Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[845]

Johannes Bullinger an
Bullinger
[Ottenbach],
Dienstag vor Fronleichnam 13. Juni 1536?]

Autograph: Zürich StA, E II 441, 82 (Siegelspur) Ungedruckt

Hat in Ottenbach mit einem Edelmann aus Paris gesprochen, der eine große Hundemeute als Geschenk des Franzosen (Franz I.] angeblich dem Papst (Paul III.] nach Rom bringt; sein Dolmetscher hat allerdings der Vermutung nicht widersprochen, dass die Hunde in Wirklichkeit für den Türken (Suleiman I.]bestimmt seien. Grüße. Will ihm das Buch mit den Briefen Oekolampads und Zwinglis, das er fast zu Ende gelesen hat, nötigenfalls schicken.

Salus a Christo.

Lieber bruder. es ist uff gester ein edelman2 — kundt von Paryß — mitt 5 knechten zu Ottenbach fur gfaren, hatt by 3 44 vast 4 hupscher hundt: 36 jaghundt, ein leidthundt, die anderen graad 5 vast groß. Dar under sindt gsyn zwen collossi (ut ita dicam) mire magnitudinis; die handt sich abgangen 6 , das mans in einem korb uff einem karran hat müssen nachen furen. Ich han mich zum edelman gmacht 7 , ym das gleit mit den hunden etwan 8 wyt gen und gfragt, wo her und wo uß mit der schencky 9 . Hat mir geantwart, der franczoß

a-d Rand abgeschnitten.
Sichard besorgte Erstausgabe des Breviarium Alaricianum (vgl. Guido Kisch, Johannes Sichardus als Basler Rechtshistoriker, Basel 1952. — Basler Studien zur Rechtswissenschaft 34, S. 36f. 67). Das den Novellen Justinians beigebundene Exemplar in Zürich ZB, XI 75 I (vgl. Anm. 4) stammt wohl ebenfalls aus Bullingers Besitz.
6 vergelten (SI VIII 659f).
1 Für 1536 spricht die Erwähnung der im März dieses Jahres erschienenen Sammlung von Briefen Oekolampads und Zwinglis (s. unten Z. 20-23), deren Lektüre Johannes Bullinger kaum lange aufgeschoben haben dürfte.
2 Unbekannt.
3 ungefähr (SI IV 902f).
4 sehr (SI I 1111f).
5 wirklich (SI VI 509f).
6 wundgelaufen (SI II 8).
7 begeben (SI IV 30).
8 ziemlich (SI I 594).
9 Geschenk (SI VIII 959-964).


Briefe_Vol_06_332arpa

10 schenck sy dem bapst 11 und mir nit vil wellen , seegen. Aber ich byn awyl 12 ouch mit dem interpreti 13 gangen, der ein tutscher ist, und in ouch gfragt. Hat a deß glichen gseyt; do by langem mich gfragt, wie wyt das meer hinder Rom lig; eer mög nit mit im uffs meer. Han ich zu im gsprochen: "Gelt, die hundt hörendt dem turcken 14 ?"Hatt eer nit vil dar wider gseyt, dan das ers im nit well helffen bringen; er besorg ja. Nit witter han ich können von im erfaren, dan der edel unwillig was, das er mit mir gieng etc. Sy 15 verzerent altag 2 kronen, und vil muß er bezalan, das sy zurryssendt, als 16 suw, hundt, so sy hungerig werdendt etc. Wie er den interpretem hat dinget 17 , hat er im inbunden 18 das er werde 8 tag mit im uff dem mer müssen faaren; das gfalt im nit.

Nit me, dann gott sig mit uich. Grüczs mir die fründt 19 . Ob es dyr innet achtagen nott thutt um das glichen buch, Oecolampadii und Zwinglii epistolas 20 , wil ichs dyr schicken; dan ichs gar nach han uß gleesen, et cum fructu, nam multum lucis tribuit mihi in locis multis.

Datum tertia feria ante corporis Christi.

[Adresse auf der Rückseite:] An M. Heinrichen Bullinger, sinen bruder zu Zurich.