Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[900]

Ambrosius Blarer an
Bullinger
[Tübingen],
8. Oktober [1536]

Autograph: Zürich StA, E II 357a, 832 (Siegel) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW I 823

Hat keine Zeit, über die weiterhin schwierige Lage zu berichten. Ist bereit, Joachim Gachnang, der ihn in Tuttlingen aufgesucht hat, sowie Johannes Buchmann mit einem Pfarramt [in Württemberg] zu versehen. Entschuldigt sich mit der Last seines Amtes und sendet Grüße. Kündigt die Übersendung einer neuen Universitätsordnung an.

c quis aus quispiam oder quisquam korrigiert.
d nach coniuncta gestrichenes ea.
5 Vgl. 1Kor 9, 22.
6 Vgl. Apg 16, 1-3.
7 Unbekannt.
8 Zu Zwicks Treffen mit Ambrosius Blarer und Melanchthon in Tübingen s. unten
Nr. 902 und 908, 2-10.
9 Bullingers Antwort ist nicht erhalten.
10 Leo Jud.
11 Oben Nr. 879; vgl. oben Nr. 886, 10f.
1 Die Ankündigung einer neuen Universitätsordnung (s. unten Z. 13) weist auf 1536; vgl. Anm. 10.


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Salve, mi venerande Bullingere.

Nihil scribo totus nunc ad alia raptus. Sunt omnia etiamnum apud nos mediocri loco. Tu ora dominum, ut magis magisque in melius promoveamus.

loachimus Gachlinger 2 , qui Tuttlingeni mecum fuit 3 , si adhuc verbi ministerium apud nos desiderat, fac, mox huc demigret. Deinde Ioannem quendam Buchman 4 , qui in Wengen Turgoiae pago parochum egit iamque in urbe vestra versatur 5 , si tamen dignus tibi videtur, et ipsum mitte.

2 Joachim Gachnang, genannt Gachlinger, von Elgg, gest. vor Februar 1558, wurde 1522/23 als Joachim Gauchlinger aus Zürich in Basel immatrikuliert. 1524 soll er Pfarrer in Niederurnen (Kt. Glarus) gewesen sein (aus 1542 verschrieben?). Nach seiner Verheiratung begab sich der ehemalige Priester zur weiteren Ausbildung nach Zürich und wurde 1529 Zwingli empfohlen. Anfang 1530 wünschte ihn die Gemeinde Aawangen (Kt. Thurgau) als Prediger, doch verlangte Zürich, daß er sich zuvor prüfen lasse. Seine Anstellung unterblieb; stattdessen wirkte er 1530-1533 in Hägendorf (Kt. Solothurn). 1534 präsentierte ihn Zürich dem Badener Landvogt Ägidius Tschudi für Tegerfelden im Aargau (s. Zürich StA, B VIII 277, 42). Ais Pfarrer von Maschwanden (Kt. Zürich) wurde er 1540 wegen verschiedener Vergehen der Synode angezeigt und schließlich wegen Ehebruchs entlassen (s. Zürich StA, B III 28, 30-40; hier irrtümlich Jakob Gachlinger, Dekan von Stammheim, genannt). Anschließend war er Pfarrer in Niederurnen. Anfang 1542 wurde er mehrfach vergeblich nach Zürich zitiert und schließlich verurteilt, weil er Bullingers Bruder Johannes in dessen Haus in Ottenbach "übel gewundet" hatte (s. Zürich StA, A 116. 1, 12. März 1542; A 311, Fasz. 1 1, vor Nr. 1; A 369. 1, Nr. 149; B IV 13, 320r.-v. 341r. 343r.). Als ihm Synode und Rat die Begnadigung verweigerten (s. Zürich StA, E II 1, 291f), wurde er 1543 Helfer in Herzogenbuchsee und 1544-1546 Pfarrer in Wangen an der Aare (Kt. Bern). 1553 bewarb er sich um eine Gemeinde in Graubünden (Davos? vgl. Graubünden, Korr. I 273f. 276; II 86) und gab dabei an, vorher Pfarrer in Kempten gewesen zu sein. Johannes Fabricius schildert ihn als charakterlich
fragwürdigen Konkurrenten der einheimischen Prediger. —Lit.: Basel, Matrikel I 353, Nr. 6; Gottfried Heer, Die evangelische Geistlichkeit des Landes Glarus 1530-1900, Schwanden 1908 (Kap. VIII der glarnerischen Kirchengeschichte), S. 41, Nr. 15; Z X 362-364; ASchweizerRef II 1041; Ludwig Rochus Schmidlin, Solothurns Glaubenskampf und Reformation im 16. Jahrhundert, Solothurn 1904, S. 201; Pfarrerbuch 289f; Max Stiefel, Die kirchlichen Verhältnisse im Knonaueramt nach der Reformation 1531-1600. Ein Beitrag zur landschaftlichen Reformationsgeschichte, Diss. phil. Zürich, Affoltern am Albis 1947, S. 33f. 52. 85f; Gordon, Discipline 138f. 234f; Lohner 625. 653; Graubünden, Korr., Reg.
3 Einen Aufenthalt in der Nähe von Tuttlingen erwähnt Blarer in einem Brief vom 6. September 1535 (s. Blarer BW I 737).
4 Johannes Buchmann, 1502 in Heidelberg mit der Herkunftsangabe Wil immatrikuliert und 1504 zum Baccalaureus promoviert, war ein Sohn Hans Buchmanns, des Stiftsamtmanns zu Bischofszell, somit ein Bruder Theodor Biblianders. Bereits 1512 als Leutpriester in Wängi (Kt. Thurgau) nachweisbar, predigte er dort schon früh in reformatorischem Geist. 1535 mußte er der Rekatholisiserung weichen; über sein späteres Schicksal ist nichts bekannt. — Lit.: Sulzberger 67f; Paul Staerkle, Beiträge zur spätmittelalterlichen Bildungsgeschichte St. St.Gallens, St. Gallen 1939. — MVG XL, S. 248, Nr. 472; Knittel, Reformation 67. 220-222; ders., Kirche 91f; Hans Bühler, Geschichte der Johanniterkomturei Tobel, in: Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte 122, 1985 (1986), S. 27f. 38f.
5 Vgl. HBBW V, S. 39,9-40,23.


Briefe_Vol_06_438arpa

Bene vale, mi cor optime et charissime frater, et ignosce, quod omnino non facio officium. Tam duram sustineo provinciam, ut credere nisi expertus prorsum nequeas. Commenda me servatori Christo. Saluta Pellicanum, Leonem 6 , Theodorum 7 , Röschum consulem 8 cum ceteris bonis fratribus et amicis, in primis coniuge tua 9

Propediem accipies novam gymnasii huius institutionem 10 .

8. octobris a .

Tuus Amb. Bl.

[Adresse auf der Rückseite:] Clarissimo viro d. Heinrycho Bullingero, Tiguricensis ecclesiae episcopo syncaerissimo, venerando et charissimo fratri.