehalltner disputation." Vielmehr wird hier das Ausweisungsmandat gemeint


Briefe_Vol_18-370arpa

Vale, vir optime, et da importunitati mee veniam. Nihil aliud habeo scriptione dignum. D. Iodocus 4 mihi semper argumenta mea praeripit. Collegas tuos rogo pro me salutes.

Bernae, 4. decembris.

[Ohne Unterschrift.]

[Adresse auf der Rückseite:] Heinrycho Bullingero, viro et docto et pure christianae fidei assertori ferventi amicoque suo percharo.