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Autograph: Zürich StA, E II 340, 196 (Siegelspur) Ungedruckt
[1] Von Cham empfing Bullingers traurige Nachrichten [nicht erhalten]. Er empfindet starkes Mitleid mit den heimgesuchten [Protestanten]. Gott möge ihnen Kraft und die Fähigkeit verleihen, sich Kaiser [Karl V.]erfolgreich zu widersetzen. —[2] Es scheint, als wäre dieser zu gefährlich und zu schlau für die [Schmalkaldener]. Er hat sich bis jetzt in vorteilhaften Stellungen verschanzt und sich geweigert, eine Schlacht zu liefern. Seine Verschanzungen verließ er nur, wenn er den [Schmalkaldenern] Schaden zufügen konnte, wobei von Cham schon erwartet hätte, dass diese ihn mit der Zeit besser kennen gelernt und ihre strategischen Plätze effizienter verteidigt hätten ... —[3]Die [Schmalkaldener] meinten wohl, dass der Kaiser eine Schlacht wagen würde, wenn sie ihn angriffen. Das hatte er aber nie vor. Er achtet allein darauf einige Städte einzunehmen und vor allem die [Schmalkaldener] mit grausamen Vergeltungsschlägen einzuschüchtern, währenddem er weiterhin auf eine gute Gelegenheit wartet, einen neuen Angriff zu wagen. Hoffentlich haben die [Schmalkaldener] doch noch gelernt, seine Anschläge besser zu kontern. —[4] Von Cham bedankt sich nochmals für das Schreiben und würde sich gerne revanchieren. Dieser Krieg macht ihm mehr Sorgen als alle seine Amtspflichten! —[5] Gott möge alles zu einem guten Ende führen und Bullinger sowie dessen Familie bewahren.
Ersamer und walgelertter, insonders gunstiger, lieber her, min fruntlich grutz und gantz gutwillig dienst sygent uch altzit zuvor. Lieber her, die nuwen, leidigen zittung 2 , so ir mir zugesant, 3 hab ich empfangen und hab ein groß mitliden und erbärmt mit den fromen, biderben 4 lütten, so also jemerlich beleidiget 5 werdent. Der almechtig gott welle sy trösten und den kristenlichen stenden gnad, stercke und wysheit verlichen, daß sy irem fygent 6 ein widerstand mögent thun, damit sy und wir dysserem thiranen 7 und sinen anhengeren nit wytter zu erbarmen werdent 8 .
Briefe_Vol_18-141 | arpa |
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Demnach, lieber meister Heirich, mich wyl beduncken und sorgs, der keisser welle den unseren mit sinen pratticken 9 zu gschwind 10 und listig sin. Er hat sich bisher in sine grossen vorteil geleit 11 , ouch den unseren kein schlacht wellen lifferen. Er ist ouch na 12 nie uß sinen förtlen 13 gezogen, er habe dan mit sinen pratticken und verräterig den unseren etwaß obruchs 14 gethan, da 15 ich denacht 16 hette geacht, die unseren soltent me gelert haben erkenen 17 , und soltent die werlichen 18 und nutzlichen platz baß 19 besetzt und versächen haben!
Ich acht aber, sy habent eß gut gemeint. Sy habent vermeint, so sy in betträtten 20 , wurde er innen ein schlacht lifferen. Diewil er aber dessälben sins nach nie gesin 21 , sonders alß 22 er etlich stet ingenomen 23 und nach etlich understat 24 inzenemen, ouch zevor 25 mit den grusamen straffen, wie ir mir geschriben habent, understat || 196v. er ein schrecken und forcht in das volck ze bringen. Und so er also nach sinem wyllen (darfar got syge! 26 ) a möchte fürfaren, wurde er wal 27 zu siner zit, so eß im gelägen, ein witteren angrif thun, da ich acht, die unseren werdent nun hinfür 28 besser sorg tragen, das sy im mit der hilf gottes die fullen pratticken underlouffen 29 werdent.
Demnach, lieber meister Heirich, ich bedanck mich abermalß uwers flisigen zuschribenß. Ich kan wal erkenen, daß eß uch ein müg 30 ist und ir mit gar vil geschefften beladen. Diewil ir aber so gutwillig sint, fröwt eß mich gantz wal. Got wette 31 das ich eß umb uch verdienen könt. Ich sag üch furwar, das mir dysser krieg mer ze schaffen git dan 32 alle mine gschäfft, so ich tragen.
Der her gott welle eß alles nach sinen gnaden zu guttem enden! Der wele ouch uch und uwer husgesint alwegen in gnädigern schirm behutten und erhalten. Geben zu Kiburg, uff den 16. otobris.
U[wer]g[antz] w[illiger] diener B. y. Cham.
Briefe_Vol_18-142 | arpa |
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[Adresse auf f. 197v.:] Dem ersamen und walgelerten meister Heirich Bullinger, pfarher zum Grossen Munster zu Zurich, minem lieben heren und frundt.