Heinrich-Bullinger-Briefwechseledition, Universität Zürich © Heinrich Bullinger-Stiftung Arpa Bibliothek Textbreite Schriftgröße

[434]

Hans Vogler an
Bullinger
St. Gallen,
6. September 1534

Autograph: Zürich StA, E II 351, 160 (Siegelspur) Ungedruckt

Wegen des [Bade-]Geschenks Herzog Ulrichs von Württemberg für Bürgermeister Röist wird Vadian brieflich an Georg von Hewen in Tuttlingen gelangen. Vogler und seine Frau sind dankbar für Bullingers und anderer Bemühungen in der Zürichbergsache; er bittet um Fürsprache bei Bürgermeister Röist. Grüße an Kaspar [Nasal]und den Goldschmied. Es geht das Gerücht, Ambrosius [Blarer]hätte widerrufen.

u nach hallten gestrichen: wie wir alle die, so by unß der warheyt anhänig [!] u. f. g. von hertzen truwend, ja allenthalb mencklich verhofft, u. f. g. sy dorumb liebind, und hoffend, gott werde.
v die warheyt herfür über gestrichenem ze unsren zyten.
w dappferlich am Rande nachgetragen.
x sy über gestrichenem u. f. g.
y ich über gestrichenem wir.
z nach mitt gestrichen unsernn.
aa ouch ernstlichem über gestrichenem und.
bb das d des ursprünglich niedergeschriebenen nützend gestrichen.
cc möchte übergeschrieben.
dd-ee will bis sind) am Rande nachgetragen, ersetzt ein im Text gestrichenes wellend wir.
20 Auch mit der Verneinung der «manducatio impiorum» übernimmt Bullinger (gegen Luthers Auffassung) die Stellungnahme Zwinglis, s. Locher, aaO, S. 586f, Anm. 360.
21 an der Wahrheit festhalten.
22 nirgends.
23 wie es sich gehört (vgl. SI II 1572f).
24 Anerbieten.


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Grüße an Bullingers Frau. Peter Weber hat vor des Abtes Rat die Interessen der Gemeinden, die ihren reformierten Pfarrer noch ein Jahr lang behalten möchten, vertreten; er ließ nichts über die Verhandlungen verlauten, war aber sehr zuversichtlich.

Gott mitthayly 1 unns sin gnad unnd stercky. Amen.

Min herr und günner, von wegen mines herrn Rösten 2 , der schencky halb hertzog Ulrichs 3 etc., hat min her Vadian mitt mir trüwlich geendett 4 und ainen burger 5 uff hütt zu her Jörgen von Hewen 6 gen Thuttlingen den nächsten 7 geschicktt, mitt ernstlichem vertruwtem befelch verhoffter erschiessung 8 etc. etc. Disser ist dem von Hewen bekant. Hat mich och ainen brieff 9 , im von dem von Hewen der tag 10 zugschriben, lessen lassen: under anderm, das er zway thier 11 gefangen, daß er jagtt der hoffnung, bald mer gfangen haben. Der bott fart 12 och dahin, ob der von Hewen sich gwaltz

1 schenke, spende, verleihe (SI XII 1606f).
2 Bürgermeister Diethelm Röist.
3 Mit «schencky» ist «Badenschänki», ein Badegeschenk (SI XIII 968) gemeint; denn Bürgermeister Röist hielt sich etwa vom 8. September an zur Kur im aargauischen Baden auf. Dem Brauche folgend planten die Zürcher, ihrem Bürgermeister ein Geschenk zu überbringen. Offenbar wollte oder sollte Herzog Ulrich von Württemberg dazu beitragen. Der Besuch fand gegen Ende des Monats September statt. Über 200 Stadtbürger und Vertreter der Landschaft - unter ihnen auch Bullinger - zogen in festlichem Zuge nach Baden und verehrten Röist einen Ochsen und 20 Rheinische Gulden in Gold. Siehe Zürich ZB, Ms F 21, 19v.-23v.; Olga Amberger, Die schwarze Baden-Schenkung, in: Zürcher Wochen-Chronik, 1. Febr. 1913, S. 51; Alfred Lüthi, Der Zürcher Rat und die Badenfahrten, in: ZTB 1950, S. 33; Leo Zehnder, Volkskundliches in der älteren schweizerischen Chronistik, Basel 1976. - Schriften der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde 60, S. 568f; Pestalozzi 318f.
4 beschlossen.
5 Unbekannt.
6 Freiherr Georg von Hewen (Jörg von Höwen), gest. 1542, war ein Stiefsohn Ulrichs VIII. von Hohensax; seine Mutter, Gräfin Agnes von Lupfen, hatte diesen 1496, nach dem Tode ihres Gatten Peter von Hewen, geheiratet. Georg und seine Brüder Friedrich und Wolfgang verlebten ihre Jugendjahre teils auf Forstegg (Kt. St. Gallen), teils in Stühlingen (Kr. Waldshut, Baden-Württemberg). (Siehe Martin Bänziger, Freiherr Ulrich VIII. von Hohensax, Herr zu Bürglen und Forstegg [1462-1538]. Studien zu einem Vertreter des privaten militärischen Unternehmertums im ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhundert, Diss. Zürich 1977,
S. 44. 110. 126-128.) Ihr Onkel und Vormund, der Churer Bischof Heinrich von Hewen, erwarb für sie im Jahre 1498 die Herrschaften Werdenberg und Wartau. Die drei verburgrechteten sich mit Luzern, verkauften aber die beiden Herrschaften im Jahre 1517 wieder an Glarus (s. Hans Beusch, Rechtsgeschichte der Grafschaft Werdenberg, Diss. Bern, St. Gallen 1918, S. 10f). Georg von Hewen verteidigte im Jahre 1519 das Schloß Tübingen gegen den Schwäbischen Bund. Er war ein treuer Anhänger des Herzogs Ulrich; der Reformation gegenüber verhielt er sich eher reserviert. Am 7. August 1534 (und dann wieder 1536 und 1538) wurde er zum Obervogt von Tuttlingen und zum Burgvogt der Homburg ob Tuttlingen bestellt (s. Pfeilsticker II § 2930 und Gustav Bossert, Die Reformation in Tuttlingen und Umgegend, in: BWKG XV, 1911, S. 23). Seine Beziehungen zur Eidgenossenschaft blieben recht intensiv (vgl. EA IV/1b-1d Reg.), besonders mit Vadian, den Georg von Hewen bereits in seiner Jugendzeit um St. Gallen kennengelernt haben dürfte, wechselte er zwischen 1536 und 1541 zahlreiche Briefe; 1536 setzte er sich für die Aufnahme Voglers in württembergische Dienste ein (s. Vadian BW V 300. 315f und Reg.; VI 17f). Er war seit 1522 mit Elisabeth, Gräfin von Hohenlohe, verheiratet. Im Jahre 1542 fiel er im Kampf gegen die Türken als Hauptmann eines württembergischen Fähnleins. - Lit.: J[ulius] Kindler von Knobloch, Oberbadisches Geschlechterbuch. Bd. II. Heidelberg 1905, S. 60.
7 unverzüglich (Grimm VII 281).
8 Erfolg (s. SI VIII 1393).
9 Nicht erhalten.
10 dieser Tage.
11 Hirsche (SI XIII 1218).
12 verfährt, handelt, wirkt[?](SI I 892).


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underston 13 , so es villecht zu lang gen Stutgarten 14 , oder gen Stutgarten langen lassen etc. Demnach hab ich miner husfrowen 15 anzaigt üwer trüw 16 , sampt andrer 17 , Zürychbergs halb 18 . So es der will gottes wär, begerte sy dess, guter hoffnig, m[in] g[nädig] h[erren] wurdend wib und kind ansechen 19 . Und wiewol ich wais, wie ir gsinett, nüt zu sparen 20 , so pittend wir uch doch, min hernn Rösten dannocht och zu erinnern, daß wir von dem unsernn 21 , um das unser 22 und us dem vatterland triben 23 . Ob uns gott wol och billichen straft um beschuldung 24 , so ist doch, gott syg lob, sin wortt und das, so air 25 statt Zürich anghang 26 und ghais 27 , die höchsten ursachen; hoff billich 28 angsechen 29 werden. Ir wissend, was not 30 ist dar zu thun. Daby lass ichs bliben. Beger das ewig zu verdienen 31 . Gott syg üwer lon.

Pitt üch, mir minen hern maister Kaspar 32 und den goldschmid 33 zuo grüssen. Es ist vyl gschray 34 als ob Maister , Ambrosy 35 widerrüft.

Grützend uns uwer husfrowen 36 .

Actum S. Gallen, sontag 6. tag settember, anno 34 jar.

Ü[wer]williger armer

Hans Vogler, jetz zuo Sant Gallen.

Petter Weber ist vor dess apts 37 rat gsin. Was mit im grett ist, sagt er nitt etc. Doch ist er frölich 38 . Item der aptt durch den hoptman 39 hat an sy begert; begert, soverr sy nach dem jar in mit den predicanten rüwig lon 40 oder nit mer nache loffen, well er inen das jar zulassen 41 . Also bringent sy das an gmaind 42 ; doch acht 43 ich nain.

13 des Auftrags, [der Aufgabe] (Grimm IV/I 3, 4959-4963) unterziehen (SI XI 626f).
14 Herzog Ulrich residierte in Stuttgart.
15 Voglers Ehefrau Appolonia, geb. Baumgartner.
16 Wohlwollen, gute Gesinnung (SI XIV 1627).
17 Unbekannt.
18 Es ging offenbar um (nicht näher bestimmbare) Ansprüche, die Voglers Frau Appolonia am Zürichberg hatte.
19 in Betracht ziehen (SI VII 554f).
20 (ver)schonen (SI X 394).
21 unserem Besitz.
22 zu ergänzen ist wohl: gekommen.
23 Siehe dazu HBBW II 33, Anm. 5.
24 Verschulden (s. SI VIII 658).
25 einer.
26 Bedingung (SI II 1440).
27 Geheiß, Befehl.
28 geziemend.
29 berücksichtigt, in Betracht gezogen (SI VII 554f).
30 notwendig, dringlich (SI IV 856f).
31 vergelten (SI XIII 169-171).
32 Kaspar Nasal.
33 Unbekannt.
34 Gerücht, Gerede (SI IX 1448-1451).
35 Ambrosius Blarer hat später selber zu diesem
Gerücht Stellung genommen (s. unten Nr. 453).
36 Anna Adlischwyler, Bullingers Ehefrau.
37 Diethelm Blarer von Wartensee.
38 zuversichtlich (s. SI I 1270).
39 Jakob Am Ort von Luzern.
40 in Ruhe lassen.
41 Nach Ablauf des Frauenfelder Vertrages, der den Gemeinden im Herrschaftsgebiet des Abtes unter bestimmten Bedingungen einen reformierten Pfarrer zugestanden hatte, bemühten sich Rorschach, Waldkirch und Bernhardzell (Kt. St. Gallen) um eine einjährige Erstreckung dieses Zugeständnisses (s. oben S. 292, Anm. 3). Peter Weber, selber aus Waldkirch stammend, scheint die Sache der Gemeinden vor dem Abt und vor dessen Rat vertreten zu haben. Seine Zuversicht, die hier im Brief durchschimmert, war wohl etwas verfehlt, denn auch Ende September stießen die Parteien in Baden wieder zusammen, und am 3. Oktober schickte Zürich Kaspar Nasal zu Abt Diethelm um diesen zum Einlenken zu bewegen (s. EA IV/IC 408 cc und 411 zu cc; vgl. auch unten S. 356, 23-26 und Anm. 19).
42 vor die Gemeindeversammlung.
43 vermute (SI I 80).


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[Adresse auf der Rückseite:] An min sonders günstigen hernn und fründtt M. Hainrich Bulligern, prediger m[iner] g[nädigen] h[erren] zu Zürych.