Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[3024]

Vincenz Pfister
an Bullinger
[Aarburg],
29. September 1547

Autograph: Zürich StA, E II 360, 441 (Siegelspur) Ungedruckt

[1] Wahrscheinlich wird Bullinger von Peter Schnyder aus Aarburg erfahren haben, dass Pfister mit einigen Prädikanten [Johannes Ulrich Göppel und Benedikt Schürmeister] aus Zofingen zu tun hatte. Dies ist hier jedoch nicht auszuführen. Benedikt Schürmeister wurde schließlich zum Hauptverantwortlichen für den Streit erklärt. Er musste in Bern schwören, sich an die [Zehn Schlussreden] der sich auf Gottes Wort stützenden Berner Disputation zu halten, und wurde auch gezwungen, diese zu unterschreiben. Doch danach brach erneut ein Streit zwischen ihm und Schnyder aus, worauf beide einen Schlichtungsvertrag unterschrieben, an

sie am 12. September als Rede vor einer (wohl im Großmünster) versammelten Gemeinde vorgetragen wurde. Da der 11. September (Namenstag der Zürcher Stadtheiligen Felix und Regula) 1547 ein Sonntag war, ist es offenbar, dass die für diesen Tag vorgesehene übliche Rede auf den Tag danach verlegt worden war.
33 Gemeint ist der in Zürich von Augustin Fries erstellte Einblattdruck, auf dem die im Glarnerland beobachtete Himmelserscheinung ohne jeglichen Begleittext bildlich dargestellt wurde; s. dazu Nr. 2984, Anm. 33.
34 Die Weiterleitung von Bullingers "Contra scandala ... oborta apologia" an Vadian erfolgte am 2. Oktober; s. Nr. 3031,1-8. - Nach dem 4. Oktober, wenn nicht erst kurz vor dem 13. Oktober. sandte Blarer
den Einblattdruck mit der Himmelserscheinung an Vadian weiter; s. Nr. 3031,9-14; Nr. 3040,9-16. Dieser wiederum ließ das Dokument Martin Frecht mit der Bitte zukommen, eine Deutung der Vision zu wagen (was Letzterer am 10. November abschlug); s. Vadian BW VI 672.
35 Solche Briefe sind nicht erhalten.
1 Vogt von Aarburg; s. HBBW XIX 112, Anm. 7. Ab 1552 war er Hofmeister in Königsfelden; s. HBLS V 422. Von ihm sind drei Briefe an Bullinger aus den Jahren 1547, 1554 und 1561 überliefert. - Zu der hier angesprochenen Angelegenheit s. HBBW XIX, Nr. 2747. 2756. 2779.


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den Schürmeister sich jedoch nicht hielt. Deshalb musste er der Berner Obrigkeit angezeigt werden. - [2] Pfister hörte nun, dass Schürmeister in Zurich war und Bullinger sich mit diesem über dessen Glaubensansichten und besonders über dessen Abendmahlsauffassung unterhalten hat. Vermutlich erschien es damals Schürmeister nicht angebracht, seine Haltung zu verantworten. Pfister erfuhr aber von Schnvder, dass Schürmeister vorhabe, Bullinger seine Abendmahlsauffassung schriftlich darzulegen. Allerdings wusste Schnyder nicht, wie und wann dies geschehen würde. - [3] Da Pfister viel mit den Prädikanten zu tun hatte, bittet er nun Bullinger, sofern es diesem nicht lästig fällt, ihm Schürmeisters Abhandlung durch Schnyder zukommen zu lassen. Pfister wird sich dafür erkenntlich zeigen. - [4] Bullinger möge das vorliegende, in guter Absicht verfasste Schreiben wohlwollend aufnehmen. Der Herr behüte ihn!

Min früntlichen gruß und willigen dienst zuvor, günstiger und lieber herr. Alß 2 ich dan achten 3 , daß üch filichter 4 woll zu wüssen sig 5 und ir ettlicher gstaltt 6 von herren Pettren 7 zu Arburg bricht 8 sind worden ettlicher händlen halb, so ich mitt ettlichen predicanten zu Zoffingen 9 ghept han, nitt von nötten jezmal ze mälden 10 (ist aber doch der lest handel derselben predicanten obgmältt 11 zum theil an herren Bändicht Schürmeyster bliben 12 , där sich zu Bernn mitt dem eydschwur und underschribung bestättigott, nütt anderst ze leren, dan inn loblicher disspothazyon durch gottes wortt erhalten sige) a , 13 und aber 14 sich nach disem eidschwur ettwaß spans 15 erhept zwüschend genantem her Petter und im, abermals ein verthrag 16 gmachtt worden, dän ze halten mitt underschribung sins namens, aber von nume, gmältem Schürmeyster, nitt ghalten. Deshalb sin übersaechung 17 an min gnädig herren 18 gstält.

Aber ich hab värnummen, wie das her Bändicht bin 19 üch zu Zürich gsin und ir üch mitt im ärsprachett 20 sins glubens und ler halb, und fürnämlich anthräffend das nachtmal unsers herren Jesu Krysty, sin ärlüttrung 21 hierumb ze gaben, das aber im filichte duzmal nitt fugklich gsin ze verantwortten 22 .

a Klammern ergänzt.
2 Da.
3 annehme.
4 vermutlich; s. SI III 1049.
5 sei.
6 ettlicher gstaltt: irgendwie; s. Götze 71; SI XI 349f.
7 Peter Schnyder, von 1542 bis 1545 Stadtprädikant in Zofingen, und seit März 1545 in Aarburg; s. HBBW XIX 111, Anm. 3.
8 benachrichtigt.
9 Johannes Ulrich Göppel und Benedikt Schürmeister, die seit Ende Februar bzw. Ende April 1545 in Zofingen wirkten; s. HBBW XIX 111f, Anm. 4f.
10 jezmal ze mälden: diesmal auszuführen. 11 obenerwähnten.
12 ist der lest handel zum theil an Schürmeyster buben: wurde schließlich Schürmeister
zum Hauptverantwortlichen für den letzten Streit erklärt. 13 Am 5. Januar 1547 unterschrieb Schürmeister im Berner Prädikantenrodel die Zehn Schlussreden der Berner Disputation (Januar 1528); s. Bern StA, B III 21, 5. 23, Nr. 149.
14 erneut.
15 Streit.
16 Wann es zu dieser Schlichtung zwischen Schnyder und Schürmeister kam, ist unbekannt.
17 Vergehen; s. SI VII 548. 18 An den Berner Rat.
19 bei. - Der Zeitpunkt von Schürmeisters Reise nach Zürich ist unbekannt.
20 ausgesprochen (habt).
21 Erläuterung.
22 das aber im [= ihm] fluchte duzmal nitt


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Hatt mich doch herr Peter zu Arburg zum theil bricht, wie das her Bendicht üch sin lüttrung der worten halb antthräffend das nachtmal b oder abendtmal des herren Jesu Krysty gschriffttlichen überantwortte, aber mir nitt eygendlichen 23 könden anzeigen, wie oder in welcher gstallt die 24 gaben wärde.

Und uff söllichs, lieber her, diewil üch zum theil wol wüssend ist, wie ich deren sachen halb vil mitt inen 25 ze handlen han ghan 26 , ist min früntliche bitt an üch, wo äß nitt wider üch wärre, 27 das ir mir her Bändichs brichts vom abentmal wättend 28 in gschrifftt bin 29 her Petter zuschicken. Wa 30 ich dann söllichs um üwer gnad köndi pschulden und verdienen 31 , wett 32 ich mitt guttem willen und gärnn thun.

Günstiger und lieber herr, ir wellend diß min schriben in glitter meinung von mir uffnämen, dan äß im allerbesten 33 bschächen ist. Hiemitt syend dem allmächtigen gott in sin schuz und schirm befolchen. Gaben uff donstag, an dem 29. thag herbstmanett 34 im 1547. jar.

Vincenz Pfister, üwer williger diener zu Arburg.

[Adresse auf der Rückseite:] Ann denn wolgelertten herren Heinrikuß Pullinger, predicant zu Zürich, minem lieben und glitten gönner, zu handen.