Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[405]

Berchtold Haller an
Bullinger
[Bern],
3. Juli 1534

Autograph: Zürich StA, E II 360, 13 (Siegelspur) Ungedruckt

Ludwig von Diesbach lobte Bullingers Freundlichkeit nach seiner Rückkehr aus Zürich, brachte aber keinen Brief von ihm mit. Haller freut sich über die Kriegserfolge in Württemberg, er befürchtet nur, daß dem zurückeroberten Herzogtum lutherische Prediger aufgenötigt werden. Ein Brief von Jakob Otter aus Esslingen und die Erfahrungen des Prädikanten von Birmenstorf und Gebenstorf, Michael [Tuberius?], beim Heer des Landgrafen Philipp von Hessen bestärkten ihn dabei. Leo Jud machte ihn auf Bucers Schreiben «an die von Münster» («Bericht...»]aufmerksam; Haller bittet um Bullingers Meinung darüber. Er meint, in der darin vertretenen Abendmahlslehre entferne sich Bucer von Zwingli. Wenn der nächste Teil von Bullingers Korintherbriefkommentar gedruckt ist, wird ihn der Briefbote gleich mitbringen; Bullinger soll damit nicht belastet werden. Meganders Kommentar zum Epheserbrief ist in Basel erschienen. In Bern steht es mit Kirche und Staat gut. Man sucht Verräter aus dem Zweiten Kappelerkrieg. Befürchtet Unglück aus Berns Vorgehen wegen des [ausstehenden] Waldshuter Zehnten. Haller predigt über die Apostelgeschichte; der Hebräerbrief wird gemeinsam mit anderen studiert. Grüße.

in Richtung Konstanz weitergezogen. Siehe Kessler, Sabbata 416; EA IV/IC 313 a. 318 b; Feyler 351.
39 Freiherr Ulrich VIII. von Hohensax, Herr zu Bürglen und Forstegg, 1462-1538, war ein typischer Vertreter des privaten militärischen Unternehmertums. Ulrich von Hohensax erwarb sich, nachdem er für den Kaiser tätig gewesen war, vor allem Verdienste als Söldnerführer und Diplomat für die Eidgenossen in Oberitalien. Er führte in seinen im Rheintal und im Thurgau gelegenen Herrschaften die Reformation ein, machte diese aber nach dem Kappelerkrieg 1531 wieder rückgängig. Er lebte von der Reformation bis zu seinem Tod zumeist auf seinem Schloß
Bürglen (Kt. Thurgau). Mit Bullinger scheint er keinen Briefwechsel geführt zu haben. - Lit.: Martin Bänziger, Freiherr Ulrich VIII. von Hohensax, Herr zu Bürglen und Forstegg (1462-1538). Studien zu einem Vertreter des privaten militärischen Unternehmertums im ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhundert, Diss. Zürich 1977; HBLS VI 108.
40 Blidegg (Kt. Thurgau).
41 Rorschach (Kt. St. Gallen).
42 Diethelm Blarer von Wartensee.
43 Anna Bullinger, geb. Adlischwyler.
44 Anna Bullinger, geb. Wiederkehr.
45 Leo Jud.
46 Pfarrer Johann Rudolf Thumysen.


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S. Retulit nobilis ille a Diesbach, quantum illi exhibueris humanitatis, ita ut in commendanda ea pro voto verba viderentur deficere 1 . Ubi vero literas tuas exigebam, semper omnium charissime Heinrice, respondebat te in illius abitu a domo abfuisse forte prae negotiis utriusque a oblitus.

Utcunque apud nos novi nihil est, nisi quod de Wirtenbergico circumferunt bello 2 . Successus siquidem iuxta hominem placet, id vero maximopere displicet, immo id ipsum unice cum Othero Eslingiacensi vereor, cuius literas 3 10. iunii datas brevi accepi, ne ducatui Lutheranos obtrudat contionatores 4 . Nam ex nostris quidam, qui et apud vos aliquandiu est alitus, Michael 5 , ein seyfensieder, vorziten mitt Blaurero ein Alperspacher münch, kurzlich ein praedicant ze Birmenstorff und Gäbistorff, qui his diebus et principem et exercitum secutus audiri non potuit - qui cum contionatores principis Cattorum 6 , quos 4 ferunt, adire conaretur, dissuaserunt illi optimi quique. Quam primum enim illum audirent apud Helvetios evangelium docuisse, illum pro fratre penitus non agnoscerent nec etiam admitterent 7 . Praeterea retulit hanc in tota Wirtenberga famam esse, disputationem futuram, maxime vero cum Luthero ipso 8 . Sed quid expediri poterit cum homine? Siquid igitur harum rerum et tu quoque perceperis, obsecro, fac, ne me lateant.

Commendavit Leo 9 libellum ad Monasterienses Buceri 10 . Cuius sententiam ferme in fine de eucharistia et quod sit principale in caena domini ubi legeris, fac, audiam iudicium tuum. Vult enim omnino in caena fidelibus

a vor utriusque gestrichen forte.
1 Zum Besuch des Ludwig von Diesbach in Zürich s. oben S. 204, 1-3.
2 Zum erfolgreichen Krieg zur Wiedereinsetzung Herzog Ulrichs von Württemberg, der mit dem Frieden von Kaaden vom 29. Juni 1534 endete, s. Heyd Il 445-500; Wille 170-234; Keller 54-100.
3 Jakob Otters Brief an Haller ist nicht erhalten.
4 Ähnliche Befürchtungen deutete auch Myconius an, s. unten S. 245, Anm. 7.
5 Wahrscheinlich Michael Tuberius, der wenigstens bis 1521 Augustinermönch und Mitkonventuale von Ambrosius Blarer in Alpirsbach (Württemberg) war. Thomas Blarer ließ ihm durch Ambrosius Blarer am 9. Mai 1519 und 1. Juni 1521 Grüße ausrichten. Tuberius scheint später in der Schweiz als Seifensieder und dann als Pfarrer gewirkt zu haben. Er ist offenbar identisch mit dem ungenannten Prädikanten, der sein Amt in Gebenstorf und Birmenstorf (beide im Kt. Aargau) am 23. Mai 1533 antrat und 1534 flüchten mußte. Da sich in die Gerichtsbarkeit von Birmenstorf (damals in der Grafschaft Baden) Bern und die Grafschaft Baden teilten, war das Schicksal sowohl des reformierten
als auch des katholischen Ortspfarrers - im Kompetenzbereich des bernischen Hofmeisters von Königsfelden einerseits und des eidgenössischen Landvogtes zu Baden andererseits - nicht leicht. - Lit.: EA IV/IC Reg.; Blarer BW I 24f. 35. II 775; Pfister 112, Nr. 679. 198.
6 Landgraf Philipp von Hessen. - Die Prediger, die ihn während des Feldzuges umgaben, sind namentlich nicht bekannt.
7 Ein Ausschluß der Reformierten vom Predigtamt in Württemberg hatte sich in dem gegen die «Sacramentirer» und andere gerichteten 1. Artikel des Friedens von Kaaden angekündigt, s. Wille 205. 214; vgl. Köhler, ZL II 341.
8 Der Plan eines neuen Gespräches ging auf Bucer zurück und war als Fortsetzung des Marburger Kolloquiums gedacht, s. Köhler, ZL II 331.
9 Leo Jud; sein Brief an Haller ist nicht erhalten.
10 Gemeint ist das «an die von Münster» gerichtete Büchlein Martin Bucers: «Bericht auß der heyligen geschrift von der recht gottseligen anstellung und haußhaltung Christlicher gemeyn, Eynsatzung der diener des worts, haltung und brauch der heyligen Sacramenten», Straßburg 1534 (Bibliographia Bucerana 43); Näheres


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verbo et sacramentis corpus verum Christi, similiter et sanguinem exhiberi, non quod sit unitum pani naturaliter, realiter aut corporaliter, sed sicut contractus et pollicitationes in externis non solum consensu, verum etiam verbis et sacramentis (ut dum iunguntur dextrae, litterae sigillatae etc.) fieri solent, ita et in hac quoque cenae celebritate. Deinde gratiarum actionem, quam Zvinglius principe loco ubique posuit, is posteriori tribuit 11 atque iis omnibus vult sarciri posse concordiam inter nos 12 .

Caeterum non dubito quaedam iam tandem in Chorinthios 13 prelo absoluta esse. Si quae sint et gratia typographi fieri poterit, tabellio 14 ille ad me ferat. Nolo autem te gravari. Nam quaecunque apud vos tua hactenus sunt excussa, Cristophorus misit. Misisti et tu dono, quasi non sis, plus quam par sit, quottidie meis negotiis et quaestionibus gravatus.

Excussit Heinricus Petri Basilaeae Megandri commentarios in Ephesios 15 , quos nimirum Miconius ad vos misit 16 . Observat mirum in modum alter alterum, sed velim, «omnia fiant in aedificationem» [1 Kor 14, 26].

Valemus interim omnes summa, ni fallor hypocrisi, concordia. Valet senatus et ecclesia. Man sucht all tag praeteriti belli calamitosi 17 imposturam et proditionem. Sobald sich der handel usßtritt 18 , te non latebit. Quod tabellio ad vos pergit, mittuntur et b alii ad omnes pagos 19 . Ich bsorg, wir wellind unß frembds glücks trösten und eigen unglück uff den halß laden mitt dem zähenden zu Waltzhutt 20 . A tuis intelliges nostratum conatum, quem profecto

b vor et gestrichen ad.
zum Werk s. oben S. 124, Anm. 3; vgl. auch Köhler, ZL II 321-324.
11 Zu Hallers Beurteilung von Bucers Schrift s. Köhler, ZL II 325.
12 Zur Bedeutung des Werkes bei Bucers Vermittlungsbemühungen im Frühjahr 1534 s. Köhler, ZL II 324-326.
13 Bullingers «Commentarius in priorem Pauli ad Corinthios epistolam» erschien im Juni 1534 (HBBibl I 53).
14 Der Überbringer des Briefes war ein Berner Ratsbote, s. Anm. 19.
15 Kaspar Megander, «In epistolam Pauli ad Ephesios commentarius», erschien erst im August 1534 bei Heinrich Petri in Basel. Zur Entstehungsgeschichte des Werkes s. HBBW III 86, 72f. 149, 31. 274, 36f und Anm. 9.
16 In keinem der Briefe des Myconius an Bullinger aus dem Jahr 1534 ist Meganders Epheser-Kommentar erwähnt.
17 des Zweiten Kappelerkrieges.
18 sobald sich die Sache klärt (SI XIV 1479).
19 Bern fragte am 2. Juli 1534 die XII eidgenössischen Orte an, «ob man sich der Hülfe ... der XII Orte vertrösten dürfe, falls der römische König [Ferdinand I.] denen zu Bern das Ihrige verabfolgen zu lassen sich länger weigern sollte» (EA
IV/IC 353 zu a); zur Sache vgl. die nächste Anm.
20 Bern zeigte sich empört, «weil Österreich dem Gotteshaus Königsfelden seine Zinse und Zehnten zu Waldshut vorenthält», und wollte das von König Ferdinand I. angebotene Schiedsgerichtsverfahren nicht abwarten, sondern rüstete zum Krieg, was die übrigen Orte eher abschreckte (s. EA IV/IC 352f). Zürich wollte Bern am 15. September 1534 überreden, sich wenigstens in Genf nicht zu stark zu engagieren (s. EA IV/IC 394). Die V Orte ihrerseits ließen durchblicken, daß nach ihrer Meinung die Ursache der Spannung in der Reformation Berns (und somit auch des Klosters Königsfelden) lag; sie wollten von den Bernern als Gegenleistung den Verzicht auf die weitere Unterstützung der vier exilierten reformierten «Banditen» aus Solothurn, die vom Berner Gebiet aus ihre frühere Heimat beunruhigten (s. EA IV/IC 361 f. 367 qq), und sprachen am 31. August klar aus, daß sie sich Bern gegenüber «nicht zur Hülfe verpflichtet» glaubten, «da ihr [der Berner] Vorhaben dem Glauben der V Orte zuwider sei» und «ihre Gegner der V Orte Bundesgenossen» seien (EA IV/IC 382f a). Die VII katholischen Orte überlegten sogar die Auflösung der Bünde mit


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non certo scio. Quod scripseram proxime 21 , consul c 22 iusserat, sed longe diversum accidisse audio. Dominus novit, cur aliter, quam nos velimus, omnia gubernet, nimirum ut in hunc solum respiciamus. Summa: Utcunque in unum deum fiduciam doceamus. Semper tamen caro a carne propendet.

Vale, doctissime simul et charissime Heinrice. Acta apostolorum pro contione nunc tracto, tractamus et Hebreorum epistolam pro colloquio. Illic observo, quem quisque imitetur; sed de his alias.

Rursum vale.

3. iulii anno 34.

Tuum minimum numisma 23 .

Vide ne et is vacuus ad me veniat tabellio. Salvi sint Leo, Pellicanus, Theodorus 24 , We[r]nherus Steiner et docti quique.

[Adresse auf der Rückseite:] An Meister Heinrich Bullinger, praedicanten zu Zürich, sinem insunders geliepten herren und bruder.