[453]
Autograph: Zürich StA, E II 343, 36r.-v. und 31a-c v. (Siegelspur) Gedruckt: Blarer BW I 563-566
Ist befremdet über die Lüge, er habe seine bisherige Abendmahlslehre in der [Württemberger]Konkordie
mit Schnepf widerrufen. [Herzog Ulrich]gebot beiden, nicht zu behaupten, der andere habe seine frühere
Auffassung aufgegeben. Viele Pfarrer sind mit der Konkordie zufrieden. Blarer und die Seinen lehrten
entgegen anderer Behauptung immer: Wein und Brot sind nicht nur Zeichen; Christi Leib und Blut sind
im Abendmahl wahrlich gegenwärtig. Dies stimmt mit dem Augsburgischen Bekenntnis überein, auf
welches die Württemberger Pfarrer verpflichtet werden. Bibelstellen gegen Feinde und Gottlose. [Drei
Beilagen mit] einer Einfügung, einem Titelvorschlag samt Begründung, falls Bullinger Blarers Erklärung
in Form eines Sendbriefes veröffentlichen will, sowie einer Verbesserung. Johannes Wagner ist
Briefbote. [Georg]Distel kehrt zurück.Briefe_Vol_04_0344 arpa
Meines widerruffs 2 halber, so ich im articul das nachtmal Christi betreffend
thon soll haben, betrömbdt mich zum hochsten, wer doch söliche unverschampte
lüge anfangs auffgeblaasen 3 und erdicht 4 hab, dann das allain der
laidig 5 satan, so ein lugner und von anfang in der warhait nitt gestanden 6 ,
zu nachtail der warhait durch seine botten 7 , deren er allenthalb vyl hat, sölichs
ausspeyet, welchs in doch, ob gott will 8 , nichts helffen soll a . Ich hab in
der vergleichung 9 mitt meinem lieben herren unnd mittbruder Maister Erhart
Schnepfen in diser sach ain ainig 10 wort weyter nitt nachgeben, dann
wie ich bysanher 11 hierinn zu Costentz und in andern schwebischen stetten
offt und vyl gelehrt hab 12 , mich ouch damals vor angeregtem 13 Schnepfen
und dem fursten 14 selbs bezügt, das ich durch söliche concordi mein vorig 15
mainung und lehr gar kains wegs welte begeben haben. So hat auch der
christlich, thür fürst selbs gewelt, ouch unß baiden mundtlich bevolchen, das
unser kainer von dem andern ausgeben 16 sölle, das er von seiner vor gehaltnen
17 mainung gefallen seye, sonder das wir unß auff ain weg und maaß,
unß zu baiden thailen leydig 18 , vergleicht haben. Zu dem so seind ye all
fürnem und namhafft diener des wort gottes diser concordi und vergleichung
halber wol mitt mir zufriden, wie ich dann ir freuntlich, brüderlich
zuschreiben 19 desshalb bey handen hab. Es hellt sich ye nitt allso, wie b viel
leut 20 wähnen 21 wellen c, das sy 22 oder ich unsere kirchen gelehrt haben, im
gnadreychen nachtmal Christi nichts dann weyn unnd brot sein und geben
werden, oder das die hochwirdigen sacrament allain des abwesenden Christi
zaichen seyen; dann was sollt diß die glöbigen nützen? Sonder ist allwegBriefe_Vol_04_0345 arpa
mitt ernst und allen truwen von unß d fürgeben e 23 , das der war leyb und das
war blut Christi in seinem nachtmal warlich gegenwirtig seye und geraicht
werde 24 , wie dann ouch die sachsisch bekandtnuss 25 , auff nechst 26 gehaltnem
reychstag zu Augspurg kai[serlicher]m[ajesta]t übergeben 27 , ainfaltigklich
fürgibt, welch bekantnuss in disem articul 28 auch gemeldter unser gnediger
fürst und herr unß baiden bevolchen hat 29 , den pfarrhern, so in seiner
f[urstlichen]g[naden] furstenthumb auffzusetzen 30 oder von den vorauffgesetzten
belyben 31 seind, fürzegehen 32 , ouch f inen bevelchen, ire kirchen
dergestallt ze lehren g , mitt ernstlichem eynbinden 33 , das yeder h den andern
dabey beleyben und weyter onersucht 34 lassen, auch alles schmechen 35 oder
schmützen 36 desshalb solle underlassen belyben. ||36v. Ja eben sölich gantz
christlich des fromenn fursten vorhaben und handlung tut dem tufel zorn 37 ,
das er sich gedenckt in ander weg ze rechen. Noch wurt inn der herr in
kurtz under unser füss zertretten 38 . Darum lasst die weht die weht sein 39
und nach ir art handlen. «Der yn unß ist grosser dann der in der weht»
[1 Joh 4, 4]. Unser widerwertig 40 pflegen allweg etwas auffzupringen, damitt
si sich in dem abfal irs reychs, welchs inn teglich under den henden verschwyndt
41 , trösten und inen selbs etwas labung und fröd machend. Aber,
wie geschriben ist: «Der rum der gottlosen bestaat nitt lang, und die fröd
des gleisners 42 weret ain ougenplick» [Hi 20, 5]. Der trüw gott und vatter im
himel hailge und erhalt unß durch die warhait seines krefftigen und ewig
bestendigen worts byß in das ewig leben 43 . Amen.
Datum zu Tubingen auff den 6. tag octobris anno 1534.
Ambrosius Blaurer.
Briefe_Vol_04_0346 | arpa |
---|
||31c [1. Beilage: i ] Ista inserta vellem mox post haec verba a principio 44 : «Der laidig satan, so ain lugner und von anfang in der warhait nitt gestanden ist, zu nachtail der warhait durch seine botten, deren er allenthalb vyl hat, sölichs ausspeyet, welchs in doch, ob gott wyll, nichts hellfen soll» - hic insere sequentia: «gleich so wenig alls, das er durch seine glider vyl ander prachtig lugenen ausgossen hat, alls das ich sollt zu Costentz entloffen sein, ouch nitt mehr weder gen Esslingen noch ander stett, da ich gepredigt hab 45 kommen dörffen, sampt unzalbarn andern nichtigen reden, deren unwarhait heller am tag ist, dann das sy verantwurtung bedörffen. Ich beyn sölicher verlumbdung und schmachwort wol gewon. Wir sind nitt besser dann unser herr und hailand Christus, der unß für all unser getruwe dienst bey der wellt kain ander besoldung dann schmach, schand und verfolgung verhaissen hat 46 . Er verlich christlich langmütikait 47 , und das wir unser seelen in der geduldt besytzen und byß in das end verharren mögen.» Iam addantur 48 : «Ich hab in der verglichung mitt meinem ||31cv. lieben herren und mittbruder Maister Erhart Schnepffen in diser sach ain ainig wort» etc.
||31 a [2. Beilage: k ] Quid, si ista mox formulis grandiusculis 49 excudenda cures? Sed non velut a me iussus, nec cuiusquam nomen praefigatur, sed is titulus: «Von dem widerruff Ambrosii Blaurer ain ausszug auss ainem sendbrieff, von im an ainen guten fründ geschriben anno 1534, 6. octobris». Faceret hic titulus, ut adversarii etiam mox raperent, quicquid id esset paginae. Impleretur forte una pagina aut duae, aut in unam solam chartam pingenda forte erunt 50 . Fac, quod videtur. Supprime vel ede 51 , ut iudicaveris expedire gloriae Christi et meo nomini. Nam utrumque, si possim, vindicatum cupiam, quamquam nolim hic quicquam tamquam ex professo a me aeditum. Et tu cave, ne quid aliud addatur.
||31b [3. Beilage: l ]Quae hodie ad te per Ioannem Wagnerum 52 ad te scripsi, sic habent inter caetera 53 : «Sonder ist allweg mitt ernst und allen truwen
Briefe_Vol_04_0347 | arpa |
---|
von unß fürgeben, das der war lyb und das war blut» etc., quae sic emendata velim, si forte excudenda putaveris 54 : «das der lyb und das blut Christi im . nachtmal des herren warlich gegenwirtig seyen und geraicht werden». Sic enim ad verbum habet Saxonica confessio latina 55 . ut «verum» non ad corpus et sanguinem, sed ad praesentiam et exhibitionem referatur. Non quod hoc quicquam referat, sed quandoquidem hic citare visum est eam confessionem, conveniet illis ipsis verbis ista reddere, ne ut sunt supersticiosi nonnulli, putent me data opera voluisse mutare, quae vellent non mutata.
5. septembris 56 .
Redit ad te bonus ille Distel 57 .
[Adresse auf der Rückseite:] Suo venerando et charissimo fratri Heylricho Bullingero. Tiguri.