Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[745]

Johannes Bullinger an
Bullinger
[Ottenbach,
um Mitte Februar 1536]

Autograph: Zürich SIA. E II 441, 78 (Siegelspur) Ungedruckt

Die Frau, für die sich [Hans?] Kilchrat - wohl vor allem wegen ihres Vermögens - interessiert, ist tüchtig und zu einem Treffen mit ihm bereit. Ein Gerücht aus Zug besagt, die Berner hätten bei Chambéry[?]schwere Verluste erlitten, aber einen Sieg erfochten; Rudolf Schulthess soll ein Fähnlein erobert haben und dabei verwundet worden sein. Gruss. Bittet, ihm seine Predigten und ein Schriftstück über den Krieg vorläufig zurückzuschicken.

Salus a Christo.

Lieber bruder, als du ein antwart begerst von des Kilchratten 2 waegen. han ich mit ir 3 selbs greet. Ist ir wil 4 (dan das alt feel 5 ist riff), so ver 6 eer iren nit zu alt noch zu jung ist und iran das best wil thun. So ist ir wesen from 7 , einfaltig 8 , gattertagen 9 , purischs wesen, da nuyt anders ist dan husshan 10 und zemen legen 11 . So hat sy 6 hundart guldi, die er mee nemee 12 dan die person. Darum ich nit gern darin handlan. Bin ouch von andaram angstrengt, han ichs nit wellen thun etc. So mag er sy beschouwen; das wil sy ouch und erfaren, was sin wesen und gutt sig etc.

Ich bit dich, las mich wussen, was es nuws von den Berneren sig; dan von Zug kunt ein geschrey 13 , das sy abermals heigent vor a Zamaren 14 einandaran vast 15 ubel geschlagen, so ouch, das die Berner tusig 16 man habent verloren, aber das feld bhalten. Ouch sol Rudolff Schulthess 17 ein fendly gwunnen han, dar by vast ubel wundt syn.

a in der Vorlage vo.
1 Die Erwähnung von Rudolf Schulthess als Söldner im bernischen Heer (s. unten Z. 13f mit Anm. 17) weist auf 1536. Das Gerücht, die Berner hätten bei Chambéry eine Schlacht geschlagen, konnte spätestens kurz nach dem bernischen Vorstoss über Genf hinaus entstehen, der am 5. Februar begann und dessen Abbruch am 12. Februar beschlossen wurde (s. Gilliard, Conquête 103. 137f; vgl. oben Nr. 744, 21f, und unten Nr. 750, 19-22).
2 Gemeint ist vielleicht Hans Kilchrat.
3 Unbekannt.
4 Sie ist willig.
5 derber Ausdruck für eine ältere Frau (vgl. Grimm III 1496).
6 sofern.
7 rechtschaffen.
8 einfach.
9 sie ist wohlhabend (vgl. SI XII 804).
10 haushälterisch sein (vgl. SI II 880).
11 (Geld) zurücklegen (SI III 1191f).
12 die zu bekommen ihn mehr interessiert.
13 Gerücht (SI IX 1448).
14 wohl entstellt aus: Chambéry.
15 sehr (SI I IIIIf).
16 tausend.
17 Ein Rudolf Schultheiss diente 1536 16 Wochen lang im bernischen Heer und anschliessend unter Hauptmann Kaltschmid in Frankreich, wie einem Zettel in Zürich StA, A 166. 2 zu entnehmen ist; vom (unbekannten) Schreiber wird er als "Kriegsgurgel" bezeichnet. Laut Haftbefehl vom 15. November 1536 (Zürich StA, B IV 7, 169) war er ein junger Zürcher Pfister (Bäcker). Demnach ist er wohl identisch mit Rudolf Cunrat, gen.


Briefe_Vol_06_126arpa

Vale. Salutato familiam.

Ioannes tuus.

Schick mir mine sermones mit dem, das ich de bello han drin gleitt 18 . So du baß 19 19 der wil 20 hast, wil ichs dir wider geen.

[Adresse auf der Rückseite:] An M. Heinrichen Bullinger zu Zurich, sinem bruder.

Schulthess, gest. 1556. Dieser wurde 1528 Zünfter und 1543 Zwölfer zur Weggen, amtete 1544-1550 als Landvogt zu Regensberg und war beim Auszug von 1548 Spiessenhauptmann. — Lit.: Rudolf Heinrich Hofmeister, Geschichte der Zunft zum Weggen, Zürich 1866, S. 15; Hans Schulthess, Die Familie Schulthess von Zürich, FS zur Feier des einhundertfünfzigjährigen Bestehens der Schulthesschen Familienstiftung, Als Manuskript für die Familie gedruckt, Zürich 1908, S. 12. 14; Dütsch, Landvogte 120.
18 Die erwähnten Schriften scheinen nicht erhalten zu sein.
19 besser.
20 Zeit.