Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2604]

Bullinger
an Peter Simler
[Zürich],
1. Oktober 1546

Autograph: Zürich ZB, Ms F 46, 40f (neu: 38)(Siegelabdruck) a Ungedruckt

[1]Bullinger hat seinen Sohn Heinrich [d.J.]geprüft und festgestellt, dass dieser bei Simler gut gelernt hat. Bullinger möchte sich dafür bei Simler, dessen Ehefrau [Verena, geb. Huser] und Sohn Josias revanchieren. [2] Er wird seinen Sohn bei sich behalten, weil dieser nun imstande ist, in Zürich weiterzustudieren. Zudem will Bullinger jetzt, da der Winter naht, Simler und seine Frau nicht weiter belasten. Heinrich wird es bei ihm zwar strenger haben, aber das braucht er auch. [3] Simler soll die Unterhaltskosten von Heinrich für die Zeitspanne, die sich über Josias' Aufenthalt bei Bullinger hinaus erstreckte, ausrechnen. Auch das dem Heinrich geliehene Geld und sonstige Ausgaben soll er verrechnen. Damit soll aber die Beziehung zwischen ihm und Bullinger nicht aufhören. Vielmehr soll ihre Freundschaft bis zum Tode Bestand haben! [4]Wolfgang [Haller]wird Neuigkeiten mitteilen. [5]Gruß. Um sich zu verabschieden und seine Sachen abzuholen, wird Heinrich nochmals nach Kappel kommen. [6]Grüße von Anna [geb. Adlischwyler] an Simler und dessen Frau. Heinrich und seine Geschwister danken Simler.

II 41 Gnad und frid von gott. Früntlicher, fürgeliepter herr und gevatter, Heinrychen, minen sun, 1 hab ich verhöert 2 und inn befunden, das es mich fröwt, ouch in ander wäg gespürt üwer grosse trüw, müy und arbeit! Dorumb ich dann üwer lieb zum höchsten danck mitt erbietung, wo ich sölichs umb üch, üwer liebe hußfrowen 3 und Josiam, unsern sun, 4 verdienen kan, das ich das gar gutwillig und flyssig thun wil.

Demnach füg ich üch gantz früntlicher meinung ze wüssen 5 , das ich Heinrychen fürohin hie by mir daheym behallten wil uß volgenden ursachen: das ich acht, die schul allhie werde nunmee 6 wol 7 für inn sin; das der wynter aber uns uff dem halß ligt und ich üch sampt üwer eeren hußfrowen diser unrüw 8 ouch einfart 9 entlade, und willige roß nitt übertrybe 10 . Er wirts zwaren rüher 11 by mir haben; er ist des aber notwendig.

a Mit Randbemerkungen von späterer Hand.
1 Heinrich Bullinger d.J. (gest. 1583) war seit dem 24. April 1543 Schüler in Kappel und Kostgänger bei Peter Simler; s. Zürich StA, E I 17/1, 265v.; HBBW XVI 219,11-16.
2 geprüft (hier: in Bezug auf seine Kenntnisse). — Bullinger war Examinator der Zürcher Schulen; s. HBBW XVI 407, Anm. 1.
3 Verena, geb. Huser; s. HIS XI 516, Nr. 5.
4 Bullinger war Pate von Peter Simlers Sohn Josias (s. HBBW I 52, Anm. 2) und hatte diesen am 15. März 1544 bei sich aufgenommen (s. Johann Wilhelm Stucki,
Vita clarissimi viri d. Iosiae Simieri Tigurini, Zürich 1577 — VD/16 59784 —, f. 5r.; und unten Z. 15), bis Josias am 19. März 1546 sein Studium in Basel aufnahm (s. HBBW XVI 219, Anm. 4).
5 füg ich ze wüssen: teile ich mit.
6 nunmehr.
7 gut.
8 Störung, Belastung.
9 nun einmal.
10 Im Sinne von nicht überbeanspruchen. — Zum Sprichwort s. Wander III 1734, Nr. 61.


Briefe_Vol_18-060arpa

Wyter ist min gar ernstlich begär, das ir nunmee die rächnung stellen und mir anzeigen wöllind, was ich üch schuldig und ze thun sye, es sye des tischs halb, über das 12 er länger by üch dann Josias by mir xin 13 , ouch alles des, das ir imm gelihen und für inn uußgäben habend. Und wöllind mir das kurtz in einer summa 14 verzeichnet zuschicken. Darumb wil ich üch, ob 15 gott wil, eerlich und gutwillig abtragen 16 und vernügen 17 . Hiemitt wöllend wir dorumb nitt teylt haben, 18 sunder allte liebe und früntschafft bewaren und meeren biß in unser grab.

Nüwer zytung halb 19 wirt üch Wolphgangus 20 berichten.

Gott mitt üch und üwer lieben hußfrowen. Heinrich muß wider kummen, ze gnaden 21 und sin plünderli 22 ze holen.

Datum Datum 1. octobris. Es grüst üch und die gefatter 23 23 min ||40 liebe liebe hußfrow 24 Heinrych und alle kind 25 danckend üch ouch alles guten.

Der üwer alle zyt H. Bullinger.

[Adresse darunter:] Sinem früntlichen, fürgeliepten herren und gevattern, h. Pettern Simlern, predicanten zu Cappell.

11 rauher, strenger.
12 über das: über die Zeit hinaus.
13 gewesen (ist).
14 Aufzeichnung, Rechnung.
15 wenn.
16 entschädigen.
17 zufriedenstellen.
18 nitt teylt haben: die Zusammenarbeit (die Beziehung) nicht beendet haben.
19 Nüwer zytung halb: Was Neuigkeiten anbetrifft.
20 Wolfgang Haller, der damals in Kappel als Schulmeister wirkte, hatte sich mit seinen Schülern am 26. September zur Prüfung nach Zürich begeben. Am 7. Oktober war er wieder nach Kappel zurückgekehrt, nachdem er zuvor noch (am 5.) in Bülach war; s. Wolfgang Hallers Kalendereinträge
zum Jahr 1546 (Zürich ZB, Ms D 269/3). — Er war gewiss auch der Überbringer dieses Briefes.
21 ze gnaden: Abschied zu nehmen; s. SI II 662.
22 Sachen; s. SI V 117.
23 Gemeint ist Simlers Frau. — Dass "gefatter" sich auch auf eine Frau beziehen kann, geht aus SI I 1128 und aus dem hier verwendeten Artikel hervor.
24 Anna, geb. Adlischwyler.
25 Von Bullingers Kindern lebten zu diesem Zeitpunkt Anna (geb. 1530), Margaretha (1531), Elisabeth (1532), Heinrich (1534), Hans Rudolf (1536), Christoph (1537), Veritas (1543) und Dorothea (1545).