Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[3041]

Bullinger
an Oswald Myconius
Zürich,
14. Oktober 1547

Autograph: Zürich StA, E II 342, 179 (Siegelabdruck) Zusammenfassung: Henrich, Myconius BW 994, Nr. 1110

[1]Myconius' Brief [Nr. 3035] bedarf keiner Antwort. Feststeht, dass Kaiser Karl V. die Eidgenossen nicht verschonen wird, falls sich ihm eine gute Angriffsgelegenheit bieten würde. Der französische König Heinrich II. wirbt [in der Eidgenossenschaft] um ein [neues Sold]bündnis und verweist dabei klagend auf den elenden Tod des Herzogs von Piacenza, Pier Luigi Farnese. Bullinger schließt daraus, dass Papst Paul III. und Heinrich II. sich [gegen den Kaiser]alliiert haben. Sollten also die [protestantischen Orte der]Eidgenossenschaft sich mit Frankreich verbünden, würden sie zu Söldnern des Papstes, und dies wiederum erfüllt Bullinger mit Angst und Sorgen! Gott stehe seiner Kirche bei! Manche sehen nämlich ihr Heil nur in einem Freundschaftsbund mit Frankreich. Doch Bullinger weiß, dass dies für die [protestantischen

[die Rede ist von Johannes Jung], mihi crede, extra communem aleam vulgo ministrorum ecclesiæ, sive pietatem sive eruditionem spectas, collocandus."
89 In einem der oben in Anm. 1 oder Z. 34 erwähnten Briefe. - Blarer hatte Bullinger gebeten, sich für die Unterbringung der Brüder Boschar bei Johannes Wolf einzusetzen; s. Nr. 3021,96f.
90 beschenken. - Vermutlich steht diese Nachricht im Zusammenhang mit dem
im Herbst 1547 belegten Aufenthalt der kaiserlichen Gesandten Giovanni Angelo Ritio und Giovanni Domenico Panizzone in Luzern; s. dazu Bettina Braun, Die Eidgenossen, das Reich und das politische System Karis V., Berlin 1997, S. 451, Anm. 208; EA IV/1d 871 g.
91 Vgl. Röm 8, 28.
92 Dieser Brief wurde von Josua und Joseph Boschar überbracht; s. oben Z. 83.


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Orte] lebensbedrohlich würde, genauso wie dies schon für die verbündeten [Innerschweizer] der Fall ist! Gott würde ein solches Bündnis missbilligen und deswegen Frankreich wie auch Helvetien zerstören. -[2]Myconius soll sofort Johannes Buchter zu sich rufen und diesem im Namen seiner Eltern und Bullingers befehlen, unverzüglich nach Zürich zurückzueilen, denn sein Vater Heinrich liegt im Sterben. Sowohl die Ärzte wie auch Bullinger sind der Meinung, dass Heinrichs Tod unmittelbar bevorsteht. Hoffentlich trifft Johannes noch rechtzeitig vor der Bestattung ein! Wenn nicht, wird er wenigstens seiner Mutter [...]mit ihren vielen Kindern beistehen können. Der Sterbende rief schon ein paar Mal: "Lauf; mein Hans, sonst findest du mich. nicht mehr!"Der Herr stärke ihn. Dieser wird den morgigen Tag kaum noch erleben. Bullinger eilt an dessen Bett zurück. -[3]Gruß, auch an Francisco de Enzinas, Johannes Gast und an die anderen Kollegen. -[4][P.S.:]Gast soll wissen, dass Bullinger die Ausgabe der Satiren des Persius keineswegs erhalten hat. Er bittet ihn noch darum!

S. D. In tuis 1 , colende frater, nihil est, ad quod respondere necesse sit. Certum est caesarem 2 , ubi commode potent, nobis non parsurum, ac modo se affert commoda occasio, qua nos adoriri potent. Ambit foedus rex Gallorum 3 . Inter alia queritur principem Placentinum 4 periisse miserabiliter. 5 Unde ego coniicio inter papam 6 et Gallum esse syncretismum 7 . Si ergo nos 8 coniunxerimus vires nostras Gallo, papae sumus milites. Ego in magnis versor difficultatibus et anxietatibus! Oro dominum, ut is ecclesiae suae adsit. Quidam putant res suas non fore salvas, nisi per amicitiam cum Gallo. Ego video et certo scio ita nos perituros per amicitiam Gallicam, ut perierunt hactenus confoederati nostri. 9 Domino displicet hoc foedus. 10 Dissipabit ergo cum interitu et internicione 11 Galliae et Helvetiae. Utinam vanus sim yates!

bannern Buchterum 12 protinus ad te vocato. Iubeto, ut sine mora ascendat Tigurum. Laborat pater 13 eius laetali morbo. Utinam non sepultus sit, priusquam ille Tigurum perveniat! Quodsi morietur (ut certo moriturum brevi autumant medici - ac ipse signa mortis in eo deprehendi) a , non frustra redierit filius: Est enim mater 14 vidua multis liberis onerata, non habens

a Klammern ergänzt.
1 Myconius' Brief Nr. 3035 vom 8. Oktober.
2 Karl V. -Bullinger bezieht sich hier auf Myconius' Mitteilung in Nr. 3035,3-7.
3 Heinrich II. - Siehe dazu Nr. 3037, Anm. 25.
4 Pier Luigi Farnese, Herzog von Parma und Piacenza, Sohn des Papstes; s. Nr. 2964, Anm. 5.
5 Dies findet sich in einem Schreiben des französischen Gesandten in der Eidgenossenschaft, Louis Daugerant, Seigneur de Boisrigaut, an die Stadt Zürich, welches vom 12. Oktober 1547 aus Luzern datiert, und in dem der gewaltsame Tod von Pier Luigi Farnese als mahnendes Exempel angeführt wird; s. EA IV/1d 893 zu x.
6 Paul III.
7 Vereinbarung; s. Kirsch 2783.
8 Gemeint sind die protestantischen Orte der Eidgenossenschaft.
9 Gemeint sind die Innerschweizer, die ein Abkommen mit Frankreich hatten.
10 Siehe dazu HBBW XVIII 26 und Anm. 67; XIX 32 und Anm. 129.
11 = internecione; s. Stotz II 291, Nr. 48.3.
12 Johannes Buchter, der sich damals in Basel aufhielt; s. Nr. 2872, Anm. 33. Er traf seinen Vater nicht mehr lebend an; s. Nr. 3046,3f.
13 Heinrich Buchter. - Er starb um 3 Uhr nachts am 15. Oktober; s. HBD 35,16-18.
14 Unbekannt.


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ullum solatium. Hic ergo matri adsit, oportet. Ne ergo differat, sed protinus accingat se itineri! Id serio illi dices parentum et meo nomine. Pater in morbo semel et iterum clamavit: "Louff, Hans, du findst mich sunst nitt mee!" Dominus illum confirmet in vera fide. Ego iam ad ipsum redeo. Mea sententia non attinget crastinum diem, sed deo omnia possibilia. 15

Vale aeternum. Tiguri, 14. octobris 1547. Salvi sint Dryander 16 , Gastius et reliqui.

Bullingerus.

Sagend Gasten, das ich nienan keinen 17 Persium gesähen habe. Höusch 18 inn noch.

[Adresse auf der Rückseite:] Sinem lieben herren und brüder H. Oßwalden Myconien, predicanten uff Burg 19 zu Basel.