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Abschrift 2 : Zürich StA, E II 441, 380-389 9 1/2 S. 4°, sehr gut erhalten Ungedruckt
Bullinger gibt eine Zusammenfassung der evangelischen Botschaft, gefolgt von einer in paränetischer Form
gehaltenen Abhandlung über die Christenpflichten, besonders im Ehestand.Briefe_Vol_01-058 arpa
Dem ersamen frommen Marxen Rosen sye «gnad und frid von gott dem vatter und unserem heiland Jesu Christo» [Tit 1,4].
Nach dem und du dich by uns erlich, redlich und christenlich hast gehalten 3 , besunders in trüw und dienstbargheit gegen jedem und allen, allermeist aber gen mir, hab ich nitt mögen lassen 4 dan ich schribe dir ettwas, daruss du besserung und nutz empfahen möchtest, also das din dienst gen mir nitt umbelhonet blibend.
«Uffs erst dancke ich gott durch Jesum Christum» [Röm 1,8], das er dich zum teil uss siner gnad und grundlosen barmherzigheit in erckantnuss hat ingefürt sines göttlichen worts, also das din nichtigheit von Adam angeboren 5 erckenst und dorumb alein Christum suchst, «welchen uns gott hatt fürgestelt 6 zum gnaden stuol» [Röm 3,25], fürsprecher, versönung 7 , erlöser, grechtigheit, hieland [!]und wysheit 8 . «Denn es ist das wollgefallen gottes gesin 9 , das in imm 10 allein alle völle whonen sölt und alles durch inn 11 versönet wurde zuo imm selbs, es sy uff erden oder in hymel, darmitt» — wie Paulus spricht -, «das er frid macht durch das blut an sinem krütz durch sich selbs» [Kol 1,19 f].
Und warlichen so sind wir uss uns «von natur nüt anders dan kinder des zorns» [Eph 2,3], daruss aber gottes unergrüntliche barmherzigheit erglastet 12 : «Dan wir nu uss genad selig werdend durch den glouben, und dasselb nitt uss uns, es ist gottes gab, nitt us den werchen, uff das sich neimandt [!] rüme» [Eph 2, 8f]. Die werch sind aber wir schuldig zuo thuon 13 , ja 14 die ||381 uns gott durch den glouben und schrifft leert, nitt selbs erdichte 15 werch, die dan nie wol Sauli erschussend 16 : 1. Reg. 15. [1 Sam 15,1 ff]. Solomon spricht darvon Proverb. 3: «Vertrüw 17 dem herren uss gantzem dinem hertzen und verlass dich nitt uff din fürsichtigheit 18 . In allen dinen wegen halt inn im hertzen, und er wirts wol machen» [Spr 3,5f]. Sich, das sind christenliche werch: alle ding imm glouben
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thuon, alles imm übergeben und inn lassen walten, darbin [!]19 ander lieben und anderen thuon was wir wöltend 20 , das man uns thet [Mt 7,12]; Roma. 12 [9ff]und 13 [8ff]; ouch 1. loan. 3 [11ff]. «Gebenedyet sy ouch gott und der vatter Jesu Christi» [2 Kor 1,3], der dich also erlüchtet hat, daß du erckennen kanst, wie alle ding gott in allen würckt [1 Kor 12,6]. Wan als 21 der prophet spricht, so ist sinen 22 der tag, sinen ist die nacht [Ps 74,16] und er verwandlet zyt und die alter 23 ; und Paulus: «Es ist ein herr, ein gott und vatter unser aller, der da ist über uns all und durch uns allen und in uns allen» [Eph 4,5f]. Welches, so es kundt gesin ist dem fromen Hiob, kont er gar wol gedult haben; dan er wust, das sin kranckgheit a und armuot von gott was 24 . Ouch David, do er sprach: «Ist es gefellig dem herrenn, so komb ich wider in min rych. Ist es aber sach 25 , daß er spricht: du gefalst mir nüt, so bin ich bereit» [2 Sam 15,25f]. Also leer 26 , min lieber bruder Marx, gott, dinem herren dancken und alles heimstellen 27 , gott, dinem vatter ||382 wol vertrüwen in allen sachen und in hertzlich bitten. Des du aber, gott sye gelopt, ein guoten anhab 28 hast gegen mir erzügt 29 in dem du din handel 30 alein gott dem herren zuoschript 31 . Du sichst je jetzundan 32 schimbarlich 33 und häll, wie dich gott on 34 din ratschlag 35 , thuon und verdienen 36 in er 37 und guot 38 gesetzt hat. Welchs er dorumb gethon hat, das du imm lartest 39 vertrüwen und des imm zuo dancken. Wann also 40 hat er je und je die kinder von Israhel durch guothet 41 zuo imm gezogen. Dorumb soltu dich nu fin 42 in handel schicken 43 , gott vor ougen haben und im vertrüwen, wan er ouch nitt alein den lib 44 und die eer, sunder ouch alles guot gibt.
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Es stat geschriben Ioan. am 10 [28], das die schäfflin Christi Christo niemandt wirt uss der hand rouben; deshalben er sich ouch ein hyrten nemmet 45 [Joh 10,11]. Daruss nu klar ist, das wir gott dem herren die seel vertrüwen 46 mussend, und nu dem also ist, wer wolt dan nitt den lib können oder wellen 47 gott übergeben? Den er sich aber erbüt 48 , wie er sölle von imm erhalten werden, wann wir je gottes wort habend durch den propheten usgesprochen Psal. 36. [Ps 37,3-5. 7.25]: «Hoff uff den herren und thuo guts, blib im land und mere dich 49 im glouben. Hab din lust am herren, der wirt dir geben, was din hertz lust 56 Befil dem herren dine weg und hoff uff inn, er wirts wol machen. Halt dem herren still und lass inn mitt dir machen. Ich bin je jung gewesen und alt worden, und hab noch nie gesechen den grechten ||383 verlassen oder sinen samen umb brot gan».
Sich, lieber bruoder, das sind die wort gottes; mögend gar nüt felen 51 . Hastu nu glouben in sine obgemelte 52 wort, wol dir und du solt gott teglichen bitten, daß er gnad mitt dir thüye 53 , das du inen mögest glouben. Nitt minder ists 54 , die versuochung kumpt, und also hert, daß du meinst, du müssest verderben, verharr du aber stiff 55 im glouben. Wann wen du glöubig bist, «mach 56 sich gott selber nitt lougnen» [2 Tim 2,13]; er mus halten was er hat zuo gesagt. Wir lesend, das er versuocht hat den frommen Abraham 57 , Isaac 58 , Jacob 59 , und Hiob . Abrahae liess er nemen sin schöne husfrowen 61 Saram 62 , berufft in 63 uss sinem vatter land 64 , gab im nütisterminder 65 nitt eines fusbreits zuo besitzung 66 [Apg 7,5]. Hiob nam gott lib und guot 67 . Nu sy aber standhaft blibend im glouben, wurdendt sy okt verlassen und kamend zuo grosser rychtumb 68 . Also soltu nach dem gebott gottes werchen 69 ernstlich, den es geschriben stat: «Im schweis dines angsichts wirst essen dines brot» [Gen 3,19], und lass gott walten. Lass im die sorg und nun du an dich das werck oder die arbeit und lis im Evang. Mathei das 6. und Luce 12. cap. [Mt 6,25ff; Lk 12,22ff]. Lass dir ouch
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Jacob, den heiligen ertz vatter nitt uss dinem hertz kummen, welcher, ob er wol in Mesopotamia, Syrie nitt einer hand breit hatt, ward er doch rych uss gott und siner arbeit: Genes. 29 [1 ff; 30,25 ff]70 .
So hab ich gesprochen, das du eer und gut habist überckummen und das dorumb geschriben stat Gene. 1 ||384 und 2: «Und gott gesegnet sy und sprach zuo inen: Sind 71 fruchtbar und merend üch und füllend die erden» etc. [Gen 1,28]. «Der man wirt vatter und mutter verlassen und sinem wib anhangen, und werdendt sin zwei ein fleisch» [Gen 2,24]. Daruss du mercken solt, wie du den eelichen stand verbringen und wie du din wib halten söllest, also dast 72 in eer und gout [!] blibest.
Am ersten wirt der eelich stand recht verbracht, wann man kinder zu eeren gottes darvon zücht 73 , von welchem nu nitt stat ist zuo reden 74 , so man sust 75 wol wüst, was zuo der eelichen pflicht höret 76 . Das du aber allwegen 77 das wort gottes vor dir habest, so nim für dich und lys das 7. cap. der ersten zun Cor. Wie man aber müsse und sölle die kind uffzüchen, hast im letsten buch Mose: Deutro. 7 [6,20ff].
Zum anderen solt 78 din wib halten wie din eigen fleisch. Dorumb Paulus spricht: «Ir man, liebend üwere wyb, glych wie ouch Christus geliebet hat die gmeind und hat sich selbs für sy geben, uff das er sy helgete» 79 etc. [Eph 5,25f]. «Also söllend ouch die menner iren wyber lieben als ir eignen lib. Wer sin lib liebet, der liebet sich selbs. Den jemandt hat nie sin eigen fleisch gehasset, sunder ernerets und pflegt sin 80 , glich wie ouch der herr die gmeind» etc., Ephe. 5 [28 f]. Also spricht ouch Petrus: «Ir menner, whonend by inen mitt vernufft und gebt dem wybischen als dem schwechsten werchzüg 81 ||385 sine eer, als ouch mitterben der gnad des lebens, uff daß üwere gebet nitt verhinderet werdent» [1 Petr 3,7]. Sichstu nu, daß es nitt mus mitt bochen 82 , kriegen 83 , schlahen
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zuogan 84 , und des heb dich verwegen 85 ; wo zangg ist und hader, do ist ouch ghein guots. Das aber vil sprechend: ich wil die min meisteren mitt knütlen 86 sind narren und wüssend nienerumb nüts 87 ; söltend stockfisch für wyber haben, dan die selbigen sind vil knütles nötig 88 .
Siche, das ist nu die meinung gottes, dorumb er dich in den eelichen stand berüfft hat, ja daß du inn vor ougen habist, imm vertrüwist, in suochist, im danckist, lieblich 89 , früntlich und christenlich by dinem wyb whonist, kinder zühist etc. Sich, min bruoder und geliebter gottes, heist das nüt: in eer und guot gesetzt? O, danck im nacht und tag, wann 90 du imm nitt gnugsamlich dancken magst 91 ! Eere sye imm alein 92 ! Ja, sprich ich abermals, du solt die gegeben gnad nitt verschupfen 93 , sunder in dem willen gottes leben. Dorumb wirt dir nu hie am aller notwendigosten werden, das du sin ewig göttlich wort nitt verlässest, sunder, so dir gott die gnad thon hatt, das du lesen kanst, ein Testament 94 kouffest, daruss man den willen gottes erckennet, und das selbig imm hus mit den ||386 dinen zuo siner zyt übist. Magst wol besehen 95 , was ungmach denen volget, so das wort nitt annemend, und was glücks denen vorstends ist 96 , die sich des worts haltend 97 : Levitici 26 [3 ff], Deutro. 28 [1ff]. Es stat geschriben: «Verflücht sye, wer nitt alle wort disers gsetzts uffrichtet 98 , das er darnach thüye 99 . Und alles volck soll sagen: Amen». Deutero. 27 [26].
Hüt 100 , das din ee nitt brechest 101 ; wan grösserer diebstal uff erd nitt ist, sittundmal 102 du dinem eichen gmahel 103 iren eigen fleisch 104 entwendst, das dan grosse sünd vor gott ist und je und je herten 105 glich gestrafft an lib und seel, ouch (wie wol es jetzund, leider, gott erbarmbs, gering geachtet wirt 106 ) mitt
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dem schwert gericht 107 . Es stat geschriben: «Verflücht sye, der da beschlafft die husfrowen sines nechsten. Und alles volck soll sagen: Amen». Deutro. 27, [20.22 108 .
Du solt niemandt zuo vil abnemmen, sunder alein din lidlon 109 empfahen, wann ghein unrechtes gout trüyen 110 mag und ist ein haller 111 mitt friden der gwüssne 112 in gott besser den ghein schiff nobel 113 jemer werde. Was ists, ob es glich ander thünd? Soltu dorumb sömliches 114 ouch thuon? Schlechlich [!]115 ist obgemeltes innemmen 116 ein gottlosse thuss 117 , wan alle die, so das vollbringend, sind verzwifflet an gott, wellend in fürkumen 118 und rych werden, es sye gott lieb oder leid. Sy sehend darzuo 119, ||387 es stat geschriben: «Du solt nitt zweierlei gwicht in dinem sack, kleines und grosses, haben; und in dinem huss soll b nitt zweierley mes 120 , gross und cklein [!], sin. Du solt ein völlig und recht 121 mes haben, uff das din leben lang were 122 uff dem land, das dir der herr, din gott, geben wirt. Den wer sölchs thuot, ist gott, dinem herren, ein grewel, wie alle, die übels thuond». Deutero. 25 [13-16].
Frömbd herren und usslendig 123 krieg soltu vor allen dingen wie tödtlich gifft miden; wann was jomer 124 und grossen hertzen leids, gottlose 125 und kranckheit drus entspringe, sehend wir leider in unseren eilenden verblenten 126 kriegstropfen 127 . Es stat geschriben: «Verflücht sye, wer geschenckt nimpt, das er die
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seel des unschuldigen bluots schlecht 128 . Und alles volck soll sagen: Amen». Deutro. 27 [25].
Du solt dich ouch in gheinem weg partyen 129 . Lass disen luterisch und ehenen 130 zuinglisch sin, und bis 131 du ein christ 132 . Lass jederman machen; du must ouch alle ding nitt verantworten. Bis schidlich 133 und red allwegen zuo allen sachen das best. Bis früntlich gegen jederman, wann dir wol ze wüssen ist, wie din gwerb stat 134 . Uss den gassen und win kempffen 135 entstat selten guots, 1. Timoth. 6 [3 ff].
Vermid unzytlichs 136 fressen und suffen, zuo trincken, schlaff trünck. Gelust dich aber nei was 137 das duo 138 bi dinem wyb und bi den dinen. Im monat gang enist 139 zum win; daß dir huld 140 machest und behaltest, setz dich zur erbergheit 141 und zuo den dinen. Bis wacker, züchtig, frölich und underdienstig 142 . Es ||388 stat geschriben: «Suffend üch nitt voll wins, doruss ein unordlich 143 wesen volgt» etc, Ephes. 5 [18]. Spilen und böse gsellschafft soltu wie din verderpnus 144 flühen 145 , schwerren 146 und kostliche 147 kleidung miden, unzüchtige wort nienan 148 in din mund nemmen. Wan hie nitt gnugsam 149 mag usgesprochen 150 werden, wie bös schedlich ding spilen ist und böse gsellschafft, ouch wie es so verlumbdet 151 machet. So soll unsere red ja ja sin und nein nein [Mt 5,37]. So bedarf es ouch gheiner syden 152 nitt; wann wir bedeckt sind, ists gnuog. «Nüt bringend wir in die welt» [1 Tim 6,7], «nackend müssend wir hinuss» [Hi 1,21]. Heb das din zuo samen 153 und heb huss 154 , wie eim frommen man zuo stat 155 . Es stat geschriben: «Huorery aber und alle unreinigheit soll nitt under üch genempt 156 werden» etc, besich Ephes. 5 [3].
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Und daß ich min schriben nu fürhin 157 ende, so thuo als eim christen zuo stat; halt dich des göttlichen worts, welchs dich rychlich in allen dingen grecht 158 fürren kan, und für ein erbars, christenlichs, gotsförchtigs leben, also das du nach disem leben ewige ruow besitzest. Amen. Nun dis min kurze instruction zum besten an, wann sy in grosser ummuos [!]159 ilends 160 geschriben ist. Grütz mir hernn schultheis Rüplin 161 , Sigmunden 162 , Mörickovernn 163 , den praedicanten 164 und ander brüder in Christo, und «die gnad gottes sy mitt dir» [1 Tim 6,21].
Von Kappel, des 5. tags hornung 1525 c .
Heimrych Bullinger,
din williger diener.
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||389 Psalm 127 [Ps 128]:
«Vol dem, der den herren fürchtet und uff sinen wegen gadt! Du wirst dich neeren diner henden arbeit; wol dir, du hasts guot! Din wib wirt sin wie ein fruchtbar winstock an den wenden in dinem huse, dine kinder wie die öl zwy 165 umb dinen tysch her. Sich, also wirt gesegnet der man, der den herren fürchtet. Der herr wirt dich segnen uss Syon, das du sehest das glück Hierusalem din leben lang und sehest diner kinder kinder. Fryd über Israel!» d