Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2902]

Bartolomeo Paravicini
an [Bullinger]
Caspano (Veltlin),
16. Mai 1547

Autograph: Zürich StA, E II 365a, 455 (ohne Siegelspur) a Druck: Graubünden, Korr. I 104f, Nr. 79

[J] Bartolomeo Paravicini grüßt den von ihm als Vater verehrten Bischof von Zürich! -[2] Er hatte schon länger vor zu schreiben, doch gab es keinen guten Grund dafür. Auch jetzt hat er nichts Nettes zu ,neiden, möchte sich aber über den Verlauf des Krieges zwischen Kaiser Karl V. und den Schwaben 3 erkundigen. Was berichtet man ferner über Landgraf Philipp von Hessen 4 und Herzog Johann Friedrich von Sachsen? Letzterer soll gefangen genommen worden und dessen Sohn 5 gefallen sein. Weiß man etwas über die Friedensverhandlungen? Gibt es Neues aus Zurich? - [3] Im Veltlin verzeichnet das Evangelium täglich Fortschritte! -[4]Empfehlung. -[5]Verfasst vom oben genannten Bartolomeo, einst Kostgänger bei Bartholomäus Köchli 6

a Mit Schnittspuren.
1 Bartolomeo Paravicini aus Caspano im Veltlin. Camillo Renato war seit etwa November 1542 Bartolomeos Hauslehrer gewesen, ehe er diesen am 6. Juli 1544 Bullinger für ein Weiterstudium in Zürich empfahl; s. HBBW XIV 303, Nr. 1939. Der Jugendliche fand Aufnahme bei Bartholomäus Köchli, wie dies aus den Unterschriften des vorliegenden und des von ihm am 27. Februar 1548 verfassten Briefes (Graubünden, Korr. I 122f, Nr. 94) hervorgeht. Als er den vorliegenden Brief verfasste, war er schon seit einiger Zeit wieder bei den Seinen. Demnach ist es unwahrscheinlich, dass er mit jenem Jungen Paravicini (dessen Vorname unbekannt ist) identisch ist, der sich spätestens im Juli 1547 zum Studium nach Zürich begab (s. Nr. 2944 und Nr. 2976). - Angesichts der im vorliegenden Brief beobachteten Fehler ist anzunehmen, dass Bartolomeo zu jener Zeit noch ziemlich jung gewesen sein muss. Sein weiteres Schicksal wäre noch zu eruieren. Die gelegentlich anzutreffenden Behauptungen, er habe sich nach Zürich begeben, um Theologie zu studieren, oder er sei Pfarrer
geworden, sind unbegründet. Die Familienangaben, die er in seinem oben erwähnten Brief vom 27. Februar 1548 liefert, lassen vermuten, dass er dem "Paolo-Stamm" der Paravicini zuzuordnen ist. Dass er damals 13 Jahre alt und Sohn des späteren Pfarrers Raphael Paravicini war (s. zu diesem Nr. 3016), ist nur eine in Petrus Dominicus Rosius a Porta, Historia Reformationis ecclesiarum Raeticarum, Bd. 1/2, Chur und Lindau 1772, S. 43, geäußerte Vermutung, die sich widerlegen lässt; s. Nr. 3016, Anm. 5. - Lit.: Graubünden, Korr. I LXVIIIf. 110f. 122f; Bonorand, Bündner Stud. 101; Alfred Engelmann, Die Veltliner Parravicini, in: Genealogisches Jb. XXXIII/4, 1993/94, 178.
2 Dass der Brief an Bullinger gerichtet ist, geht eindeutig aus dem Inhalt hervor.
3 In der Vorlage Suevos. Paravicini meinte wohl die Sachsen.
4 Paravicini braucht für Hessen das Wort Asiae.
5 Gemeint ist Johann Friedrich II., der Mittlere; vgl. Nr. 2894.26.
6 Damals Ammann des Fraumünsters.