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Autograph: St. Gallen Kantonsbibliothek Vadiana, Ms 35, 286 (Siegelabdruck) Druck: Vadian BW VI 688f, Nr. 1582
[1]Jesus, der Erlöser dieser Welt, gebe, dass für Vadian und dessen Haushalt das neue Jahr
gut beginne und noch besser ende! - [2] [Alexius] Knoblauch 2 hat Vadians Brief [nicht
erhalten] übermittelt und ist danach drei Mal vorbeigekommen, um sich zu erkundigen, ob
Bullinger einen Brief für Vadian hätte. Doch gab es damals nichts mitzuteilen, und Bullinger
hätte zudem auch nicht die Zeit dazu gehabt. Vadian möge also sein Schweigen verzeihen.
-[3] Der Zürcher Rat ist der Bitte des St. Galler Rats nachgekommen 3 und hat dem GlaubensgenossenBriefe_Vol_20-713 arpa
Jean Merveilleux [in Neuchatel]geschrieben. 4 Dieser wird dafür sorgen, dass
beide Briefe, jener des St. Galler und jener des Zürcher Rats, so schnell wie möglich König
Heinrich II. von Frankreich zukommen. Die Welt ist voller Spione und Verräter! 5 Der gute
Kaufmann [Octavien Blondel] tut Bullinger leid. Hoffentlich kommt er frei! - [4] Johannes
Stumpf hat seine "Eidgenössische Chronik"6 den Ratsherren der Fünf Orte zukommen lassen.
Die dazu abgefertigten Boten wurden ganz freundlich empfangen und verabschiedet. Überall
zeigte man sich erkenntlich. Die Luzerner und die Schwyzer schenkten dein Autor 10 Kronen.
Die Urner 12. Die Unterwaldner 7 und die Zuger stellten eine beachtliche Belohnung in Aussicht.
Sie wollen also jemanden abordnen, der den noch zu bestimmenden Betrag mitbringen
soll. Bullinger wüsste nicht, dass irgendjemand sich im Geringsten beschwert hätte. 8 Nur
Ägidius Tschudi (das sei aber allein Vadian anvertraut) hat sich über die Abschnitte beschwert,
die er ais Auszüge aus Vadians Schrift "Zum Ursprung der Klöster"9 erkannt hat. 10 Er glaubt,Briefe_Vol_20-714 arpa
dass Vadians Aussagen über das Verdienst [des Mönchswesens] einen neuen Streit unter den
Eidgenossen auslösen werden. Bullinger bat Stumpf er wolle doch versuchen, Tschudi geschickt
zu besänftigen. Stumpf wird Vadian dazu zu Rate ziehen. Bullinger weiß sehr wohl,
dass, wenn Tschudi seine Vorbehalte niemandem einredete, kein Innerschweizer irgendetwas
merken würde. Ach, wenn nur Vadian Tschudi schriebe, 11 falls dieser seinem engeren Bekanntenkreis
angehört! -[5]Auf der Badener Tagsatzung 12 wurde beschlossen, nur vier Gesandte
zur Taufe der Prinzessin Claude von Frankreich abzuordnen: einen Zürcher, einen Solothurner,
einen Schwyzer und einen Unterwaldner. Jakob Stumpfer soll drei Goldmedaillen im Wert
von 400 Kronen schlagen. 13 Schade, dass sich diesen vier Abgeordneten kein St. Galler anschließen
darf! 14 Die Zürcher hätten dies begrüßt, zumal dadurch den Geschäften der Eidgenossen
ein größerer Erfolg beschieden wäre. a -[6] Es gibt nichts Neues zu melden, außer
dass man behauptet, Kaiser Karl V. werde in Straßburg erwartet. Bullinger weiß nicht, ob das
stimmt. 15 [7]Gruß! -[8]Falls Vadian es nicht weiß: Anstelle des [zweiten Archidiakons des
Großmünsters] Erasmus Schmid 16 wurde Otto Werdmüller, und anstelle des [ersten Archidiakons]
Heinrich Buchter 17 Johannes Haller ernannt. Die beiden frommen und gelehrten Kollegen
stehen nun Bullinger bei. - [9] Alle Pfarrkollegen lassen grüßen. - [10] [P.S.:] Von,
beigelegten deutschen Büchlein 18 sind vier Exemplare fur Vadian und drei für Hans Widenhuber
bestimmt.