[293]
Autograph: Zürich StA, E II 342, 18r.-v. Zusammenfassende Teilübersetzung: Rudolf; Aussöhnungsversuch 510f
Erklärt die Funktion der in Krisenzeiten, wie während der vergangenen Solothurner Reformationswirren, ständig in Luzern tagenden fünf bevollmächtigten, geheimen Ratsboten der V Orte. Beklagt, daß die reformierten Orte einander mißtrauen und nichts im geheimen verhandeln können. Uneinigkeit unter den V Orten. Bullinger befürchtet, daß sich die Annäherung von Papst und französischem König unheilvoll auf die Eidgenossenschaft auswirken wird, wogegen die reformierten Orte in ihrer Schwäche kaum etwas ausrichten können. Schreibt deutsch, damit Myconius den Brief einem Gönner zum Lesen geben kann. Auf Wolfgang [Wissenburgs]Brief wird Leo Jud antworten. Empfehlung für Oswald.
Gnad und frid von gott.
Wer die 5 syend, lieber bruder, und was sy understandint 2 , merck also. Die Immontani 3 sind kriegslüt und wüssend, was inn den gemeinden, ouch inn rädten under
Briefe_Vol_03_0243 | arpa |
---|
vilen personen verhandlet wirt, daß es gar nitt verschwygen, und so dann die radtschläg 4 geoffnet 5 , das grosser schad daruß entstat, das sich der vynd darnach weyß ze rychten. So dann ye müssend radtschleg sin, wo man ettwas sölicher sachen will ann die hand nämmen, so habend sy vor unsermm unfaal 6 vor jaren 5 man, uß yedem ort einen, gen Lutzeren verordnet mitt volmächtigem gewallt, die radtschleg ze thun 7 . Also hast, wer sy syend und was sy thügind. Jetzund, wie die vonn Solothurn in zerwürffnus kummen, sind aber 8 quinqueviri Luceriae 9 xin, daß sich wol ze versähen 10 , was sy gethon, oder was iro fürnemmen, ex ante actis. Ob sy aber noch syend, vragst. Nein, ich kan nitt verston, daß sy noch syend, diewyl doch die sach jetzund vertragen 11 ist. Sy sitzend da (wenn ettwas löüffen 12 vorhanden), habend iro kundtschafft, erfaarung und erkondigung allenthalb. Darnach rychtend sy alleß in stille, causa a , worumb wir allwäg nüt vernämind, wenn sy sich rustind b , und wenn sy meynend, daß gut sye, so varend sy dahär. Sy habend die gmeinden 13 ad votum. By denen bringend sy mitt gschwätz ze wägen, was sy wellend. Darzwüschen mag niemands nützid von inen durch ghein späch 14 vernemmen, und wo man sust hin kumpt, erfaart man allwäg nüt dann fryden, doch das yederman sölle gerüst sin. Dann vonn den consiliis wüssend ouch die gemeynen rädt nüt. Also gadt es, wenn sy sich neiswas 15 versähend 16 oder besorgen müssend. Haec in genere.
Wir c sind nitt zemen ze bringen. So truwt gheiner dem anderen nüt. Empfilcht man besondern personen, so wills die gmein 17 nitt lyden; sy will ouch wüssen, womitt man umbgang. Schlecht es umb 18 , so müssend die heymmlicher verräter sin 20 20 . Handlet man neiswas one besonder personen, so ist es alleß geschwätzt und ein confusio. Darzu sind wir allß arm, daß man kum weist, wemm man truwen sol. Vere, vere, postrema tempora: 2. Timoth. 3[1ff]. Quos non detur, at hypocrisis, eos daementat [!]pusilanimitas. Quisque sibi consultum putat, si ipse caveat, sileat, negotio sancto non immisceatur. Interim vincunt impii et semel omnia vectant d .
Jetzdan weiß ich gar nüt von iro handlung, hörr nitt, daß sy ützid besonders handlind, dann daß sy selbs einandren seer vynd, doch occulte. Es sind simultates 21 .
Briefe_Vol_03_0244 | arpa |
---|
Ennius 22 hatt sy wol zugerüst. Jetzund van er hin 23 , und sind die herren 24 eins, umb dero willen die 5 ort vor warend uneins, und scheinend sich jetzund der sach etc. Vereor autem, ne quid maximi mali nobis ex illa regis et pontificis societate oboriturum sit. Tu si quid certi de ea habes, fac sciam. Sind sy eins umb das Meyland, so wirt es under unß an ein hynlouffen 25 und unghorsamme gon. Sind sy den sust eins und dem keyser nitt zewider, so wirt es an ein vervol- 18v. || gen gon. Gwünnend sy dem keysser das Meyland an, so habend wir vor iro übermut ghein ruw. Werdent sy geschlagen, so werdents ein fart 26 gesucht inn nästen 27 . Hälffend wir, so sind wir umb 28 ; hälffend wir nitt, so sind sy umb, und geniessend wir sy nüt 29 . Wo nun uß? Vides vindictam domini sanguinariis nobis impendere. Vides verum esse verbum domini: «Qui effuderit sanguinem humanum, fundetur sanguis illius» [Gen 9, 6]. Was wir nun mitt den unsern anhebind, so ist ghein einigheyt, so ist ghein satt 30 hertz, ob schon ettlich 31 , dero doch vast wenig, so mögend 32 sy es nienan 33 hin bringen, und ob es neißwan bracht wirt, so kost es die frommen und kömend die schelmen darvon. Die truckends dann alleß under. In hisce sumus angustus. Dorumb gott wol anzerüffen ist, daß er sich unser erbarmm und hälff, das ich imm ouch trüwlich vertruw. Dann ich sich 34 sunst by der wällt nitt vil redlichs. Hüt also, morn also.
Scis, cur tibi scribam germanice, si forsan hasce patrono nostro 35 exhibeas legendas. Caeterum curaveris post hac, ne ulli offerantur mortalium. Effudi enim in sinum charissimi amici, quicquid noctes atque dies angit. Breviter video actum esse de Helvetia: Fuimus Troës. Da e will ghein ratschlagenn nüt hälffenn. Es gadt alleß hindersich. Vereor tempus adesse vindictae, maturare dominum, daementare [!] omnia consilia. Interim tamen non cessandum nobis, tentanda omnia pro patria, maxime vero orandus dominus, si forsan, ut olim, fiat pax in diebus nostris. Sed semper obstant Iosiae tempora, quibus nostra usqueadeo sunt similia 36 . Forsan agimus nunc sub Zedechia f 37 .
Literae tuae 23. novembris scriptae 38 3. decembris tandem sunt redditae, quo minus
Briefe_Vol_03_0245 | arpa |
---|
mireris, si tardius scripserim. Ad literas Wolphgangi 39 respondit Leo 40 . Wolphgango scribere non licuit. Salutabis hominem et excusabis nos.
Vale, frater in domino charissime.
4. decembris.
Commendatum tibi habe hunc Osvaldum 41 .
1533.
Totus tibi deditus
Hein. Bullingerus.
[Ohne Adresse.]