Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2714]

Joachim Vadian
an Bullinger
St. Gallen,
11. Dezember 1546

Abschrift von Johann Rudolf Stumpf: Zürich StA, E II 351, 34v.-35r.

Druck: Vadian BW VI 586, Nr. 1511

[1] Wie Vadian kürzlich [mit einem nicht erhaltenen Brief]ankündigte, schrieb er an [Martin] Frecht, damit dieser seine Ulmer um ihres Seelenheils willen anhalte, sich denjenigen zu widersetzen, durch die das [traurig] berühmte Bündnis zustande gekommen ist. 1 Frecht antwortete ganz freundlich und treffend 2 und gab Vadian die Erlaubnis, den Brief auch an Bullinger zur Information weiterzuleiten. Dieser soll das Schreiben zurückschicken, nachdem er es gelesen hat. [2]Es wird immer wieder berichtet, dass sich Kaiser [Karl V.]beim Zusammentragen des Goldes und beim Planen der künftigen Ausgaben besorgt zeigt und gar nicht weiß, wo er im künftigen Frühling den Krieg wieder aufnehmen wird, wobei man vermutet, dass die von ihm hier und da angeworbenen Truppen an mehreren Orten angreifen werden. Gott breche ihm den Mut und belehre ihn eines Besseren oder werfe ihn in die feurige Höhle des [Giganten] Enkelados! Alles liegt in Gottes Hand. Doch muss schnell und effizient gehandelt werden, damit Deutschland nicht um seine Freiheiten gebracht wird. Wüsste Bullinger Belangvolles zu berichten, soll er dies tun. [3]Das vor kurzem erschienene Buch Gwalthers über den Antichristen wird überall gekauft! 3 [Christoph] Froschauer soll auch ein Exemplar davon schicken. Froschauer sei ferner gedankt für das kürzlich erhaltene dritte Buch von [Johannes Stumpfs Eidgenössischer] Chronik 4 Was für ein prächtiges und umfangreiches Werk, das Stumpf viel Arbeit und das Nachschlagen vieler Quellen abverlangt haben wird! -[4]Gruß.

1 Zu diesem Zeitpunkt war es noch nicht zu solch einem Bündnis mit dem Kaiser gekommen, doch bemühten sich seit Mitte November der Augsburger Geschäftsmann Hans Baumgartner und dessen Sohn David, der Ulmer Bürgermeister Georg Besserer und der Ulmer Ratsherr und Weinhändler Erasmus Rauchschnabel d.Ä, (die dazu durch den gebürtigen Ulmer Georg Gienger, Landvogt von Regensburg, veranlasst worden waren) darum und verhandelten deswegen in Lauingen und in Nördlingen mit Nicolas Perrenot, Herrn von Granvelle. Ende November forderte aber Granvelle von den Ulmern, dass sie u.a. ihre Religion aufgaben und wieder die Orden, Kirchen und Gotteshäuser wie vor der Reformation einrichteten, was auf allen Seiten für Empörung sorgte; s. Carl Theodor Keim, Die Reformation der Reichsstadt Ulm.
Ein Beitrag zur schwäbischen und deutschen Reformationsgeschichte, Stuttgart 1851, S. 375-380; Nr. 2712, Anm. 9.
2 Mit einem Brief vom 7. Dezember (Vadian BW VI 584f, Nr. 1510).
3 Es kann sich dabei nur um die deutsche Fassung des "Endtchrist" handeln, da die Widmung der lateinischen Fassung dieses Werkes erst vom 12. Dezember datiert; s. HBBW XVII 400, Anm. 7.
4 Das dritte Buch ist Frankreich gewidmet und beansprucht die Blätter 97 bis 258 der im Spätherbst 1547 vollendeten Erstausgabe (von der einige Exemplare auf dem Titelblatt das Jahr 1548 anführen). Das Werk ist mit zahlreichen Holzschnitten versehen, die vom Maler Heinrich Vogtherr entworfen wurden; s. BZD C376. C396: Frank Muller, Heinrich Vogtherr l'Ancien. Un artiste entre Renaissance et Réforme, Wiesbaden 1997.