[2056]
Autograph: Zürich StA, E II 357, 111-113 (ohne Siegel) Teildruck und zusammenfassende Übersetzung: Blarer BW II 338, Nr. 1155
Am Vorabend erfuhr Blarer, dass der Schreiber [...] des Landvogts von Nellenburg, Hans Jakob von Landau, Briefe der Innsbrucker Regierung [nach Konstanz] mitbrachte und mit einigen [Rats-]Herren verhandelte; von einem [...] dieser erfuhr Blarer, dass die Sendung in Verbindung mit dem in Trient geplanten Konzil stünde und dass der [Tridentiner] Bischof [Cristoforo di Madruzzo] sich nach der Ordnung des Konzils [von Konstanz 1414 bis 1418] erkundigen wolle; Blarer kann aber nicht glauben, dass dies der einzige Grund sei. Bullingers Brief gab spätabends noch Anlass zu einem Gespräch mit Konrad Zwick, bei dem Blarer erfahren wollte, was dieser tun würde, wenn die [Rats-]Herren von Zürich wieder ihr Interesse für dessen [Kriegs-]Kunst erweisen würden? Zwick erwiderte, dass er dies schon längst gerne gesehen hätte; dass, wenn man sich [1544]diesbezüglich geeinigt hätte, Konstanz und [Zürich] schon Vorteile daraus entstanden wären; dass er aber den Eindruck habe, die Sache wäre auch jetzt auf unpassende Weise angepackt, vielleicht, weil sie nicht Gottes Willen entspricht; Blarer wollte Bullinger dies nicht verhehlen, auch wenn er schon gestern diesbezüglich schrieb; er wüsste auch nicht, wie man das von ihm und [Bullinger] erwünschte Ziel besser erreichen könnte als durch den von ihm befürworteten Weg; wie gerne würde er die vorhersehbaren Verhandlungen mit [Zwick]auf dem Reichstag [in Worms] zunichte machen; wenn man [in Bezug auf Zwick]nichts Besseres erlangen sollte, wäre es gut, [ihn] von seinem Vorhaben abzuhalten, auch wenn man [ihm dabei falsche Hoffnungen machen müsste]; sollten die Zürcher richtig beginnen, mit ihm zu verhandeln, würden sie bald im Klaren sein. Wenn Bulliger diese Mitteilung sachgemäß erscheint, möge er den Boten entlohnen; falls er von [seinem Rat]keine Befugnis dazu hat, soll er diesen nicht auf eigene Kosten entgelten; Blarer würde dann nur noch das Notwendigste mitteilen.
Gnad und frid mitt allem guten.
Necht zu aubend 2 nach meiner letsten predig hab ich erfaren, das herr Hans Jacobs von Landouw, landvogts zu Nellenburg 3 schreiber 4 mitt ettlichen , schrifften 5 von der regierung zu Ynspruck 6 gestern under tagen herkommen und mitt ettlichen herren gehandelt hab. Nun hab ich aber ainen 7 gefragt; der hat sich nitt wellen vernemmen lassen dann allain des: Es seye ain concilium gen Trient angesetzt; 8 da wellte der bischoff 9 da selbst 10 gern wissen, waß hie im concilio 11 für ordnung gehalten were worden. 12 Ich kan
briefe_vol_14_607 | arpa |
---|
aber nitt globen, das allain diser sach halber ain schreiber geschickt wurd und mitt den gehaimen räthen gehandelt, sonder das vyllicht ander werbungen ouch vorhanden seyen. Gott geb gnad zu allem gutem! Mir facht 13 an all ding unerdaren 14 argwönig sein.
Zum andern byn ich durch ewer schreiben 15 verursacht worden, das ich necht spat meinen vetter Conraten Zwicken under anderm angesprochen hab uff mainung, wann die herren von Zürich nochmals des willens wurden, sich mitt ime siner kunst 16 halber in handlung inzelassen, wess er gesinnet were etc. Daruff er mir ongefarlich mitt disen worten geantwurt: Er wellte seins guts ain grossen schaden lyden, söllte es beschechen, das es dann in vergangnem jar 17 do ichs ouch mitt ime , gereddt, beschechen were. Dann es müste sich yetz im werck befinden, was grosser nutz euch und der statt Costentz daruß gevolget were; ||112 wie wol es noch nitt versumpt, wann man zu der sach lusst hette. Er seche aber wol, das man nun durch ungerympt 18 weg a , durch welch weder euch noch andern geholffen möcht werden, handlen wellte. Darum were es alles vergebens, derhalben er ouch nitt anderst gedencken konne, dann es sölle von gott nitt sein. Das hab ich euch usß truwen nitt verhalten wellen, wie wol ich euch davon in meinem gesterigen schreiben 19 ouch anzögung gethon. Ich kan ye by mir kain bessern noch bequemern weg finden, dardurch wir das gut end, das wir suchend, erraichen möchten. 20 So wollt ich die handlungen, so uff dem rychstag gegen minem vetter gewiss und ungezwyfelt fürgenomen werden, gern zerstören. In summa, wie ich yetz baß waiß, dann ich fern 21 wisst, das min rat gut gewesen were und ir usß den löffen 22 sölichs ouch abnemmen 23 mögen, allso werden wirs uber ain jar 24 uss dem ougenschin klerlich sechen und gryfen 25 könden. Darum gedenckt der sach mitt vlyß und ernst nach. Es ist etwan gut, das man ainen uffhalt und ouch vergebenlich 26 verwäne 27 wann man nitt , bessers erlangen kan. Ich halts aber gentzlich darfür, ir wurden bald befinden, zu was end sich die sach schicken wellte, wann nun durch euch ain anfang ge-||113 scheche. 28 Daby lass ichs blyben und bitt euch, lassen diß
briefe_vol_14_608 | arpa |
---|
schriben für andere in gehaim blyben; dann mir ist gewisslich daran gelegen.
Datum Costentz, den 29. decembris 1544.
Dunckt euch dis min anzögen der sach gemäß, mögt ir 29 den botten 30 entrichten; wa nitt, so hab ich danecht 31 gar kain ursach, desshalb züzürnen; dann ichs allso 32 uss meinen sorgfeltigen 33 gedancken gethon. Zuvor aber, wann ir 34 nitt von den ewern bevelch haben, von iren 35 wägen sölichen bottenlon in derglichen sachen zu verrichten, ob ir inen ouch gleych nitt allweg die schrifften anzögen, 36 sollt ir des kain aignen nachtail noch schaden haben; darum ich euch ouch zum höchsten 37 will gebetten haben. Ich wurde sonst b nichts weyter schreiben, dann was ausß grosser ansechlicher noterforderung sein müsste.
[Adresse auf der Rückseite c : ] Dem [theuren]christeli[chen herrn Hein]rich Bul[linger, meinem] insond[ers geliepten] herren. [Zürich].