Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[438]

Felix Schmid an
Erasmus Schmid bzw.
Bullinger
[Stein am Rhein?],
13. September 1534

Autograph: Zürich StA, E II 335, 2009 (Siegelspur) Ungedruckt

Hat einen Brief von der Zürcher Obrigkeit erhalten, in welchem er aufgefordert wird, sofort vor dem Rat in Zürich zu erscheinen. Da dies für ihn bei währender Weinernte schwierig ist und er den Grund für die Aufforderung nicht kennt, bittet er, der Sache nachzugehen und einen Aufschub zu erwirken. Falls Erasmus Schmid nicht zu Hause ist, soll sich Bullinger in diesem Sinn der Angelegenheit annehmen.

e mihi steht über gestrichenem quoque.
17 Zur Berufung des Simon Grynaeus von Basel s. oben S. 281, Anm. 72. Ein entsprechender Brief Blarers ist nicht erhalten, wohl aber des Grynaeus Antwort vom 30. September (Blarer BW I 557f).
18 Vgl. oben S. 279, 54f.
19 Vgl. Anm. 1.
20 Anna Bullinger, geb. Adlischwyler.
21 Leo Jud.
22 Juds Brief vom 3. September, worin er die Württemberger Konkordie mißbilligte, erhielt Blarer am 10. September. Am 15. September doppelte Jud nach (Blarer BW I 539f. 542f).
23 Dies erreichte Bullinger, s. unten S. 343, 50f.
24 Anspielung auf die Württemberger Konkordie, s. oben S. 279, Anm. 47.
1 Felix Schmid, gest. 1553, stammte aus dem damals zürcherischen Stein am Rhein und war der Bruder von Erasmus Schmid (Fabricius). 1545 war er Obervogt zu Ramsen (Kt. Schaffhausen), Seckelmeister und 1550 Bürgermeister von Stein am Rhein. Vom Briefwechsel mit Bullinger ist noch ein Brief Schmids aus dem Jahre 1546 erhalten. - Lit.: Vadian BW VI 451; HBLS VI 205.


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Bruderliche truw und alles gutz bevor, lieber b[ruder], M. Erasmus.

Wüssend unser aller gesunthait, gott hab lob. Semlichs von uich allen uns zu hörenn, besunder jetzzumal von der schwöster 2 , were uns sunders grosse fröd etc.

Demnach, lieber bruder, uff hüt sampstag 3 nach mittag umm die 3 kumpt mir diser brieff (so ich uich hiemit schick) von minen heren und obern von Zürich 4 . Bringt mir Crista Wangner 5 und sagt, der Hans Asper 6 habe im den geben zu Zürich, er sölle in mir geben etc. Befrömbt mich semlich schriben grässlich und kan nit erdencken, was ich doch vor minen heren so ilenz ze schaffen hab. Mag 7 nit wüssen, obs ain arge oder gutte mainung 8 hat, jetz in der grossen unruw; dan es uff mitwuch in allem herpst 9 by uns würt sin, und hab niemans, der mir min ding versech 10 , dan es genaw 11 zu wil gon. Und hab ich eben vil dem gemainen man usshy gebaitet 12 , und well gott, daß ich ettwas schaff, so ich selbs dahaim bin; wil verschwigen, so ich nit dahaim wer. Wie es dan wetty gon, mag jettlicher gedencken. Dan vast wenig win würt. Zudem so kan und waiß ich kain ross anzekumen 13 ; ursach 14 jederman ist in aller unruw im herpst und im seget 15 und ist , grössere unruw nit durchs ganz jar dan jetz mit den rossen. So kan ich zu fuss nit gon, ursach min schenckel und knüw, wie ier wol wüssend. Und were min mainung (uff üwer verbesserung 16 ) ier hettid still der sach nachgefragt, ettwa by aim vertruwten ratsfründ, ob ier ursach mines beschribens 17 und erforderens 18 möchtid erfaren, was mainung und gestalt 19 semlich beschriben beschehe etc., wie ier dan baß kündend 20 weder , ich uich schriben könd. Darnach ier dan erfürid, guz oder böß, darnach tätid ier witter. Dan mir semlich beschriben schwär und zum tail groß 21 ist, und kan nit ersinnen noch erdencken, was sy doch mög bedütten. Dan ich nützid waiß vor minen heren ze schaffid z hend 22 , das semlich schriben und erforderen erhösche 23 . Darumb, lieber bruder, thund das best und kerend fliss an. Und dunckte mich, ob ier uich schon gegen aim vertruwten oder zwayen liessid mercken,

2 Elisabeth Schmid, Schwester von Felix und Erasmus Schmid, gest. nach 1542, war verheiratet mit dem Zürcher Rats- und Bannerherrn Hans Schweizer (Schwyzer), der 1531 in der Schlacht bei Kappel fiel (s. Jacob 253-255). - Lit.: AZürcherRef 1450; Paul Schweizer, Geschichte der Familie Schwyzer oder Schweizer in Zürich verbürgert seit 1401, Zürich 1916, S. 81. 91.
3 Der Brief trägt freilich das Datum vom Sonntag, dem 13. September 1534.
4 Nicht erhalten.
5 Unbekannt.
6 Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um den Zürcher Ratsschreiber Hans Asper, der 1558 starb, s. Zürich StA, B VI 253, 23v. und HBLS I 457.
7 ich kann.
8 Bewandtnis, Bedeutung (Grimm VI 1939).
9 Weinlese (SI II 1593).
10 in Vertretung besorgt (SI VII 568f).
11 knapp (SI IV 879).
12 ausgeliehen, gestundet.
13 außerdem kann ich zu keinem Pferd kommen, kein Pferd bekommen (vgl. Grimm I 385).
14 da, weil (SI VII 119f).
15 Aussaat (SI VII 599).
16 unter Vorbehalt eurer Zustimmung (Grimm XII/I 107f.
17 Einladung, Vorladung (SI IX 1523).
18 Aufforderung (vor dem Rat zu erscheinen).
19 aus welcher Sachlage heraus; aus welchem Grund (vgl. SI XI 343f).
20 es besser versteht.
21 hier synonym zu schwer: schwierig (Grimm IV/I 6, 487).
22 Denn ich weiß nichts, was ich vor meinen Herren (des Rats) zu schaffen hätte.
23 erforderlich, notwendig machen würde.


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oder gegen dem burgermaister 24 selbs (so iers ratten wettid 25 ), mine heren und obern hettid mich beschriben, uff nächst mitwuch vor inen ze erschinen. Nun were mir semlichs schwär, ursach der unruw oben erzelt, und hette uich uff semlichs geschriben, im besten die sachen ze erfaren, ob der tag 26 nit uffgeschoben möchte werden ain tag 8 oder 12 27 , und der herpst verruschete 28 , were mir sunderlich ain grosser dienst. Wo es aber je nit anderst künd 29 und möchte sin, so künd ich erkennen und ermessen, daß ich minen heren und obern gehorsam sölle sin, und billich, und söll und müsse erschinen. Es kumme mir dan als übel als es wölle, so müß und söl ich gehorsam sin etc. Semliche mainung verstond ier oder Maister Hainrich vast 30 wol, mir darin das best ratten und helffen und sorgen, so ich doch jetzzumal 31 hinin söll oder müß, daß ich kain ross künd oder mög ankumen etc. Begär uff das üwer rat und verschriben 32 antwurt by zöger 33 , sampt der messif 34 . Und wie ich üwer hilff und rat begär, also, so ier nit anhaimsch 35 werid, begär ich glicher gestalt uff das allerhöchst von Maister Hainrich Bullinger.

Hiemit sind gott alle befolhen.

Datum in il, uff 13. tag septembrii 34.

Felix Schmid.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem würdigen und gelerten hern Maister Erasmo Schmid, chorhern zu Zürich, minem lieben bruder, und in sinem abwesen dem wolgelerten hern Maister Hainrichen Bullingern, predicanten zum münster zu Zürich, minem günstigen heren.