[2957]
Joachim Vadian
an Bullinger
St. Gallen,
19. Juli 1547
Autograph: Zürich StA, E II 351, 37 (Siegelspur)
Druck: Vadian BW VI 635, Nr. 1547[1] Den beiliegenden Brief [Nr. 2950 vom 14. Juli 1 ] von Johannes Haller aus Augsburg soll
Vadian auf dessen Bitte 2 schnellstmöglich an Bullinger übermitteln, da wichtige Informationen
f tir ihn darin enthalten sein sollen. Vadian nutzt also den nächsten verfügbaren Boten [...] und
legt dem Brief Hallers auch weitere Briefe bei, die von weit entfernten Kaufleuten nach St.
Gallen gesandt wurden. - [2] Kaiser Karl V. hat für alle Stände zum 1. September einen
Reichstag einberufen. 3 Einige sagen, dass die Stände seine Herrschsucht kennen und große
Angst vor der Einführung einer Monarchie haben, und fürchten, dass, wenn die Stände sich
allzu bereitwillig erweisen, die Befehle des Kaisers als Orakel angesehen werden und die
Stände sie gegen ihren Willen umsetzen müssen. Feststeht, dass der Kaiser seinen ganzen
Tross und die Verpflegung so einrichtet, als hätte er die Absicht, neue Feinde 4 anzugreifen,
denn in Schwaben 5 gibt es (wie man weiß) niemanden, der seinem Wink nicht gehorchen
würde. Man muss also aufpassen. Entsprechend hat der Rat von St. Gallen die Zürcher 6
gewarnt, 7 die wiederum die Warnung den auf der Tagsatzung in Baden 8 versammelten Eidgenossen
weiterleiteten. - [3] Der Herr durchkreuzt auf wundersame Weise die Pläne der
Menschen und deutet damit an, dass man einzig und allein auf ihn achten soll, während sein
Reich nicht ohne Trübsal und Verfolgung hier auf Erden anbricht, wie es aus seiner Lehre
hervorgeht. Sein Wille geschehe. Amen 12 -[4]Gruß. Ist der Böhme Wenzeslaus Fronto [Václav
Franta] zu Bullinger gekommen? 9 Er hatte Vadian sehr inständig ein Empfehlungsschreiben
[Nr. 2946]abgebettelt.