Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2737]

Bullinger
an Ambrosius Blarer
[Zürich],
2. Januar 1547

Autograph: St. Gallen Kantonsbibliothek (Vadiana), Ms 35 (VBS VI), 217r. (Siegel) Teildruck: Blarer BW II 558, Nr. 1389

[1]In Eile. Die Sache [von Konstanz] steht gut. Die Konstanzer sollen nur tapfer sein! in acht Tagen wird eine Tagsatzung zu Baden stattfinden. Inzwischen verhandeln die Zürcher mit den drei [protestantischen] Orten. Sobald Georg [Müller vom Treffen mit Konrad Zwick]zurückgekehrt ist, wird man über das weitere Vorgehen beraten. Alle zeigen sich entschlossen. Man soll jedoch auf Gott und nicht auf den Menschen vertrauen und sich dem Kreuze unterstellen, komme Sieg oder Niederlage. Man flehe zu Gott! [2] In Bern steht es sehr gut. Die Berner wollen den [Abendmahls]streit abstellen und sind erneut einer Meinung mit den Zürchern. Sie halten sich an ihre Disputation [von 1528] und verweisen des Landes, wer dies nicht tut. [3]Bullinger wünscht Informationen zur Lage in Augsburg. [4][P.S.:]Heute, zwei Stunden vor Tagesanbruch, hielt man eine Ratssitzung ab.

S. In grosser yl. Die sach stat wol. 1 Sind nun manlich 2 und trostlich! Gott wirt uns nitt lassen! Von hüt über 8 tag wirt ein gemeiner tag gen Baden 3 . Mittler zyt handlend min herren mitt den 3 orten 4 besonders. So m. Jörg 5 heim kumpt, wirt man dann wyter lügen 6 , was ze thün. Gott hab lob! Jederman ist dappffer. Doch söllend wir alein uff gott sähen, nitt uff fleisch, 7 und uns in das crütz gäben, 8 wir sigind oder werdint überwunden. Lassend uns gott trüwlich, trülich bitten! Gott mitt üch und den üwern allenn.

Zü Bern stat es seer wol. Sy wöllend des spans mitt dem sac[ra]ment a nut me. 9 Sind so wol mitt [un]s eins alls von anfang ye. Sy se[hen]d wider uff 10

a Hier und unten Textverlust bei der Entfernung des Siegels. Ergänzung anhand der Abschrift Johann Jakob Simlers (Zürich ZB, Ms S 63, 6) mit Ausnahme der letzten Stelle, wo Simler irrtümlich "sitzend" ergänzt.
1 In Bezug auf das am Abfassungstag dieses Briefes stattfindende Treffen zwischen dem Zürcher Abgeordneten Georg (Jörg) Müller und dem Konstanzer Ratsherrn Konrad Zwick in Stein am Rhein. Es ging darum, die Konstanzer von einer Einigung mit Kaiser Karl V. abzuhalten; s. HBBW XVIII, Nr. 2731f.
2 Sind nun manlich: Seid nur tapfer.
3 Die Tagsatzung wurde für den 10. Januar nach Baden einberufen; s. EA IV/1d 753— 763.
4 Basel, Bern, Schafthausen. — Blarers Vorschlag zufolge (HBBW XVIII, Nr. 2731, vom 30. Dezember 1546) sollten die vier protestantischen Orte den Konstanzern ein zinsloses Darlehen anbieten
und diesen garantieren, dass sie ihnen im Falle eines kaiserlichen Angriffs zu Hilfe kommen würden, solange sie niemanden zum Nachteil der Eidgenossen durch ihre Stadt passieren lassen und den Feind nicht unterstützen; s. aaO, 460,46-56; 462f, 108-136.
5 Der Ratsherr und Obristmeister Georg Müller.
6 schauen.
7 D.h. auf den Menschen; vgl. Gal 1, 16.
8 uns in das crütz gäben: das Kreuz auf uns nehmen; vgl. SI II 74; und Mt 10, 38; 16. 24, par.
8 Zur gespaltenen religiösen Lage in Bern s. HBBW XIV 17.
10 Sy sehend uff: sie achten auf (im Sinne


Briefe_Vol_19-077arpa

disputatz 11 . Die darwider thünd, schickents vom land. 12 Gott eewig mitt uns!

Ae, 13 wie stat es zü Augspurg? 14 Mich belangt übel! 15 Dominica 2. januarii, hora nona antemeridiana, 1547.

Man hatt hüt 2 stund vor tag radt gehept.