Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[2693]

Bullinger
an Simon Bing
Zürich,
26. November 1546

Autograph: Zürich ZB, Ms F 37, 349f (Siegelspur) a Ungedruckt

[1] Bullinger hat den mit Heinrich Thomanns Sendung übermittelten Brief Bings vom 10. November [nicht erhalten]mit dessen Beilage [Nr. 2666]gut empfangen und dankt dafür, dass er aufgrund seines einfachen [ersten] Schreibens [nicht erhalten] in den Kreise von Bings Freunden und Vertrauten aufgenommen wurde. Dieser darf sich ebenfalls Bullingers Freundschaft sicher sein. Zudem dankt Bullinger für die mühevoll von Bing angefertigten und bis zum 30. Oktober reichenden Kriegsberichte. [2] Dank sei Gott, der das christliche Heer bislang vor dem Antichristen behütet hat! Gott möge [den Schmalkaldenern]auch weiterhin beistehen, den Feind schwächen und durch den Tod [Karls V.], des pharaonengleichen Julian und Maxentius, den Krieg beenden. Man darf allerdings Gott nichts vorschreiben, sondern muss geduldig auf seine Gnade warten und ihn um Weisheit und Beistand bitten. [3]Bullinger

e Klammern ergänzt.
f — Textverlust bei Entfernung des Siegels.
a Mit Unterstreichungen und Randbemerkungen von späterer Hand.
6 Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen.
7 Als Feldprediger des Landgrafen diente Theobald Thamer (der Bullinger damals tatsächlich geschrieben hatte; s. Nr. 2647). Feldprediger im kurfürstlichen Heer war Johannes Aurifaber (geb. 1519
in Weimar, gest. 1575 in Erfurt); s. TRE IV 752. 8 Karl V.
9 gottlos. —Subjekt ist der Kaiser.
10 Vgl. z.B. Hi 5, 121; Ps 33 (Vulg. 32), 10; Spr 16, 1; 19, 21; Jes 8, 10. 11 Vgl. Jer 1, 19; 15, 20.


Briefe_Vol_18-330arpa

dankt von Herzen für die freundliche Behandlung Thomanns, der viel Gutes vom Landgrafen [Philipp von Hessen] und von Bing berichtet. Letzterer möchte sich weiterhin um Thomann kümmern. [4] Bullinger und Gwalther lassen Doktor [Johann] Meckbach grüßen. [5]Gestern Abend traf nun auch Bings Schreiben vom 21. November [Nr. 2688]ein. Daraus wird ersichtlich, dass der von Bullinger [am 5. November] an Bing gerichtete Brief [nicht erhalten], der dem Augsburger Stadtschreiber Georg Frölich zur Weiterleitung zugesandt wurde, gut angekommen ist, wenn auch ohne den dazu geplanten Bericht [nicht erhalten]. Bullinger nimmt an, dass dieser in Konstanz bei Ambrosius Blarer aufgehalten, mittlerweile aber Bing zugestellt wurde. Für den Fall, dass dies nicht geschehen ist, legt Bullinger eine Abschrift davon bei. [6] Die von Thomann übermittelten Nachrichten wird Bullinger vermutlich noch heute zu sehen bekommen. Er selbst hat nichts Neues zu berichten, außer der Einberufung eines Tages zu Baden auf Sonntag, den 5. Dezember. [7]Bing soll weiterhin über das wichtigste Geschehen informieren, und zwar in gleicher Form, wie er es für die sich zwischen dem 31. August und dem 30. Oktober zugetragenen Ereignisse getan .hat. Das von Bullinger gehegte Interesse für den genauen Geschichtsverlauf erklärt, warum er solches begehrt. [8]Bullinger empfiehlt sich [dem Landgrafen und dem Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen], für die er sich jederzeit (auch wenn es ihm zum Nachteil gereichen würde) einsetzen wird. Grüße an Theobald Thamer und an alle, die Bullinger wohigesinnt sind.

Min gantz willig dienst, früntlicher gruß und was ich üch eeren, liebs und guts vermag, bevor, frommer und wyser, insonders geliebter herr und fründ! Uwer früntlich schriben, deß datum des 10. novembris 1 stadt 2 , hab ich sampt den bygelegten copien 3 in mines lieben und guten fründts und mittburgern Heinrychen Thomans brieffen yngeschlossen 4 eigentlich und wolverwart 5 empfangen. Sagen üch hieruff gantz flyssigen und hohen danck, zum ersten, das ir mich so gantz gutwillig uff min einfallt 6 schryben 7 und begären in die zaal üwer vertruwten und lieben fründen annemmend. Dorumb mögend ir üch vertrösten 8 , das ich mich hinwiderumb gägen üch, so vil mir gott sin gnad verlicht, früntlich und brüderlich halten wil. Demnach 9 danck ich üch ouch umb die müy 10 und arbeit üwers flyssigen schribens der copien von den fürnemmen 11 thaaten dises kriegs biß uff den 30. octobris vergangen 12 .

1 Von Bings Sendung vom 10. November (Nr. 2666) ist nur die Beilage erhalten.
2 steht.
3 Die Kriegsberichte zu den Ereignissen vom 14., 16. und 20. Oktober; s. Nr. 2666, Anm. 3.
4 Es handelt sich dabei um Heinrich Thomanns Briefe an Zürich vom 10. November (Zürich StA, A 177, Nr. 130f).
5 eigentlich und wolverwart: gut (vollständig) und unbeschädigt.
6 einfaches.
7 Gemeint ist Bullingers erster, nicht erhaltener Brief an Bing, den dieser am 10. November beantwortet hatte; s. Nr. 2688,2-5.
8 darauf verlassen; s. SI XIV 1414.
9 Zudem; s. SI IV 638f. —Bing hatte nämlich
drei Tage nach Absendung seines Briefs vom 10. November (Nr. 2666) Thomann weitere Kriegsberichte zur Weitersendung an Bullinger anvertraut; s. Nr. 2674,3-5.
10 Mühe.
11 wichtigen, bedeutenden.
12 Es handelte sich dabei vermutlich um die Kriegsberichte G (mit Nachrichten vom 27. Oktober) und H (30. Oktober), die in Lenz, Bericht 13-15 gedruckt sind; s. Nr. 2666, Anm. 3; Nr. 2674, Anm. 3. — Bullinger erhielt fast lückenlos die in Lenz, Bericht aufgeführten Berichte A bis H: Mit Brief HBBW XVII, Nr. 2581, vom 12. September wurden die Berichte A (mit Nachrichten vom 29./30. August), B (31. August) und C (1. bis 5. September)


Briefe_Vol_18-331arpa

Da danck ich ouch gott, unserm herren, von dem alein der syg gäben wirt, 13 das er mitt sinen genaden das christenlich 14 heer wider die tyrannischen antichristischen macht 15 bißhar gnediklich erhallten hat. Den wöllend wir fürohin trüwlich bitten, das er uns wyter erhallte, dem find sin hertz nemme, 16 sin krafft und armm zerbräche 17 und mitt uns nach sinen eeren und unserm heyl handle. Der herr, so er wölte, möchte er durch absterben des pharaonischen Juliani 18 und Maxentii 19 disen krieg wol scheyden 20 . Wir wöllend aber dem herren nut 21 vorschriben, sunder siner gnaden warten, umb gedullt, wyßheit, hilff und bystand bitten. Er weist, wie es sinen eeren und unserm heyl amm besten fügen und fürstendig 22 sin mag. Fiat voluntas dei! 23 349v.

|| Das ir üch so gantz früntlich befolhen habend Heinrychen Thoman, der seer vil 24 liebs und guts von minem gnedigen fürsten und herren, dem lantgraffen 25 , und insonders von üch rümpt, dorumb wölle üch der herr, alles guten rycher belöner, 26 verlihen nach üwers hertzen begär. Könde ich aber ouch danckbarkeit üch bewysen, söllte nitt gespart werden. Hoff, ir habind inn 27 nach üwer lieb und früntlikeit fürohin wie bißhar befolhen.

Dem wytberümpten und getruwen herren doctorn Meggenbach 28 wöllend widerumb in minem und mines lieben sons Gwaltheri namen 29 früntlich grüssen und imm von uns alle lieb und dienst anzeigen.

Nach diserm uwerm ersten schriben 30 ist mir ouch üwer ander zuschriben, des datum lut 21. novembris, 31 nächt 32 überantwort, uß welchem ich wol

übermittelt; mit Nr. 2616 vom 8. Oktober der Bericht E (3. bis 5. Oktober); mit Nr. 2666 vom 10. November der Bericht F (14., 16. und 20. Oktober); und mit Nr. 2674 vom 13. November die oben erwähnten Berichte G und H. Letztere sowie der nach dem 21. September verfasste Bericht D (,,Ursach, warumb Neuburg nit zu entsetzen gewesen") konnten bis jetzt nicht in den Zürcher Beständen aufgespürt werden.
13 Vgl. 1Sam 17, 47.
14 Gemeint ist das schmalkaldische.
15 die des Kaisers Karl V. und des Papstes Paul III.
16 Vgl. Jos 5, 1.
17 Vgl. Ps 10, 15 (Vulg. 9, 36); Ps 37 (Vulg. 36), 17.
18 Kaiser Julian, gen. Apostata (361-363), bekannt als Gegner des Christentums.
19 Kaiser Marcus Aurelius Valerius Maxentius (306 bis 312), der lange zu Unrecht als Christenverfolger dargestellt wurde; s. HBBW XIV 389, Anm. 4. - Beide Kaiser stehen hier für Karl V.
20 entscheiden; s. SI VIII 235f.
21 nichts.
22 dienlich.
23 Mt 6, 10 par.; Apg 21, 14.
24 Eine übertriebene Aussage, die durch die damalige Korrespondenz Thomanns nicht belegt ist, mit der aber Bullinger beabsichtigte, Bing noch stärker an Thomann zu binden.
25 Philipp von Hessen.
26 Vgl. Jes 49, 4; Mt 19, 29 par.
27 Thomann.
28 Johann Meckbach, Leibarzt des Landgrafen.
29 Gwalther hatte 1540/41 in Marburg studiert. Im Frühjahr 1541 begab er sich im Gefolge des Landgrafen, dem auch Meckbach angehörte (s. HBBW XI 222f), auf den Regensburger Reichstag.
30 Der Brief vom 10. November; s. oben Z. 3-6.
31 Brief Nr. 2688.
32 gestern (Abend).


Briefe_Vol_18-332arpa

verstanden, das ir minen brieff 33 , herrn Görgen Frölichen, stattschrybern zu Augspurg, minem lieben herren und bruder, zugesandt, 34 empfangen, doch den zugelegten miner gnedigen herren fürtrag 35 noch nitt empfangen habend 36 — da ich nitt anders gedenck, dann das es zu Constantz by minem lieben herren und bruder M. Ambrosio Blaureren uffgehalten, nun mee 37 aber üch behendiget 38 worden sye. 39 Doch wo das nitt beschähen, hab ich hie zu guter fürsorg ein ander exemplar gelegt. 40 Bitt, ir wöllind das früntlicher meinung von mir uffnemmen.

Die nüwe zytung 41 , die Heinrych Thoman geschriben, 42 acht ich wol, werde mir noch hütt ouch zu sähen werden. Nüwer zytung habend wir nut, onet das 43 ettliche ort 44 begärt habend, einen tag zu beschriben 350r || (welchs ouch beschähen ist) b gen Baden uff sontag 45 vor Nicolai.

Hiemitt befilch ich mich fürohin in üwer lieb und früntschafft früntlich begärend, so sich wyter ettwas zutrüg gedächtnuswirdigs, das ir mir sömlichs 46 mittteylen wöllind der formm und gstallt, wie ich vormals zum andern mal 47 copien vom 31. augusti untz 48 30. octobris empfangen hab. 49 Begär deß propter seriem et veritatem historiae. 50 Embüt mich damitt zu üwern diensten gantz willig.

Befälhend mich gantz trüwlich minen gnedigen fürsten und herren 51 , deren gnaden wolfart ich von hertzen begär und gern mitt minem schaden 52 allem minem besten vermögen nach fürdern wölte, wo ich könde und mir muglich. Grüssend mir h. Theobaldum Tamerum 53 , minen lieben bruder

b Klammern ergänzt.
33 Ein nicht erhaltener Brief Bullingers vom 5. November, dessen Empfang (ohne die dazu gehörige Beilage) Bing am 21. November verdankt hatte; s. Nr. 2688,2f.
34 Die Sendung war am 15. November in Augsburg eingetroffen; s. Nr. 2677,2f.
35 Ein von Bullinger angefertigter Bericht über den in Zürich abgehaltenen Tag. Dem Bericht war vielleicht auch eine Abschrift des Schreibens der Vier Orte an die Fürsten des Schmalkaldischen Bundes vom 26. Oktober beigelegt; s. Nr. 2684, Anm. 19.
36 Vgl. Nr. 2688,9-11 mit Anm. 9.
37 nun mee: nunmehr.
38 ausgehändigt; s. SI II 1401.
39 Bullinger hatte den Bericht an Blarer geschickt und wusste offenbar, dass dieser ihn an Frölich weiterleiten würde. Da er offensichtlich noch nicht Frölichs Brief Nr. 2684 vom 20. November erhalten hatte, wusste er aber nicht, dass Frölich den Bericht an Blarer zurückschicken würde; s. Nr. 2684,39-46.
40 Die Beilage ist nicht erhalten.
41 nüwe zytung: Nachrichten.
42 Es handelt sich um die Briefe Thomanns an den Zürcher Rat vom 22. November (Zürich StA, A 177, Nr. 148f), die am Tag der Abfassung des vorliegenden Briefes in Zürich eingetroffen waren; s. Nr. 2695,6-9.
43 onet das: außer dass.
° Die Orte der Eidgenossenschaft.
45 5. Dezember. — Der Tag zu Baden wurde am 7. Dezember eröffnet; s. EA IV/1d 723-730, Nr. 331.
46 solches.
47 zum andern Mal: bereits.
48 bis.
49 Siehe dazu oben Anm. 12.
50 Bullingers Interesse am Geschehen zeigt sich u.a. in seinen Notizen zum Kriegsverlauf; s. Nr. 2640, Anm. 8.
51 dem Landgrafen und dem Kurfürsten Johann Friedrich I. von Sachsen.
52 mitt minem schaden: zu meinem Nachteil; s. SI VIII 168.


Briefe_Vol_18-333arpa

imm herren, und andere, die liebe zu mir habend. Datum Zürych des 26. novembris 1546.

Uwer alle zyt gantz williger

Heinrych Bullinger.

[Adresse auf der Rückseite:] Dem frommen und wysen Simoni Bingen, hessischen chamer secretarien, jetzund in dem heerläger des heyligen rychs, sinem besonders lieben herren und gaten fründ. 54