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Autograph: Zürich StA, E II 351, 61 (Siegelabdruck) a Druck: Vadian BW VI 698-700, Nr. 1590
[1]Bullinger soll auch den heiligenden Brief auf Bitten ihres gemeinsamen Freundes Hieronymus
Sailer an Francisco de Enzinas nach Basel schicken. Die Freundschaft zwischen
Sailer und dem gelehrten und umgänglichen Enzinas lässt es nicht seltsam erscheinen,
wenn sie sich immer wieder viele Briefe hin und her schreiben. -[2]Das Geltungsbedürfnis
des Antronius [Abt Diethelm Blarer von Wartensee] ist Vadian bekannt. Er staunt darüber,
dass sich der maßlose Ehrgeiz und die Geisteshaltung dieses Menschen so weit von seinem
Ordensgelübde entfernt haben. Er weiß aber, dass der Abt weitaus mehr als andere mächtige
Fürsten Kaiser Karl V zugetan war und bei dieser Haltung geblieben ist, es sei denn, er sei
unterdessen wankelmütig geworden. Er hat nämlich in den letzten Jahren in bewundernswerter
Weise mit den Kaiserlichen zusammengearbeitet. Vadian weiß allerdings nicht, ob
nur in seinem oder auch in anderer Namen. -[3]Aus Lyon berichten [sich dort aufhaltende]
St. Galler, dass König Heinrich II. von Frankreich einige gut gerüstete Abteilungen von
Reitern und Fußsoldaten nach Niederburgund, das sie Bourg-en-Bresse nennen, verlegt hat.
Einige meinen, sie sollen der Verteidigung dienen, es gibt aber auch andere Vermutungen.
Viele denken dabei an Straßburg und glauben zu wissen, dass es der französische König auf
diese Stadt abgesehen hat. -[4]Es soll sicher sein, dass Karl V den Abschaum italienischer
und spanischer Soldaten, die zuvor in den schwäbischen Städten verstreut waren, nun gegen
Württemberg zusammenzieht. -[5]Auch wurde, so berichtet man, das ganze Donaugebiet,briefe_vol_21-105 arpa
das zuvor im Machtbereich von Pfalzgraf Ottheinrich von Pfalz-Neuburg lag, vom Kaiser
an den bayerischen Herzog Wilhelm IV verkauft oder zumindest verpfändet. Wilhelm IV
soll Fernando Alvarez de Toledo, Herzog von Alba, deswegen 20'000 Gulden bezahlt haben,
die der Kaiser diesem verdienten Helden schenkte. -[6]Es ist schrecklich, wie schlimm die
[kaiserlichen]Garnisonen in Nördlingen, Bopfingen, Giengen an der Brenz, Dinkelsbühl
und Ulm sich fortwährend an den Frauen, Kindern und Bediensteten vergehen. Möge Gott
dies beenden! -[7]Täglich treffen vertrauenswürdige Nachrichten ein, dass Karl V die
Eidgenossen nicht angreifen wird, solange er sie nicht durch Bestechungen voneinander
spalten kann. Bei den Berichten schwingt die Befürchtung mit, dass schon eine hohe Bestechungssumme
vom Kaiser gezahlt worden sei. Vadian selbst weiß nicht, was er davon
halten soll. Gott möge eine Spaltung der Eidgenossen verhüten! Insgeheim kursiert das
Gerücht (und das sei nur Bullinger anvertraut!), dass eine Stadt der Eidgenossenschaft dem
Kaiser bereits Zugeständnisse gemacht habe. Mit Bedauern wird berichtet, dass man sich
vor Verrat und Trennung vorzusehen habe, falls sich Bern bereits dem Kaiser zugewendet
hätte. Möge es Gott verhindern! Vadian aber denkt eher an Luzern, von wo man von einen
Wechsel im Schultheißenamt berichtet. Er vertraut jedoch den altgläubigen Orten völlig
und hält es mit dem von Aulus Gellius wiedergegebenen Verslein von Ennius, dass man
die Gerüchte nicht vor das Gemeinwohl setzen soll. -[8]Grüße. Bullinger soll die für
St. Gallen relevanten Nachrichten [von der Badener Tagsatzung]mitteilen.
S. Et has literas 1 , his meis inclusas, ut ad Dryandrum 2 nostrum Basileam perferendas cures, sedulo te rogat Saylerus 3 , communis amicus noster. Multa enim ipsi cum homuncione tam docto et commodo et amicitia et familiaritas est, ut nihil mirum sit, si ultro citroque plurimas illi ad se invicem literas missitent.
De Antronii 4 ambitione intellexi. Miratus sum hominis immodicam cupiditatem et animum a sua professione longe alienissimum. Scio autem illum ipsum longe proniore in caesarem 5 animo quam in quemquam alium quantumvis potentem principem dudum fuisse nec mutasse sententiam, nisi polii, quod dicitur, folium est. 6 Mire enim annis proxime praeteritis cum caesarianis collusit. An sui solius, an aliorum nomine, nescio. 7
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E Lugduno 8 scribunt nostri 9 , Gallum 10 instructissimas turmas equitum aliquot peditumque catervas in Burgundiam illam declivem seu submontanam 11 , quam ipsi pressam, hoc est humilem, Burgunpress 12 , vocant, immisisse b . Eas sunt, qui putant, praesidio futuras. Alu alia suspicantur. Multi de Argentorato 13 cogitant nescio quae, et earn urbern Gallo chararn esse sibi persuadent.
Certum aiunt esse, caesarern fecern illam militiae Italice Hispaniceque, ante in Suevicas urbes 14 dispersarn, contrahere jam nunc et agro Wirtenburgensi 15 immittere.
Sed et agrum omnem c Danubio 16 imminentem, qui ditionis antea Ottonis Henrici 17 , comitis Palatini, fuit, a caesare Guilielmo Bavaro 18 venundatum aut certe oppignoratum, ut aiunt. 19 Plusculae ad nostros scriptae literae constanter asserunt. Nam is duci de Albania 20 iam nunc eo nomine viginti milia aureorum numerasse dicitur, quae heroi illi haud parum merito caesar donavit.
Man khan eß nit gnug klagen, wie ellenklich 21 die zusätz 22 [z]u d Nördlingen 23 , Poppfingen 24 , Giengen 25 , Dinkelspül 26 und Ulm sich mit weyb und kind und diensten 27 für und für haltend. Gott welle eß wenden 28 . Amen.
||61v Vertrauwte leut 29 schreybend täglich: So ferr sich die aydgnoßen mit gelt nit übertönen 30 und trennen laßind, so werde sy der kayser nit leychtlich anwenden noch zu bekriegen undernemen, etc. Schreybend dergleychen, samm 31 sy besorgind 32 ,
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das ouch von dem kayser große summa geitz in die aydgnoschafft, trennung ze machen, khomen sey. Ob ettwas daran sey, oder nit, mag ich nit wüssen. Gott weile unns treuwlich vor trennung verhüten. So wirt dann ouch gantz vertrauwenlich und in allem gehaim geschriben (quod tibi soli significo), das ain furnäme statt der aydgnoschafft ire ougen schon verkert und mit ettwas zusagen an den kayser gewendt habe, etc. Und wirt mit ettwas trauren angezaygt c , samm man sich verwegen 33 haben 34 muß, das in die bärenhaut schon ain groß loch gemacht sey 35 und man sych trennung und prodition oder doch desertion zu versechen 36 habe. Dafor gott unserthalb treuwlich sein welle. Ego de Lucerna 37 cogitavi, 38 cuius scultetum 39 de gradu deiectum 40 nostri mussitant. Verum ego mihi de Pagis omnibus longe optima et fidelissima ita polliceor, ut totum etiam illum Ennii 41 de Flaminio versiculum mihi vendicarim 42 , quem in noctibus suis Gellius 43 habet: Non ponebat enim rumores ante salutem.
Vale et, si quid alicunde, quod urbis nostrae interesse putaris, oro, me ne caeles. 44 Sangalli 23. ianuarii anno 1548. Vadianus.
[Adresse darunter:] Candidissimo viro domino Henrycho Bullingero, clarissime urbis Tigurinae episcopo meo colendissimo.