Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[410]

Georg Wimpfer an
Bullinger
Stein am Rhein,
7. Juli [1534]

Autograph: Zürich StA, E II 441, 130f (Siegelspur) Ungedruckt

Hat die Sache [mit Bullingers Briefen an Herzog Ulrich und Landgraf Philipp]erhalten und sofort an Bartmann [Wolfgang Mösel]weitergegeben, der Bullinger selbst über das weitere Vorgehen berichten wird. Auf dem Hohentwiel erwartet man die Fürsten täglich. Der Friede ist ausgerufen und die Kriegsknechte sind entlassen worden. Das Lager der Fürsten liegt bei Riedlingen. Die evangelischen Städte haben Ferdinand I. um Beschützung ihres Glaubens gebeten. Militärische Unterstützung der Fürsten durch den Bischof von Konstanz und den Herzog von Braunschweig. Philipp hat zwei Prediger in seinem Gefolge. Mösel meint, es bestehe keine Gefahr, daß die lutherische Abendmahlsauffassung angenommen werde.

Frid und fröd, gunstiger, lieber herr und patron.

Uff den 5. julii hab ich den handel 2 uff nacht empfangen und 6. julii zu frier 3 tagzyt selbs gen Syon 4 tragen, dem Bartman 5 in sein hand uberantwort. Der hatt mit den junckherren 6 sich berattschlagt und mir bevolhen, euch ze schriben; so erst der handel verfertiget 7 will , er, Bartman, euch dann selbs schriben 8 und wissen lassen, wie es gefertiget sey. Witter batt ich in

5 Hiskia (Ezechias, regierte um 725/15 bis 697/87 v. Chr.) und Josaphat (regierte um 872-851 v. Chr.), zwei besonders fromme Könige Judas als Vorbilder - im Gegensatz zum ägyptischen Pharao als Erzfeind Judas und Israels und als Prototyp eines Tyrannen.
6 Ulrich von Württemberg.
1 Die erwähnten Ereignisse im Zusammenhang mit dem Kriegszug in Württemberg verweisen den Brief eindeutig ins Jahr 1534.
2 Gemeint sind sicher die Briefe Bullingers an Philipp von Hessen und an Ulrich von
Württemberg vom 4. Juli 1534 (oben Nr. 406 und 407).
3 früher.
4 der Hohentwiel bei Singen.
5 Aller Wahrscheinlichkeit nach Wolfgang Mösel, der sich bereit erklärt hatte, Bullingers Briefe an die beiden Fürsten weiterzuleiten. Früher wird er von Wimpfer «barbatus» genannt, s. oben S. 214, 5.
6 Wohl Burgvogt und Kommandant auf Hohentwiel, namentlich nicht bekannt.
7 abgeliefert, weiterbefördert (SI I 1009).
8 Siehe Mösels Brief vom 12. August, unten Nr. 423.


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newer mären 9 halb und gestalt deß fridens. Daruff gab er mir die antwort, das inen vom firsten 10 deß 11 noch nichts zugeschriben wär. Sy wartitind ouch baider oder aller drier firsten 12 täglich. Aber ander warind usß dem leger 13 komen, die sagten inen, uff donstag nechst verschinen 14 nach mittag sy der friden gerüfft 15 worden und die knecht daruff geurlobt. Er sey aber also usgeschruen, das zu baider sitten die gefangen ledig, alle deß kriegs vech 16 und hendel uff und ab 17 , und solle zu baider sytt jederman by dem sinen pliben und gelassen werden. Wie vil aber der kunig 18 gelt geben müs, ist mir nit ze wussen. 12 tonnen sind gehaischt worden etc. Ir werden hernach deß wol bericht empfahen. Die von Stockach haben dem hertzogen ainen botten gefangen, gestreckt und enthoptett. Aber ich waiß nit, was inen getrompt 19 . Sy sind, waß firnäm ist, uß der statt geflohen. Die baid firsten haben das leger von Ehingen haruff biß gen Salmaschwiler 20 in drien huffen liggen. Sy aber ligen by Riedlingen in zwaien dorffern, namlich Unlengen 21 und Tagendorff 22 . Es ist die sag 23 uff dem berg 24 , der landgraff wöll im abschaiden und haimritten dem bischoff von Mentz 25 ain vortantz schencken 26 von etwas anspraach 27 wegen. Es ist dem Bartman gesagt, die evangelischen stett hab[ind d]em a Ferdinando ain bottschafft geschickt und begert, das er inen schirm deß gloubens halb thuw, oder sy wellind ain andern schirm suchen 28 ; was aber mit gottes wort mög widerfochten 29 deß , erpieten sy sich abzeston. Item der bischoff von Costantz hatt den firsten ettlich geschutz geschickt. Item Brunschwig 30 hat 700 pferd innert acht tagen geschickt, und sunst vil pferd und fusßvolck komen. Item der landtgraff hatt zwen predicanten by im. Das ain ist der lesmaister 31 , das ander der provisor
a Rest beim Offnen des Siegels abgerissen.
9 neue Ereignisse, Neuigkeiten (SI IV 360).
10 Herzog Ulrich von Württemberg.
11 davon, darüber.
12 Ulrich, Philipp von Hessen und wahrscheinlich Christoph von Württemberg, Ulrichs Sohn.
13 aus dem Feldlager in Daugendorf bei Riedlingen.
14 am vergangenen Donnerstag, d. h. am 2. Juli, drei Tage nach dem Abschluß des Friedens von Kaaden am 29. Juni. Zum Friedensvertrag s. Heyd II 479-500; Wille 193-234; Keller 69-100.
15 verkündet.
16 Feindschaft, Streit, «Fehde» (SI I 645).
17 zu Ende, abgetan (vgl. SI I 29f).
18 Ferdinand I.
19 was ihnen eingefallen ist, was sie sich vorgestellt haben (SI XIV 985).
20 Salem (Bodenseekreis, Baden-Württemberg).
21 Unlingen bei Riedlingen (Kr. Biberach, Baden-Württemberg).
22 Daugendorf bei Riedlingen (Kr. Biberach, Baden-Württemberg).
23 das Gerücht.
24 auf dem Hohentwiel.
25 Albrecht von Brandenburg, Erzbischof von Mainz.
26 einen Strauß ausfechten (vgl. SI VIII 946).
27 Forderung, Besitzansprüche.
28 Ob eine solche Botschaft an Ferdinand I. wirklich abgeschickt wurde, ließ sich nicht erhellen.
29 widerlegt werden könne.
30 Es dürfte sich um Ernst III., den Bekenner, handeln, der 1521-1546 Herzog von Braunschweig-Lüneburg war.
31 Vielleicht Konrad Öttinger, gest. 1540, Hof- bzw. Feldprediger Philipps von Hessen, der unmittelbar nach dem Sieg bei Lauffen am 16. und 17. Mai in der Stuttgarter Stiftskirche predigte (s. Heinrich Hermelink, Geschichte der evangelischen Kirche in Württemberg von der Reformation bis zur Gegenwart. Das Reich Gottes in Wirtemberg2 Stuttgart und Tübingen 1949, S. 61). Öttinger wirkte dann als Prediger in Württemberg, zeitweise am Hof Ulrichs. Entgegen Blarer BW I 532, Anm. 2, dürfte er doch mit dem wiederholt genannten Konrad Hutzellob (s. Blarer BW II, Reg.) identisch sein, vgl. etwa den Brief der Straßburger an Philipp von


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32 . Bartman hatt sich verwegen 33 aines strusß 34 mit inen und euch und ander zu inn gewunscht. Er fircht im aber gar nicht, frowt sich 35 der ainfaltigen warhait getrost 36 . Doch soll || 131 (als er sagt) niemantz sorgen, das der first oder hertzog des firnemens sey, in seim land lutersche maynung deß nachtmals uffzerichten etc.

Sollichs hab ich mögen uff diß mal erfaren. Witter wirt euch Bartmann selbs berichten. Gehapt euch wol, und wo ich euch dienen kan, da sparen 37 mich nit; dann zu dem, das ichs euch schuldig bin, wils ich allzitt truilich und willig thon.

Zu Stein, 7. iulii.

Ewer williger Georg Wimpfer.

[Adresse darunter:] Dem frommen und erwirdigen herren M. Heinrichen Bulling, sinem gunstigen und lieben patron.