Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[3078]

[Georg Frölich]
an Bullinger
[Augsburg],
19. November [1547]

Autograph: Zürich StA, E II 346a, 534 (Siegelspur) Ungedruckt

[1]Frölich empfing durch [...]Murer das ersehnte Schreiben Bullingers [nicht erhalten]und versteht dessen Wunsch [nach häufigeren Briefen]. Doch sind die vielen Gerüchte zu selten verbürgt, um briefliche Mitteilungen zu rechtfertigen. -[2] Fromme Italiener und Deutsche,

von Siena, Braunschweig 21892, S. 174) aufgebrochenen Bernardino Ochino erwartete, vermutlich ebenfalls in der Hoffnung, dort eine Niederlassung zu finden: "Interim ... petoque, ut pollicitus es, cum literae a domino Bernhardino venerint, tua consilia ne me celes"(aaO, S. 340). Enzinas' damalige Reise zu Sailer könnte also in Verbindung mit der Finanzierung eines eventuellen Umzuges stehen. Kurz darauf gelang es ihm nämlich, von Philipp Melanchthon je ein an Thomas Cranmer und an König Eduard VI. gerichtetes Empfehlungsschreiben zu erhalten (MBW-Reg V 234f, Nr. 5026f). Zudem ist nicht völlig auszuschließen, dass der Spanier schon damals in Erwägung zog. Margarete Eiter zu heiraten (dazu kam es im März 1548; s. HBBW XVII 361, Anm. 2). - Feststeht, dass er am 20. November 1547 immer noch in Memmingen weilte (s. aaO, S. 308-310), von wo er, kurz vor dem 7. Dezember, via Konstanz nach Basel zurückkehrte (s. das P.S. von Vadians Brief Nr. 3090), ohne dabei durch St. Gallen und Zürich zu kommen, wie das hier unten noch in Aussicht gestellt war.
4 Vadian denkt an Nachrichten betreffend einen etwaigen Angriff Kaiser Karls V. auf die Eidgenossenschaft. - Siehe dazu zuletzt Nr. 3076,[8].
5 Siehe zuletzt dazu Nr. 3058,[3].
1 Am 5. November befand sich Frölich noch in Konstanz, allerdings unmittelbar vor der Rückkehr nach Augsburg; s. Nr. 3070. Dass er zur Abfassungszeit des


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die über die geheimen Pläne [der Kaiserlichen] gut informiert sind, glauben, dass es unvermeidlich zu einem Angriff auf Konstanz und dessen Nachbarn kommen wird, zumal [Kaiser Karl V.] sehr viel Kriegsvolk in jener Region stationiert hat, die Eidgenossen unter sich zerstritten sind und das übrig gebliebene Deutschland unterworfen und machtlos ist. Die kaiserlichen Feldherren werden sich eine solche Gelegenheit wohl nicht entgehen lassen. Deshalb muss etwas dagegen unternommen werden. -[3] Der Kaiser und König Ferdinand sind noch in Augsburg. In den nächsten drei Tagen werden Königin Maria von Ungarn und andere "Heldinnen" in Begleitung von Maximilian. von Egmont, Graf von Büren, und vielen Reitern erwartet. Herzog Johann Friedrich von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen sind noch Gefangene. Auf dem Reichstag erweisen sich die Reichsstände dem Kaiser völlig unterwürfig. -[4] Die Spanier haben nur Krieg im Kopf: Es wurden 100 Fähnlein gesichtet. Doch gegen wen? Viele sagen diesbezüglich genau das, was Bullinger am Ende seines Briefes äußert. Gott schutze ihn und die Seinen! - [5] Gruß, auch an die Kollegen. Frölich wird geplagt und kann nicht weiterschreiben. Bullinger begreife, was er damit sagen will.

S. Desyderabiles literas tuas, vir ornatissime, per Murerum 3 accepi. Scio, quid velis, nec deerat antea scribendi argumentum, attamen plus ex rumore quam scientia. 4

Nunc autem nolim clam te esse tam Italos quam Germanos pietate insigniores, consiliorumque secretiorum non expertes, pro certo affirmare omnem belli intempestatem in Constancienses et vicinos eorum recto cursu inevitabiliter vehi, nimirum occasione bei, ubi nunc alioqui hominum vis maxima est, 5 tum etiam ab vestratium discordia a sumpta. Accedit etiam, quod reliqua Germanic pars sit nunc sub iugo et viribus exhausta. 6 Hanc oportunitatem minime negligendam militie gnari fortassis" censent. Deinde pedem ultra figendum esse, 7 etc.

a In der Vorlage discordiam. -
b In der Vorlage fortasis.
vorliegenden Briefes wieder in Augsburg war, wird aus dem hic und huc unten in Z. 12f deutlich.
2 Das Jahr ergibt sich zweifelsfrei aus dem Inhalt des Briefes.
3 Beim Briefüberbringer wird es sich vermutlich um einen Zürcher gehandelt haben, da die Form der Adresse des vorliegenden Briefes nahelegt, dass sein Überbringer auch der Überbringer des nicht mehr erhaltenen Briefes von Bullinger gewesen sein müsste. - In Frage kämen z.B. Hans Murer von Grüningen (gest. 1564), damals Rechnungsabnehmer der Seckelmeister, oder der gleichnamige ehemalige Schreiber des Zürcher Großmünsters, der auch als Buchbinder belegt ist, falls er noch lebte, oder auch der Konstaffel Christoph Murer (gest. 1571),
der Verwandte in Süddeutschland hatte; s. Keller, Jakob Ruf V 177f.
4 Bullinger scheint Frölich ermahnt zu haben, öfters zu schreiben.
5 Kaiserliche Truppen waren z.B. in Ravensburg einquartiert; s. zuletzt Nr. 3074, 18-21.
6 Die oberdeutschen Städte, die bereits 1546 einen großen Aufwand für den Schmalkaldischen Krieg geleistet hatten, mussten sich zu Beginn des Jahres 1547 dem Kaiser unterwerfen, schwere Geldbußen zahlen und oft noch kaiserliche Truppen bei sich aufnehmen.
7 Vermutlich liegt hier ein Germanismus vor, der der Redewendung "Einem den Fuß vorsetzen" (d.h. einem seine Anschläge zunichte machen) entspricht; s. Wander 11303, Nr. 201.


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Cesar 8 et rex 9 adhuc hic sunt. Regina Maria 10 et plaereque alie Heroides 11 intra triduum cum Burone et maximo equitatu huc venturae sunt. Dux Joannes Friderichus 12 et landgraphius 13 captivi detinentur. Omne comitiorum negotium in caesaris arbitrium a statibus est positum.

Bellum, bellum, bellum moliuntur Hispani: In quem autem, me latet. Visa sunt 100 signa militaria. Communis fama est ea, de qua tuae litere sub calcem meminere. 14 Dominus fortis tuetur te et vestrates omnes!

Vale et salutem ex me dicito fratribus. Ego misere iactor. 15 19. novembris. Plura nunc nequivi. Sat serio fac, hec intelligas.

[Ohne Unterschrift.]

[Adresse auf der Rückseite:] Herren Henrichen Bullinger ze antwurten 16 .