Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[735]

Sulpitius Haller an
Bullinger
[Lenzburg],
22. Januar 1536

Original von der Hand Hemmann Haberers: Zürich StA, E II 360, 297 (Siegelabdruck) Ungedruckt

Dankt für ein Schreiben vorn 21. Januar und bittet, ihn weiterhin über alles zu unterrichten, besonders über den bevorstehenden Tag [zu Basel]. Die nach Bern einberufenen 6000 Mann ziehen heute aus; sie werden angeführt von [Hans Franz]Nägeli. [Wolfgang von] Wingarten, Leonhard Brenzikofer und [Johann Anton] Tillier. Mit ihnen ziehen Freiwillige unter der Führung von Georg [Zumbach, gen.]Hubelmann, Jakob May, Jakob Wildermut und Erhard Burger -insgesamt um die 10000 Mann, die 16 Geschütze mit sich führen. Bullingers Vetter Götz [Keller]hat sich dem Aufbruch angeschlossen.

Myn guttwillig dienst zu allen zytten bereytt zuvor.

Günstiger herr, üwer schryben, den 21. tag jenners gäben 1 , han ich wol verstannden, dancken üch ouch uff das höchst üwer trüg 2 , guttwilliger müg 3 und ernst, so ir gägen unß bewysen und haben etc. Demnach ist ouch min frünlich bitt an üüch wytter, alles, das ir mögen vernemen, das unß dienen und gutt syn möchte, mich des selbigen allweg 4 zeberichten und üch da kein kost noch arbeytt nitt hinderen lassen und das selbig by eyner bottschafftt, wo ir sunst kein gwüssni hettend 5 , harschicken; sol den botten wol gelonett werden. Sonders bitt ich üch ouch, so üwer botten ab dem tag 6 heimkommen, mich ir a handlung zeberichtten. Alles, das dan ouch ich gwüsses vernim, soll üch ouch allzytt unverhallten sin.

Danne so wüssent, das min g[nedigen] h[erren] uff hütt mitt den irren zu Bernn versamlett, in dem namen gottes uß ziechen mitt grossem ernst und gewallt mitt einem statt vennli und schützen fennli darzu 7 . Ussgnommen sind 6000 man, zu dem ist houpttman seckellmeyster Nägeli 8 , lütiner vennrich Wingartter 9 , vennrich Lienhartt Brentzikoffer'°, schützen .vennrich alit b

a vor ir gestrichenes de.
b vor allt gestrichenes sch.
1 Nicht erhalten.
2 Treue.
3 Bemühung.
4 immer.
5 durch einen besonderen Boten, wenn sonst kein zuverlässiger Überbringer zur Verfügung steht.
6 Gemeint ist die auf den 30. Januar nach Basel einberufene Tagsatzung der evangelischen Orte; vgl. EA IV/1c 598. Zum Auszug der Berner nach Savoyen vgl. Anshelm VI 258f; Gilliard, Conquête
76f. Bullinger fasste die in diesem Abschnitt übermittelten Nachrichten in einem Bericht zusammen, der am 25. Januar dem Zürcher Rat vorgelegt wurde; s. Zürich StA. A 246. 1.
8 Hans Franz Nägeli; vgl. Gilliard, Conquête 58f.
9 Leutnant (d. h. Stellvertreter des Feldhauptmanns, vgl. SI III 1527f) war Venner Wolfgang von Wingarten (vgl. Gilliard, Conquête 59). Das Amt eines Venners hatte er erstmals 1533-1535 und später noch mehrmals inne; vgl. Fabian, Geheime Räte 361-364.
10 Leonhard Brenzikofer, von Bern, gest.


Briefe_Vol_06_098arpa

schulthes zu Burtorff, der Tilger 11 . Demnach so sind verordnett zwö frye vennli, ist zum einen houbttman Jörg Hubellman 12 und Jacob Mey 13 , zum anderen die houbttlütt, so vor da inen geschlagen 14 , Jacob Wildermutt und Erhartt Burger von Nydow, allso das ich gloub, das irren mitt den fryen knächten ob zächen tusent c werde. Zu dem so fürend sy 16 stuck büchssen 15 mitt innenn. Der herr welle sin gnad und krafftt darzu thun, das die armen verlossnen erlösst und disser krieg zu furderung gottes eer und waren globens reyche, alls ich ouch ungezwyffttler hoffnung.

Hiemitt gott bevolchen. Üwer vetter Götz 16 ist zu reyss 17 .

Datum samstag, den 22. ianuarii anno 36.

c in der Vorlage husent.
1554, Fähnrich (vgl. SI I 831f) auf dem Feldzug in die Waadt, gehörte seit 1520 dem Grossen Rat an. 1536 wurde er Schultheiss zu Thun, 1544 Landvogt zu Lenzburg und 1550 Landvogt zu Interlaken. — Lit.: Gilliard, Conquête 59; HBLS II 352.
11 Johann Anton I. Tillier (Anthoni Tilger), von Bern, gest. 1562, wurde 1529 Schultheiss zu Burgdorf (Kt. Bern) und nach dem Feldzug des Jahres 1536 erster Landvogt zu Avenches (Kt. Waadt). Ab 1539 gehörte er dem Kleinen Rat an; 1541 wurde er Venner, und von 1552 an amtete er als Seckelmeister des deutschsprachigen Landesteils. Ausserdem trat er oft als Gesandter Berns in Erscheinung. Eine von ihm errichtete Stipendienstiftung für Theologiestudenten existiert noch heute. — Lit.: ASchweizerRef, Reg.; ABernerRef, Reg.; EA IV/1b-IV/2, Reg. und Anhang II; Fabian, Geheime Räte 362f; HBLS VI 791, Nr. 4 (vgl. auch Nr. 31).
12 Georg Zumbach, gen. Hubelmann, von Bern, gest. 1543, nahm 1527/28 als Hauptmann einer bernischen Truppe in französischen Diensten an den Zügen nach Oberitalien und Neapel teil. 1530-1532 war er Landvogt im Maiental (Valle Maggia, Kt. Tessin). Seit 1534 gehörte er dem Kleinen Rat an. Während des Feldzugs von 1536 war er Mitglied des Kriegsrats. Nach der Eroberung von Yverdon (Kt. Waadt) wurde er dort als
erster Landvogt eingesetzt. — Lit.: Z VIII 818, Anm. 5; ASchweizerRef, Reg.; Anshelm V. VI, Reg.; EA IV/1b-c, Reg.; Gilliard, Conquête, Reg.; HBLS VII 760.
13 Jakob May.
14 die schon früher in jener Gegend gekämpft haben (nämlich im Oktober 1535 bei Gingins; vgl. HBBW V, Nr. 684).
15 Geschütze (SI IV 1001).
16 Gottfried (Götz) Keller (nach dem ursprünglichen Namen des Vaters auch: Götz Zubler), der Sohn der Stiefschwester von Bullingers Mutter, war ein wohlhabender Scherer und Wundarzt. Als Bürger von Lenzburg ist er erstmals 1512, als Ratsmitglied erstmals 1517 und letztmals 1551 erwähnt. Nachdem er 1529 bei der Beseitigung der Bilder mitgewirkt hatte, hieß es, wie Bullinger berichtet, in Lenzburg habe ein "Götz" den andern ins Feuer getragen (s. HBRG II 1). Ob Keller zu Bullinger in näherer Beziehung stand, ist nicht bekannt. —Lit.: Verzeichnis des Geschlechts der Bullinger und was sie der Kirche zu Bremgarten vergabet haben, verfasst durch Heinrich Bullinger, den ältern, Pfarrer bei dem großen Münster in Zürich, im Jahr 1568, in: Helvetia. Denkwürdigkeiten für die XXII Freistaaten der Schweizerischen Eidgenossenschaft, hg. v. Joseph Anton Balthasar, Bd. I, Zürich 1823, S. 96; Jean Jacques Siegrist, Lenzburg im Mittelalter und im 16. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte der Kleinstädte, Aarau 1955. — Argovia 67, Reg.
17 steht im Felde (SI VI 1289).


Briefe_Vol_06_099arpa

U[wer]g[öner]allzytt

Sulpitius Haller obervogt

uff Lentzburg.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem erwirdigen, wolgelertten herren Meyster Heinrich Bullinger, diener des worts und der kilchen im meeremm Zürich 18 , minem günstigen herrenn und göner.