Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

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Wilhelm Reublin an
Bullinger [...] ,
4. August 1535

Autograph: Zürich StA. E II 355, 65 (Siegelspur) Gedruckt: Heinold Fast, Neues zum Leben Wilhelm Reublins, in: Theologische Zeitschrift XI, 1955, S. 422-425

Bittet Bullinger, ihm bei der Einforderung eines Darlehens und des väterlichen Erbteils seiner Frau [Adelheid Leemann] beides wird ihm von seinem Schwager [Felix Leemann] vorenthalten - zu helfen; denn der Rat hat ihm das freie Geleit zu einem Gerichtsverfahren in Zürich nicht bewilligt. Grüße. Schickt ein Geschenk als Andenken.

Die gnad gottes mör 3 sich by dyr in volkumner wyssheit Christi in krafft des heylgen geists, geliebter fründ und bruder.

Wyss, das Felix Löman 4 mir ein schuld glichens 5 gelt. so er zweiff jar lang gebrucht, mit sampt myner frowen 6 vätterlich 7 erbgut, mör dann anderthalb hundert pfund, über all sin verschribung 8 gwaltiglich mir vorhelt 9 , und ichs frintlich vorderen thu, so schlecht er mirs recht für 10 , verhofft, mir nuntz 11 zu

1 Wilhelm Reublin (Röubli), geb. um 1484, gest. nach 1558, aus Rottenburg am Neckar, studierte in Freiburg i. Br. und Tübingen. Ab 1521 Leutpriester in Basel, predigte er reformatorisch, worauf er ausgewiesen wurde. Von 1522 an wirkte er in Witikon (Kt. Zürich), heiratete als erster Priester der Eidgenossenschaft, mußte aber im Januar 1525 als Wortführer der Täufer das Gebiet Zürichs verlassen. Reublin verbreitete in der Folge das Täufertum, weilte in Schaffhausen, Waldshut, Straßburg, Horb, Reutlingen und Eßlingen. 1528/1529 lag er in Straßburg gefangen, war 1530 im mährischen Austerlitz (Slavkov) tätig und wurde in Auspitz (Hustopece) wegen heimlichen Geldbesitzes aus der Täufergemeinschaft ausgeschlossen. Nach einem Evangelisationsversuch in Rottenburg wandte er sich 1531 vom Täufertum ab. Bis 1559 erscheint er gelegentlich in Zürich, Basel, Augsburg und Znaim. — Lit.: James M. Stayer, Wilhelm Reublin. Eine pikareske Wanderung durch das frühe Täufertum, in: Radikale Reformatoren. 21 biographische Skizzen von Thomas Müntzer bis Paracelsus, hg. v. Hans-Jürgen Goertz, München 1978. — Beck'-sche
Schwarze Reihe 183, S. 93-102; Christoph Dejung, Neue Gedanken zu Rolle und Person von Wilhelm Reublin, in: Zwa XVII/3+4, 1987, S. 279-286; H[einold]Fast, in: RGG V 1074.
2 Vgl. unten Anm. 14.
3 mehre, vergrößere (SI IV 371).
4 Felix Leemann, Reublins Schwager, wohnte in Hirslanden bei Zürich. Er hatte Reublin 1522/23, als dieser in Witikon predigte, kennengelernt und sich den Täufern angeschlossen. In den späten zwanziger Jahren scheint er sich aber wieder von ihnen abgewandt zu haben. — Lit.: Fast, Neues, aaO, S. 423.
5 geliehenes (SI III 1239).
6 Adelheid Leemann.
7 Adelheid war die Tochter von Konrad Leemann (vgl. Die Chronik des Bernhard Wyss, 1519-1530, hg. v. Georg Finsler, Basel 1901. — Quellen zur Schweizerischen Reformationsgeschichte I, S. 20, 16f).
8 (bindende) Zusicherung (SI IX 1515f).
9 vorenthält.
10 so verweist er mich auf den Rechtsweg (SI IX 454f; vgl. auch SI VI 257).
11 nichts.


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geben, waist, das ich zu keim rechten kumen mag 12 . Daruff ich eim burgermaister und rat umm glayt zugschriben; und glayt, so den juden geben wyrt, ist mir abgschlagen worden 13 . Darynn ich hoch bschwert und zu merckglichem schaden bracht wyrd; dan ich von haymat hundert und zwaintzig myl der schuld nachgerayset hon 14 . Und soll jecz die sach uffs lengst 15 mit grosem kosten und gfar 16 ghandlet werden, ist min groß verderben, und waiß nit, wie ichs erwarten soll. Darumb schrib ich jecz ein grosen rat umm gericht und recht 17 und beger, was mir von göttlichem rechten zughört, zugstelt werd. Bitt dich als ain fründ und bruder 18 umm gottes wyllen, du wellest mir zu göttlichem und naturlichem rechten raten und helfen, durch welchs mittell du wol kanst, und myner nodt annemen und erbarmen, so wyrt dyrs gott vergelten, und ich wyls och umm dich in truwen verdenen. Gott bewar dich vorm übell. Amen.

Grüß mir Maister Löwen 19 von alter kuntschafft 20 wegen. Sag im, wen wyr uns vom sigkrenczli Christi, wie oder was wyr damitt erstritten 21 , befragen wellen, und was wyr in der schul des trübsals der zit erlernet, och von anderen landen, sachen und secten und nüwe meren 22 , darumm ich gut lust hett, mit uch zu reden, wo zitt wer.

Ninn 23 ain gedenckzaichen 24 , das du min in der lieb nit vergessest.

Geben in yl, uff mitwuch, in exylio 25 , den vierden deß augsts anno domini 1535.

Guilhelm Rebli, ein armer

fründ gottes, din

wylliger.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem kristelichen und evangelischen prediger Maister Häinrichen N., kanczler zum grosenn minster zu Zürch, minem lieben fründ.

12 kann. — Reublin war vom Zürcher Großen Rat am 18. Januar 1525 des Landes verwiesen worden (vgl. QGTS I 35f).
13 Weder das Gesuch Reublins noch die Antwort des Rates scheint erhalten zu sein.
14 Wahrscheinlich war Reublin aus Mähren in die Nähe von Zürich gekommen, wo er bei alten Freunden Unterschlupf gefunden haben könnte (zu den Mutmaßungen über seinen Aufenthaltsort vgl. Fast, Neues, aaO, S. 424f, Anm. 17 und 26).
15 mit Verzug.
16 in böser Absicht (SI I 878).
17 Nicht erhalten.
18 Bullinger und Reublin kannten sich
wahrscheinlich seit den frühen zwanziger Jahren, spätestens seit dem Täufergespräch vom 17. Januar 1525 (vgl. Fast, Neues, aaO, S. 422f, Anm. 9).
19 Leo Jud.
20 Bekanntschaft (SI III 353). — Ihre Bekanntschaft rührte sicherlich aus Reublins Witikoner Jahren. Leo Jud war damals, von 1522 an, Pfarrer an St. Peter in Zürich (vgl. auch Fast, Neues, aaO, S. 422f, Anm. 9 und 424, Anm. 23).
21 Vgl. 1Kor 9, 25.
22 Nachrichten.
23 Nimm.
24 Vermutlich ein kleines Geschenk.
25 Vgl. oben Anm. 14.