[3008]
Autograph: Zürich StA, E II 338, 1440 (Siegelspur) Druck: Pollet, Relations II 180f, Nr. 50
[J]Medmann empfing Bullingers Brief vom 9. April [nicht erhalten] aus der Hand des Kölner
Buchdruckers Johann Birckmann 1 und dankt für Bullingers Freundlichkeit. Zwar ist er gerade
sehr beschäftigt, doch will er die Gelegenheit nutzen, diesem zuverlässigen, nach Frankfurt
reisenden Boten [...] einen Brief mitzugeben. Es kann sein, dass Medmann nach Straßburg
zurückkehrt. 2 Dann würde er (so Gott will) sogleich Bullinger besuchen, uni. mit diesem Verschiedenes
besprechen zu können. —[2] Er hätte die angekündigte Schrift [über das Fegefeuer]
von Johannes Campanus 3 dem vorliegenden Brief beigelegt, wäre er jetzt bei dem standhaften
"Nestor"[Hermann von Wied]4 . Bullinger soll wissen, dass Letzterer einzig und allein
wegen seines [Kölner]Reformationsversuchs kaum mehr einen [Zufluchts]ort in diesem riesigen
[erzbischöflichen] Territorium findet! 5 Seine Verfolger lassen nicht von ihm ab, behaupten
aber in ihren Schriften, Reden und Gesandtschaften, nicht die Reformation bekämpfen zu
wollen! —[3] Vor wenigen Tagen gelangte ein neuer Erlass des römischen Antichristen 6 nach
[Köln], von dem Medmann und einige andere indirekt erfuhren. Es wird ihnen mit einem
Landesverweis gedroht, 7 wenn sie nicht zu der römischen Hure zurückkehren. Zudem verliert
Medmann sein Kanonikat 8 . Grund dafür seien seine religiösen Ansichten, seine Treue dem
Erzbischof gegenüber und ein von ihm verfasster, abgefangener und nach Rom übermittelter
Brief Dessen Inhalt sei teuflisch und gehöre sich nicht fur jemanden in seiner Position. Der
Brief soll sogar in einem Konklave vor dem Papst und den Kardinälen verlesen worden sein!
Wenn Medmann das gewusst hätte, wurde er natürlich den Brief eleganter formuliert haben!
— [4] Medmann las Rudolf Gwalthers "Endtchrist"9 mit Zustimmung. Das Buch sollte manBriefe_Vol_20-469 arpa
dein römischen "Aposcopus" 10 ebenfalls vorlesen, damit er erfahre, dass die Gottesfürchtigen
genau wissen, dass er der von den Propheten, von Christus und den Aposteln angekündigte
Antichrist ist! - [5] Nun zu Bullingers Brief Medmann freut sich, dass Bullinger seinen aus
dein Feldlager der Fürsten [bei Giengen] verfassten Brief [HBBW XVIII, Nr. 2665, vom 8.
November 1546] erhalten hat. Er stimmt Bullingers Meinung über die [Reichs]städte 11 völlig
zu. Sie hätten mehr an ihre Freiheiten denken sollen, aber wie bei den Phrygern kommt ihre
Einsicht zu spät! Dem starken Drängen der Löwener "Sophisten"zufolge wurde in Arnheim /2
die spanische Inquisition eingeführt. Die Einwohner Bremens bleiben standhaft. 13 Dort lehrt
Albert Hardenberg 14, dem Medmann in seinem letzten Brief Bullingers Grüße ausgerichtet hat.
Von Bullinger erhielt Medmann nur vier Briefe, 15 die er alle beantwortet hat. 16 Den Erlass
gegen Hermann von Wied 17 sendet er demnächst. - [6] Gruß. - [7] Etwaige Sendungen an
Hardenberg wird er gerne weiterleiten. Bullinger soll wieder schreiben. Medmann wird antworten,
sobald er kann. Gruß an Gwalther. Bullinger möge das flüchtige Briefchen entschuldigen!