Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2752]

Bullinger
an Johannes Haller
Zürich,
14. Januar 1547

Abschrift von unbekannter Hand (17. Jh.) a : Zürich ZB, Ms F 46, 593 Ungedruckt

[1] Bullinger kann leider auf Hallers drei Briefe vom 10., 23. und 27. Dezember [HBBW XVIII, Nr. 2712. 2723. 2726] nicht ausführlich antworten. Er muss sich auf das Wichtigste beschränken. [2]Angesichts der Kapitulation so vieler Städte [vor Kaiser Karl V.] hat Haller gefragt, was denn zu tun wäre. Bullinger rät ihm, so lange wie möglich in Augsburg auszuharren; er selbst würde derzeit dort noch bleiben können. Wäre es aber nicht mehr möglich, seinen Glauben auszuüben und dort zu leben, würde er die besten Ratsmitglieder von seinem Weggang informieren und versuchen, sich von diesen ein gutes Zeugnis ausstellen zu lassen. Unterdessen hat er mit Hallers Verwandten gesprochen. Sie werden beim Zürcher Rat erreichen, dass dieser Haller der Augsburger Obrigkeit mit einem Brief ganz besonders empfiehlt. Georg Frölich wird Augsburg auch nur dann verlassen, wenn er merkt, dass alles verloren ist. Bullinger hofft fest auf Gott. Haller [und die anderen Zürcher in Augsburg]sollen das Gleiche tun! [3] Die Unterwerfung Ulms und anderer Städte unter den Kaiser wird schlimme Folgen haben. [4] Gestern schrieb Wilhelm Frölich aus Solothurn über den Plan des französischen Königs Franz I., in Italien einzufallen. Dieser verfüge bereits über 18'000 französische Soldaten, werbe 6'000 Italiener an und begehre noch 14'000 Eidgenossen. Vernimmt er aber, wie "mutig" sich die Deutschen dem Kaiser kampflos ergeben haben, wird

f Darunter Blarers Empfangsvermerk: 14. Januarii anno 47, etc. —
a Mit Randbemerkungen und Unterstreichungen von Johann Heinrich Hottinger.
68 Der eine Brief wird Baldassare Altieris Brief vom 13. November 1546 (HBBW XVIII, Nr. 2673) gewesen sein; s. HBBW XVIII 272, Anm. 14. Der andere ist John Burchers Brief vom 31. Dezember 1546 (HBBW XVIII, Nr. 2733).
69 Edmund Harvell.
70 König Heinrich VIII. von England.
71 John Burcher.
72 Bullingers Brief an Haller vom gleichen Tag (Nr. 2752).
73 sicher; s. SI I 148.
1 Datum, Unterschrift und Adresse wurden vom Abschreiber durch einen Vermerk am Briefanfang ersetzt: Idem [= Bullinger] Eidem [= Haller]. Tiguro Augustam. 14. ianuarii 1547.


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wohl auch er sein Vorhaben aufgeben! So oder so ist nicht diesem "ägyptischen König", sondern Christus allein zu trauen. [5]Gruß. Haller bleibe standhaft!

G[ratiam] et p[acem]. Ternas a te accepi, Hallere, primas 10. decembris, secundas 23., tertias 27. decembris 2 datas. Ad eas non licuit ordine respondere. Summas rerum persequar:

Petis consilium, 3 quid agas perturbatis hisce temporibus et urbibus plerisque deficientibus. Ego Augustae haererem, quoad liceret; et omnino haerere possem. Ubi propter religionem et vitam diutius haerere non possem, cum optimorum ex senatu conscientia 4 discederem, ita ut, si fieri posset, saltem a bonis mecum reportarem testimonium. Interea monui affines tuos 5 . Illi literas a senatu nostro impetrabunt, ut Augustano senatui te commendent, ne te negligant. Laetus 6 non discedet, nisi omnia vident desperata. Ich trawen gott baß 7 Sind 8 redlich und truwend doch auch gott, etc. Wer in menschen vertruwt, der fällt. 9

Wir haben hie, daß Ulmm und vil der stetten samt Wirtenberg 10 sich an deß keysers 11 gnad ergeben, etc. Darauß wirt hernach ein ungnad gottes und der menschen! 12

Gestern schreibt Frölich 13 auß Solothurn, der könig auß Franckreich 14 werde begehren 14'000 Eidgnossen. Habe gerüst 18'000 Franzosen. Näme an 6'000 Italier. Werde in Italiam fallen, etc. Zu besorgen, wann er verstat den klugen 15 mut der Teütschen, die sich ohne schlacht underthun lassend, steckh er ouch ynn 16 , quanquam nihil prorsus fidam regi Aegyptio 17 . Domino fido.

In hoc aeternum vale. Sis constans et fortis in domino.

[Ohne Adresse.]18

2 1546. — Gemeint sind die Briefe HBBW XVIII, Nr. 2712. 2723. 2726.
3 Ebd., S. 446.
4 Wissen.
5 Darunter Konrad Kambli (1515-1585), der Bruder von Elsbeth, der in Begleitung von mindestens einem weiteren "affinis" am 23. Januar Zürich verließ, um nach Augsburg zu reisen; s. Wolfgang Hallers Kalendereinträge zum Jahr 1547 (Zürich ZB, Ms D 269/4a, sub dato); Nr. 2780, Anm. 5; Nr. 2786,1f. 17f; Nr. 2791,1-4.
6 Georg Frölich.
7 lieber, eher; s. SI IV 1652 (ich stelle es lieber Gott anheim).
8 Seid. —Bullinger meint hier auch die drei anderen Zürcher Pfarrer in Augsburg. Lorenz Meyer (Agricola), (Hans) Thoman Ruman (Römer) und Rudolf Schwyzer d.Ä.
9 Vgl. Ps 118 (Vulg. 117), 8.
10 Herzog Ulrich von Württemberg.
11 Karl V.
12 Gemeint ist: Daraus entsteht sowohl Gottes Missfallen als auch Unglück für die Menschen; s. SI II 660.
13 Wilhelm Frölich. —Vgl. Nr. 2751,53-59. 14 Franz Ï.
15 hervorragenden; s. SI III 622f. — Hier ironisch.
16 steckh er ouch ynn: gibt er auch auf.
17 Anspielung auf 2Kön 18, 21. 25; Jes 36, 6. 9. — Gemeint ist Franz Ï.
18 Vorliegender Brief, den Bullinger seinem Brief an Ambrosius Blarer vom gleichen Tag beilegte (s. Nr. 2751,62f), gelangte erst am 28. Januar nach Augsburg, nachdem einige der in oben Z. 8-10 erwähnten , ,affines" schon dort eingetroffen waren; s. Nr. 2786,1f.