Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2855]

Oswald Myconius
an Bullinger
Basel,
21. März 1547

Autograph: Zürich StA, E II 343a, 348 (Siegelspur) Zusammenfassung: Henrich, Myconius BW 950, Nr. 1064

[1] Es steht fest, dass die Straßburger vor zwölf Tagen erneut Gesandte zu Kaiser Karl V. schickten, um mit diesem einen Frieden auszuhandeln. Die Basler wissen jedoch nicht, was

1 Vgl. dazu Nr. 2831.
2 Wie etwa im Falle eines Angriffes gegen Zürich bzw. die Eidgenossenschaft durch den Kaiser.
3 Gemeint ist Enzinas' Brief au Bullinger vom 7. März (Nr. 2840), dem Enzinas die Abschrift von Bullingers Abhandlung "De sacramentis"beigelegt hatte. Myconius
scheint dieses Päckchen erst am Abfassungstag des vorliegenden Briefes, zusammen mit seinem Brief Nr. 2855, einem Boten anvertraut zu haben, wie aus Bullingers Schreiben Nr. 2856,3, vom 23. März hervorgeht.
4 Vgl. Nr. 2855,12f; Nr. 2859,28-30.
5 Vgl. Dan 11, 21-45.


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seitdem geschehen ist. [2] Als aber die Straßburger Ratsherren vom Sieg des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen (der in zwei Schlachten ]5'000 [Kaiserliche] tötete) und vom [Beschluss]der Hansestädte erfuhren, schickten sie umgehend einen Reiter [...] ihren Gesandten nach, damit diese den Friedensschluss möglichst hinauszögerten. [3] Gestern kam ein Abgeordneter [...] des französischen Königs Franz I. nach Basel. Über seinen Auftrag ist nichts bekannt. Er brach schon heute in aller Frühe mit zwei Grafen [...] nach Straßburg auf Angeblich hat der König vor, den Straßburgern ein Heer zur Verfügung zu stellen, wenn diese sich nur nicht dem Kaiser unterwerfen. [4] Was Bullinger [in Bezug auf den Sieg des Kurfürsten]schrieb, scheint glaubwürdig. Die Kaiserlichen aber werden es als erfunden hinstellen. [5] Einer [...] aus Antwerpen erzählte, dass dort vier Schiffe voller Gold und Silber für den Zug des Kaisers gegen Deutschland angekommen wären. Das ist nicht glaubhaft, da weder Franz I. noch der englische König Eduard VI. den Schiffen die Durchfahrt erlaubt hätten. Zudem lässt der Kaiser das Gold nach Spanien bringen, und nicht von dort woandershin! [6] Die Tatsache, dass der Kaiser neue Truppen in Italien anwirbt, zeigt, wie wenig es zutrifft dass er und Papst Paul Ill, zerstritten seien! [7]Möge doch bald der Herr sein Heer gegen die Feinde des Evangeliums ziehen lassen! Gruß, auch an Rudolf Gwalther und an die anderen Kollegen. In Eile.

S. Certum est Argentinenses remisisse legatos suos 1 ante dies 12, ut componant cum cesare 2 . Quid interea actum sit, nescimus.

Postquam autem venerunt nuncii de 15 millibus in duobus proeliis interfectis ab electore 3 , et a civitatibus maritimis 4 , miserunt 5 protinus cursorem equestrem 6 ad legatos cesarem sequentes, ut, si pactio nondum sit facta, eam suspendant et differant pro virili, donec aliter edoceantur.

Heri venit veredarius 7 Galli 8 . Quid adtulerit, ignoro. Postridie summo mane abut festinanter Argentinam una cum ducibus duobus 9 . Rumor: regem pro ipsis collecturum exercitum, tantum ne se dedant cesari.

Scripsisti tu plausibilia 10 , quamvis cesareani dicant omnia ficta, adeo dolet eis malum vel somniare de cesare.

Fuit hic Antwerpiensis. 11 Is narravit quatuor naves venisse Antwerpiam onustas auro et argento contra Germaniam. Id, quia verisimile non est, non credo: nec Gallus enim nec Anglus 12 permisissent (hostes cesaris) a naves transire; 13 et cesar aurum invehit in Hispaniam, non evehit!

a Klammern ergänzt.
1 Zu deren Namen s. Nr. 2848, Anm. 27. Sie leisteten Kaiser Karl V. den Fußfall am Abfassungstag des vorliegenden Briefes; s. Nr. 2822, Anm. 16.
2 Karl V.
3 Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen. — Zu diesen zwei Schlachten s. Nr. 2848, Anm. 33.
4 Siehe dazu Nr. 2850,22f.
5 Subjekt sind die Straßburger Ratsherren.
6 Unbekannt. — Vermutlich ein falsches Gerücht.
7 Unbekannt.
8 König Franz I.
9 Unbekannt. —Die Straßburger hatten eine Zeitlang eine Annäherung mit Frankreich gesucht; s. Nr. 2831, Anm. 4.
10 Bezug auf Bullingers Mitteilung in Nr. 2850,3-9, zu dem bei Rochlitz errungenen Sieg des Kurfürsten über Markgraf Albrecht II. Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach; s. Nr. 2832, Anm. 35.
11 Unbekannt. — Zu den hier übermittelten Nachrichten vgl. schon Nr. 2854; Nr. 2859,28-30.
12 Eduard VI.
13 Nämlich durch den Ärmelkanal, um in den Hafen von Antwerpen zu gelangen.


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Quam vero dissideant papa 14 et cesar, annon patet, quod novum exercitum hic petit ex Italia! 15

Oremus dominum, imperatorem nostrum, ut et ipse producat aliquando suas copias contra hostes verbis sui. Vale in Christo. Salutabis Gvaltherum et reliquos pios fratres. Plura nec habui nec potui. Basilee raptim, 21. martii anno 1547.

Tuus Os. M.

[Adresse auf der Rückseite:] D. Heinricho Bullingero, episcopo Tigurino, fratri in domino suo.