Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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[BULLINGER AN
ANNA ADLISCHWYLER]
[Kappel?, 1527, 1528]

Autograph, Konzept: Zürich ZB, Msc F 47, 272r. -273v. 4 S. 4°, sehr gut erhalten Ungedruckt

Beantwortet ein Schreiben seiner Braut, die ihm mitteilte, daß sie das Kloster doch nicht verlassen wolle; beklagt sich über diesen unerwarteten Wandel, hält ihr das Eheversprechen vor und sucht ihre Gründe mit biblischen Argumenten zu entkräften: die Ehe sei gottgewollt, darum solle sie nicht befürchten, daß manche ihren Austritt als Ärgernis empfinden würden. Er bittet sie, seine Liebe und Beharrlichkeit nicht dem Spott preiszugeben, sondern ihm ihre Treue zu bestätigen.

Ich hette mich diner gar 3 abgekünten a4 antwurt 5 nie versähen 6 , ist mir so vil untraglicher xin 7 , so vil unverhoffter sy was. Und beunbillet 8 mich din schryben, sidmal 9 du einer sölichen vernunfft bist, 10 , daß du wol ermessen kanst: wo 11 ich min gmüt, hertz, lieb und trüw anderschwo hin gesetzt hette 12 , dann alein zu dir, miner einigen, so hette ich so lang nitt gewartet, dir nützid geschryben, ander eerlich lüt nitt hinggeben, mich nitt lassen so lang von aller wellt triben 13 .

a Von hier an sind die inhaltlich wichtigsten Teile des Briefes wahrscheinlich durch J. H. Hottinger unterstrichen.
1 Siehe oben S. 126, Anm. 1. —Dieser bis jetzt unbekannt gebliebene Brief läßt das Verhältnis zwischen Bullinger und seiner Braut in einem neuen Licht erscheinen. Zur Zeit dieses Briefes ist Anna offenbar unter mütterlichem Druck (s. oben S. 137, Anm. 232) so entmutigt, daß sie ihr Eheversprechen rückgängig machen will. Dies scheint der Tiefpunkt in ihrer von Blanke vermuteten «inneren Not» gewesen zu sein (Blanke 105).
2 Hinsichtlich der Datierung sind wir ausschließlich auf den Inhalt angewiesen. Bullinger muß diesen Brief irgendwann nach dem Eheversprechen vom 29. Oktober 1527 (s. oben S. 126, Anm. 1), aber noch vor den Verhandlungen bzw. dem Entscheid des Ehegerichtes am 2. Juli 1528 (s. ebenda) geschrieben haben. Nach diesem Zeitpunkt wäre der Versuch, die Gültigkeit von Annas Eheversprechen in Frage zu stellen, nicht mehr möglich gewesen. Außerdem hätte sich Bullinger zweifellos eher auf den Ehegerichtsentscheid berufen, als sich so weitläufig über die bindende Kraft von Annas Zusage auszulassen. Andererseits lassen einige Bemerkungen Bullingers, z. B. über die Einwilligung seines künftigen Schwagers in die geplante Ehe, darauf schließen, daß seit dem Eheversprechen bereits etwas Zeit verstrichen sein muß. Demnach dürfte der Brief zwischen Ende 1527 und Anfang Juni 1528 entstanden sein. In diesem Zeitraum hielt sich Bullinger meistens in Kappel auf, doch ist Zürich als Abfassungsort nicht ausgeschlossen; Bullingers Aufenthalt in Zürich vor und nach seiner Teilnahme an der Berner Disputation, am 2. Januar und 1. Februar 1528, ist belegt (HBD 12, 1. 4).
3 ganz, völlig, so sehr (SI II 396).
4 absagende, (den Vertrag) aufkündigende (SI III 356f).
5 Weder Annas Absagebrief, noch Bullingers vorher an sie gerichtetes Schreiben sind erhalten geblieben.
6 erwartet, mich darauf gefaßt gemacht (SI VII 566f).
7 unerträglicher gewesen (Grimm XI/III 1948).
8 fügt mir Unbill, d. h. Unrecht zu (SI IV 1167).
9 weil, sintemal.
10 vernünftig genug bist.
11 wenn.
12 einer Anderen zugewandt hätte.
13 Möglich ist, daß Bullinger hier auf die seit seiner Verlobung verstrichene Wartezeit hinweisen will. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß er von der Vergangenheit überhaupt, also zugleich von der Zeit vor der Verlobung spricht und u. a. auf die von ihm abgelehnten früheren Heiratsmöglichkeiten anspielt, s. oben S. 132,11-14.


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Hab vil uß grosser liebe und hoffnung zu dir gethon; so lug, wie du min dienst annemist 14 , oder wie billich 15 min trüw lassist ze schanden werden! Des hofierens 16 und eeren fürwortens 17 ist langist gnug, wir handlend von eeren wägen 18 . Hätt derhalb deß wäsens 19 alles nüt bedörffen, sidmal und du vil fryer mir vorhyn dann jetzund geschryben hast, und irrt nitt 20 , daß du redst: «Ja ich vermeinn nitt 21 , das unsere reden gethon uns ützid 22 söllind schaden» 23 . — Das hastu gwüsslich geredt und gschryben uß anfechtung; wann 24 sinn hindersich 25 an din voriges schryben 26 , so wirst anders erfinden 27 etc. b , namlich c daß du mir zu dinem teyl 28 fry verwillgot 29 hast, so wyt und ouch die dinen 30 daryn verwilligind, und lutend dine wort also: (Recita 31 ). Nun, so hat min herr von liebe und trüwen wegen den handel anzogen gegen dinen b[ruder] Hansen 32 , an dem dir allermeist gelägen ist 33 , und er hat fry verwillget, so ferr und du verwillgist. Nun hastu verwillget, so ist jetzund die verwillgung volkommen; kanst dich vor gott mitt gheinem rechten mir entzühen 34 , dann eins christen red sol also sin, daß «ja, ja» sye [Mt 5,37]. Ermanen dich eben als vast 35 durch das lyden Christi als du mich, daß du mir halltist 36 und dich erzöugist 37 , wie ich dir wol vertruw und ich wol weiß, daß gottes will und ordnung ist d .
b nach etc. gestrichen Insere argu[mentum]: Positis ipse [?] — — — hortare [?], ut verbis fidem det; offenbar war damit der hier eingereihte Zusatz gemeint.
c-d Der Abschnitt namlich bis ordnung ist wurde als Zusatz am Ende des Briefes angebracht und am Rande mit einem Stern gezeichnet; obwohl im Brieftext kein ähnliches Zeichen darauf hindeutet, gehört der Zusatz laut lat. Hinweis zweifellos hierher.
14 aufnimmst.
15 wie billig, wie richtig (ironisch: SI IV 1167).
16 Schmeichelns (SI II 1039 f).
17 der Fürsprache, des Vorwandes, der Umschweife.
18 der Ehre oder Ehe halber (vgl. SI I 6f. 391). Mögliche Interpretation: Des Schmeichelns und der Umschweife wegen der Ehre ist längst genug, wir handeln ja der Ehre wegen. — Für Bullinger ist also diese Angelegenheit zu einem «Ehrenhandel» bzw. «Ehehandel» geworden, der nötigenfalls vor das Ehegericht gebracht werden könnte, wie es dann tatsächlich geschah.
19 Aufhebens, Treibens, Getue.
20 es tut nichts, es ist nichts daran gelegen (SI I 409).
21 glaube nicht, halte nicht dafür (SI IV 312).
22 irgend etwas.
23 Gemeint ist sicherlich das mündlich und ohne Zeugen gegebene Eheversprechen. Es scheint, daß sich Anna der Argumentation ihrer Mutter über die Ungültigkeit dieses Eheversprechens (s. Blanke 1041) angeschlossen hat.
24 denn.
25 denke zurück (SI VII 1054).
26 Wahrscheinlich handelt es sich um den verlorengegangenen Antwortbrief Annas auf Bullingers Brautwerbungsschreiben (s. HBD 11, 14ff; Blanke 100f).
27 finden, entdecken (SI I 848).
28 deinerseits, was dich betrifft (SI XII 1476f).
29 eingewilligt (Grimm XII/I 2275).
30 die Deinen; gemeint sind die Mutter (s. oben S. 137, Anm. 232) und der Bruder, Hans oder Johannes Adlischwyler (s. oben S. 137, Anm. 233).
31 In der nicht mehr vorhandenen Reinschrift folgte hier offenbar ein Zitat aus Annas vorher erwähntem Antwortbrief.
32 Siehe oben S. 137, Anm. 233. — Der Sinn ist: ... die Sache deinem Bruder gegenüber angeführt (Grimm I 528).
33 Dies ändert unser bisheriges Bild von der Einstellung Annas, die ja in dieser Angelegenheit sonst ausschließlich von der Mutter beeinflußt zu sein schien (vgl. Blanke 103ff).
34 mit keinerlei Recht mir entziehen.
35 fest, stark, sehr (SI I 1111f); sinngemäß: ebenso fest wie du.
36 nämlich das Versprechen.
37 dich erweist (Grimm III 1084).


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Es ist ye gwüß, daß gott den eelichen stand hat ingesetzt, daß man ye damitt nitt sündet 38 . Redstu schon, so wellist der anfechtung widerston, sich 39 , so fürcht ich warlich, du thügists 40 mee von wägen din selbs und der welt, dann daß du entsitzist 41 , du mögist nitt so gottselig in der ee als usset 42 der ee e läben. Lieber, womitt gastu umb, weß nimpstu dich an 43 ? Sind nitt die höchsten gottes fründ [Jak 2,23]beider testamenten eelüt gewäsen 44 ? Und daß Paulus die reinigheit lopt, thut er dorumb, daß unser fleisch so vil mee ruwen hab; erfindet sich fry 45 in Corintheren [1 Kor 7,28]. Dorumb such nitt erst sölich usszüg 46 , und erckenn, daß du ouch ein mensch bist, vermiß dich nitt ze vil 47 etc.

||272v. Zum höchsten aber beduret mich 48 , daß du yemerdar mitt der ergernuß dahar züchst und die selb erst beschwarist mitt den worten Christi: «We dem, der da verergeret!» [Mt 18,7.] Lieber, so sag an 49 , vermeinst nitt, daß ich als wol Christi sye als aber du und also ungern yemands verergeren welte als ouch du? Was heyst ergernuß? Kumpt es nitt vom argen und bösen har? Ja. Was wöllend nun die wort Christi f Mathaei 18 [7]: «We dem menschen, der da verergeret»? Kanstu anders daruß machen, dann: Wee dem menschen, der ein so schantlich böß arg läben fürt, daß sich ander lüt daran stossind, ouch böser werdent, oder dardurch verletzt werdint? Oder, so das nitt der worten sinn ist, worumb volgt dann grad hernach: «Wenn dich aber din hand oder fuß irrt 50 , so how inn ab und wirff inn von dir» [Mt 18,8]? Sich, hand und fuß sind die sündigen glider: Collos. 3 [5ff]. So söllend wir die sünd abthun, daß wir damitt niemands verergerind.

Nun, so züchstu in unseren handel 51 die ergernuß herinn: es werdint sich daran vil frommer verergeren. So ists ye gwüß, daß man sich alein am argen muß verergeren; und sy verergerend sich an dinem handel, so muß din handel böß und arg sin: so ist ouch die ee arg. Sich, wohin du kummist! Was sagt aber Paulus Ebrae. 13 [4]? «Eerlich ist die ee by allen und die eelichen werck one sünd» 52 . —Ja sprichstu: sy verstonds aber nitt, daß es uns recht 53 ist. -Wer verstadts nitt? — Vil frommer menschen. — Sich, sich, das ist erst schön! Isaias spricht: «Wee üch, die ir sprechind, das gut sye bös und das böß gut!» Isaie 5 [20].

e als usset der ee aRvB nachgetragen.
f Am Rande eine Bemerkung von J. H. Hottinger.
38 Vgl. 1 Kor 7,2. 28. 36.
39 Siehe!
40 tust das.
41 befürchtest (SI VII 1761f).
42 außerhalb, ohne (SI I 561f).
43 Worauf läßt du dich da ein? (SI IV 740).
44 Ausführlicher behandelt Bullinger diesen Gedanken in seinem Brautwerbungsschreiben, wo die verheirateten Frommen einzeln aufgezählt werden (s. oben S. 128,24ff).
45 gänzlich, wohl (SI I 1260f).
46 Ausflucht, Vorwand.
47 nimm nicht zu viel auf dich.
48 betrübt, schmerzt mich (SI XIII 1309).
49 Sag, sprich! (SI VII 405f).
50 hindert, belästigt, stört (SI I 408f), «ärgert» (Lutherbibel).
51 Sache.
52 Im Unterschied zur Luther- und zur Zürcherbibel, die hier Imperativ übersetzen, versteht Bullinger Hebr 13,4 indikativisch, als eine Feststellung.
53 für uns (in unseren Augen) richtig, in Ordnung, erlaubt (vgl. SI VI 198 ff).


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Nun so ist die ee, als gott sine propheten und apostlen zügen, gut; und die redint, sy sye böß, aber ||273r. imm kloster hocken und da plären 54 und fuulen 55 , das aber gott verwirft, sye gut. So lug 56 , was frommer menschen du mir fürstellist 57 ! Kurtz: ghein frommer kan sich an dem verböseren 58 , das recht ist. Verärgeret er sich aber, so ist er der frommgheit 59 nitt berycht 60 .

Die ee ist allen stenden erloupt: 1. Timoth. 4 [1-5]; 1. Corin. 7 [2.9.27 ff]; Mathaei 19 [3ff]. Deß wellend sich die nitt berychten lassen, die sich ergerend, dann mans gnug sagt; so sind sy ye nitt schwach, sunder wellend mitt gwallt verergeret sin. Es sind grad die, so sich an allen ordnungen gottes stossend. Sölte man nun denen allen uuswarten 61 und nitt vil me fürfaren 62 in dem, das recht ist, so wurde doch uß christenlicher religion nützid dann 63 ein verzagen, zufen 64 und hin und widerfallen. Summa: ghein fromm hertz hat an dem ein missfallen, das recht ist; hats aber ein missfallen, so ists noch nitt recht fromm. Sölte man nun den selben allwäg 65 volgen, so wurdint wir und sy undergon. Also g spricht der psalmist: «Du solt den bösen nitt volgen», Psal. 37 [27]h .

Hierumb 66 gedenck mir der ergernuß in der gstallt 67 nitt mee, oder sag mir vorhin fry heruß: die ee ist arg. Mich dunckt i aber, du wöltist nun gern ouch der wellt gfallen, dann du redst, sy werdint sagen, du syest von bübery 68 wägen heruß gangen. Sich, sich, das sind fine kindlin, die man nitt verergeren sol, die da redent, die ee sye büberey! Gedenck S. Pauli: «Wenn ich welte den menschen gfallen, so wurde ich gott nitt dienen» [Gal 1,10]. Ja, es wirt nitt also zuogon, daß man uns allweg zarten 69 sölle. Christus, gottes son ist selbs on hinderred 70 und schmähen nitt xin 71 , dorumb müssend wir sy ouch nitt achten: 1. Petri 4 [1ff]. Du must ouch deß ammans 72 tröwen 73 nitt fürchten. Solomon spricht: «Wer

g-h von Also bis Psal. 37 übergeschrieben.
i Am Rande eine Bemerkung von J. H. Hottinger.
54 laut und mißtönig, leiernd singen (SI V 138); gemeint ist wohl der Chorgesang.
55 faulenzen, träge sein (SI I 790).
56 Siehe!
57 vorstellst, zeigst, vorführst (SI XI 172f).
58 Ärgernis nehmen (SI IV 1724).
59 Frömmigkeit, Rechtschaffenheit (SI I 1297).
60 darin nicht unterrichtet, unerfahren, unkundig (SI VI 441f).
61 alle abwarten.
62 fortfahren (SI I 899f).
63 nichts als.
64 zurückgehen, zurücktreten (Grimm XVI 357; XV 398).
65 allewege, immer.
66 Darum.
67 in dieser Form, auf diese Weise (SI XI 347f).
68 Hurerei, Unzucht (SI IV 946f).
69 schmeicheln.
70 Verleumdung, böswilliges Gerede (SI VI 537).
71 gewesen. -Vgl. u. a. Mt 11,19; 13,53ff; 26,67; 27,29ff; Joh 6,41ff; 7,12; 8,48.
72 Gemeint ist vielleicht der Amtmann des Klosters, Rudolf Thumysen, etwa 1460/70-1531, Hufschmied und Glockengießer, eine der wichtigsten Personen im damaligen politischen Leben Zürichs; Zunftmeister 1519-1531, erstmals im Kleinen Rat 1519, Obristmeister 1525-1531, Pfleger am Kloster Oetenbach ab 17. Juni 1523. Thumysen war Vertrauter Zwinglis (s. Z IX 352ff. 563ff. X 459 f) und Gegner des Pensionenwesens; er fiel bei Kappel (Jacob 277-279; HBLS VI 736, ältere Lit. s. dort). Nach der Übernahme des Klosters Oetenbach durch den Rat wurde Thumysen am 28. März 1525 dessen Amtmann (AZürcherRef 677; Halter 164). Seine entschieden positive Einstellung zur Reformation läßt allerdings


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den menschen fürcht, der valt 74, wer aber inn gott hoffet, der wirt erhallten» [Spr 29, 25]. Du k kendst 75 den amman also, daß dich billich sin red nitt bewegen söllt, besonders so er alein in zytlichem schaden mag 1.

Lieber, bis nitt ||273v. so kindsch plug 76 und anfechtig 77 , du, die gottes und sines worts gute erkantnuß hast 78 ! Sich an, daß ich fry alles umb dinetwillen verachten mag, daß ich dich alein begeer! Darfst 79 nitt der fürworten 80 : «Ich bin nitt für dich»; da laß mich umb sorgen 81 ! Biß 82 ein wenig früntlicher und laß mich geniessen 83 ; hab ich dir ye guts thon, mach mich mitt dinem abtretten 84 nitt zu schanden! Gib mir ein früntliche antwurt, deß mustu by mir geniessen den tag, den du lepst 85 !

Jetzund gnade dir gott 86 der geb dir ouch in din gmüt, daß du mitt fröuden sinen willen thügist. Datum m.

k-i von Du bis mag unten am Rande eingesetzt.
m Weiter unten folgt der Zusatz (siehe c-d).
Annas Befürchtungen, auf die Bullinger anspielt, eher unbegründet erscheinen. — Außer Thumysen käme nur noch eine Amtsperson in Frage, vor der sich Anna hätte fürchten können: Kaspar Nasal; Frau Adlischwyler und Anna waren nämlich von ihm «bevogtet» (HBLS I 109; s. auch AZürcherRef 1613). Aus Feldkirch stammend, hielt sich Nasal bereits 1504 in Zürich auf, wurde 1505 Bürger der Stadt, 1512 des Großen und 1530 des Kleinen Rates (von der Zunft Meisen), 1525 Armenpfleger, 1530-1532 Eherichter, 1530-1542 Obervogt zu Meilen, 1533 Pfleger zu St. Jakob an der Sihl. Auch er stand der Reformation wohlwollend gegenüber. Verschiedentlich wurde er in Klosterangelegenheiten in Anspruch genommen (s. AZürcherRef 722. 1563. 1658. 1778. 1823; Bucher 123f). Nach 1531 unterhielt er gute Beziehungen zu Bullinger und seiner Familie (s. HBD 12, 18. 21, 16. 22, 12; HBRG II 274f. III 103. 107. 302; Z XI 493; Jacob 50. 109; HBLS V, 234, weitere Lit. s. dort). Als Vertreter der finanziellen Interessen der beiden Frauen und wohl auch als Vertrauter der Frau Adlischwyler mag sich Nasal vielleicht gegen die Heiratsabsichten Annas gestellt haben.
73 Drohen.
74 fällt, kommt zum Fall.
75 kennst.
76 blöde, furchtsam (SI V 40).
77 Anfechtungen unterworfen (SI I 666).
78 Anna stand also damals bereits fest auf evangelischem Boden, was ja auch schon für die Zeit des Brautwerbungsschreibens (Oktober 1527) angenommen werden darf (s. oben S. 126, Anm. 1; auch Blanke 95).
79 Bedarfst.
80 Vorwand, Ausrede.
81 Das laß meine Sorge sein!
82 Sei.
83 den Lohn für meine Bemühungen ernten (SI IV 817).
84 Verzicht, Rücktritt.
85 Das soll dir vergolten werden bis zu deinem Lebtag!
86 Gruß, mit der Bedeutung: Gott segne dich (vgl. SI II 661f).