Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[1070]

Jakob Meyer an
Bullinger
Basel,
26. November 1537

Autograph a : Zürich StA, E II 336, 32r.-v. (neu: 43r.-v.)(Siegelspur)

Ungedruckt

Angesichts der von Bullinger angesprochenen Probleme der Berner Kirche hält er es für das Beste, dem Volk das gemeinsam beschlossene Bekenntnis nahezubringen, so wie es die Basler Prediger mit Erfolg tun; daß man in Bern das Bekenntnis neu bekräftigt hat, ist deshalb kein Grund zur Besorgnis, selbst wenn dabei andere Worte gebraucht werden. Was Sebastian [Meyer]betrifft, so brächte es den Jüngeren Ehre, sich unterzuordnen; Schwierigkeiten sind dabei wohl eher von Erasmus [Ritter], der schon in Schaffhausen für Unruhe gesorgt hat, als von Megander zu befürchten. Da Bullinger eine Versetzung Meyers für nötig hält, ist er bereit, sich in dieser Sache an ein Mitglied des Straßburger Rats zu wenden, wünscht aber die gleichzeitige Entfernung Ritters, der von vielen als Urheber der Unruhe betrachtet wird; Megander soll inzwischen von Zürich aus ermahnt werden, das Volk mit dem Inhalt des Bekenntnisses vertraut zu machen. Bittet um Antwort und sendet Grüße.

Gnad und frid in Christo Jesu und min früntlich, willig dienst zuvor, hochgelerter, fruntlicher, furgeliepter herr und freund.

Uff eüwer schriben 1 von wegen der geprästen 2 der kilchen zu Bern 3 hab ich ouch sunst verstanden 4 , das die selb kilch etwas unruw ze besorgen hatt, und wie ir, so hab ich ouch bedocht bey mir, das nüt bessers were, dann die

a Mit Bemerkungen und Anstreichungen von späterer Hand.
1 Nicht erhalten.
2 Mißstände.
3 Vgl. Meganders Bericht vom 11. November, oben Nr. 1065, 17-58.
4 auch von andern erfahren.


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kilch zu Bern und anderschwo zelernen einfeltig nach unser gemeinen bekantnuß 5 , wie ir dann wüßt, das solichs uff letsten tag by unß einhällig beschlossen 6 , ja aber das gemelte bekantnuß 7 nit allein uff papir geschriben sye, sonder ouch dem volck geprediget und also gelert werde. Darumb, gott hab lob, wir by unß zu statt und land frid haben, diewil unß uff der selbigen inhalt unsere predicanten trüwlichen leren, und haben auch kein scheu deßhalb ab dem, das eben derselbigen inhalt zu Bern wider erfrischet worden 8 , sytenmol 9 etwas zweiung sich under den brüderen zugetragen. Wo man spännig 10 ist, muß zwar bestendig 11 mittel fürgeben, do by man bliben, und diewil wir die bekantnuß nit allein gepruchen gegen anderleüten 12 , sonder sy in unser kilchen ingefuert und ins werck geprocht haben, tragen wir kein sorg ab erfrischung eben desselbigen inhalts, ob er glich wol mit andren worten geredt wirt.

Das aber euch für gut ansicht, das doctor Bastion 13 geendert 14 wurde, der alt und kybig 15 sein soll, lieber herr, der[!] alter bringt vyl unrath b , wie ich by mir wol befinde, und ob 16 die jungen, die noch nit alle ding wussen (wie sy bedunckt), wichen 17 und ire reden nit bald verachteten, were ir eer vor gott und aller erbarkeit, vorab einem so alten, gelerten mann. Ich aber, domit ir verston min einfalt, h[ab]c mer sorg, das Eraßmus 18 sich mit doctor Bastion nit vertragen möge, weder das sich Megander inlassen 19 werde; dann Megander ist verständiger. Welcher Eraßmus warlich unrüwig by unseren lieben eidgnossen von Schaffhusen uffgetriben 20 und einen schweren anstoß 21 der herlichen kilchen d daselbst hinderim 22 gelassen hatt 23 . Und diewil ir entlich meinen, das es zum friden wol dienet, das doctor Bastion hinweg komme, hab ich kein zwyfel, das ir eüwerem hohen verstand und kunst noch die sach besser e bedencken mögen dann ich schlechter 24 ley, der wol die

b unrath vom Schreiber korrigiert aus unraths.
c Rand beschädigt.
d kilchen am Rande nachgetragen.
e besser irrtümlich wiederholt, gestrichen.
5 Gemeint ist das Erste Helvetische Bekenntnis bzw. dessen Erläuterung, welche an der Basler Tagung vom 12.-14. November 1536 angenommen und in das Schreiben an Luther eingefügt worden war (vgl. HBBW VI, S. 465, Anm. 1).
6 Vgl. EA IV/1c 784f.
7 daß das erwähnte Bekenntnis.
8 Vgl. oben Nr. 1063, 7-10.
9 da.
10 uneins, im Streit.
11 verbindliche.
12 gegenüber Außenstehenden.
13 Sebastian Meyer.
14 versetzt.
15 streitsüchtig.
16 wenn.
17 sich unterordnen.
18 Ritter.
19 einmischen.
20 aufgewiegelt.
21 Ärgernis.
22 hinter sich.
23 Ritter war in Schafthausen zusammen mit seinem Kontrahenten Burgauer nach heftigen Auseinandersetzungen entlassen worden; vgl. Jakob Wipf Reformationsgeschichte der Stadt und Landschaft Schaffhausen, Zürich 1929, S. 303-310.
24 ungebildeter.


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sachen gern gut sache, aber nit alles verston, das mir wol von noten were, ||32v. und vorab in endrung solicher leuth. Es ist mir alle endrung schwer; aber diewil ir söliche not anzöigen, wil ichs nit in vergesß stellen und etwas nochgedenckens haben, wie doch der sachen zethund were 25 , und achte, das ich einem vertrüwten freund des rats zu Straßburg werde schriben f etlicher moß uff inhalt eüwerer schrifften 26 , an dem wil diser handel ston, aber on meldung eüwer 27 . Daby aber wolte ich g , das Eraßmus ouch hinweg were, der von vylen frommen ein anfänger der unrüw gehaldten würt. Dann warlich vil meinen, es sye der kilchen zu Bern (ob glich wol doctor Bastion hinweg keme) nit geholfen, es sye dann zuvor Eraßmus hinweg. Hiezwüschen aber mochten ir (diewil uff h euch Megander billichen 28 syhet) inen, den lieben mann, ermanen, das er uff gemeine Baßler confession flyssiger sähen wölte und die kilchen aller schrifftlichen worten (die in den sacramenten geprucht werden) wol berichtet, uff das die confession nit allein in worten stünde. Mir bildet nuer in 29 , wie die Straßburger flissig gesaget, das unsere kilchen uff inhalt der i bekantnuß geleret werden müsse, sonst werde kein concordi sein, und das wir erfaren haben, wie solicher inhalt das volck so wol vernemmen mag, wann man es trüwlich leret, wie by unß gehalten ist etc.

Sovil hab ich eüch yetz uffs kurtzest uff eüwer schriben antwurten wöllen, mich eüwers gemuts wyther verständigen; dann wo ich gemeiner kilchen 30 etwas zu nütz und wolfart dienen, solte man mich (sovil der herr gnod verleicht) willig finden. Eüch hiemit dem herren trüwlich bevelhende. Gruessen mir Meister Löwen 31 , Pellicanen und die brüeder gemeinlich, ouch den herren Laventher 32 und den alten herren von Wettingen 33 . Ist es eüch gelegen, mögen ir mir by disem botten 34 wyther schriben. Wil hiemit eüch der gnod gottes trüwlichen bevolhen haben.

Datum Basel, den 26. novembris anno etc. 37.

U[wer] Jacob Meyger.

[Adresse auf f. 44v. k :] Dem ersamen und wolgelerten Meister Heinrich Bullinger, diener des worts der cristenlichen gemein zu Zurich, minem furgeliepten herrn und freund.

f schriben am Rande nachgetragen.
g ich über der Zeile nachgetragen.
h vor uff gestrichenes uch.
i vor der gestrichenes uns.
k nach neuer Zählung.
25 wie man die Sache angehen könnte.
26 einigermaßen dem Inhalt eures Briefes entsprechend.
27 ohne euch zu erwähnen.
28 billigerweise.
29 ich denke immer daran.
30 im Sinne von: der ganzen Kirche.
31 Leo Jud.
32 Hans Rudolf Lavater.
33 Georg Müller, ehemaliger Abt des Klosters Wettingen.
34 Unbekannt.